Hamburg. Nach Überfällen meiden viele Frachter das Rote Meer. Die Ausweichroute kostet Zeit und ist teuer. Das hat Folgen auch für Hamburg.

Seit fast zwei Wochen läuft der Seeverkehr im Suezkanal und im Roten Meer nur noch eingeschränkt. Seitdem Huthi-Rebellen aus dem Jemen dazu übergegangen sind, Handelsschiffe in der Region anzugreifen, haben zahlreiche große Reedereien die Nutzung der Route über den Suezkanal eingestellt. Die Fahrpläne sind wieder durcheinandergewirbelt, wie zuletzt während der Corona-Pandemie.

Das macht sich auch in Hamburg bemerkbar. Der Hamburger Hafen stellt seine Umschlagpläne um. Und die Handelskammer warnt vor Versorgungsengpässen.

Zwar hat die dänische Rederei Maersk angekündigt, die Schifffahrt durch das Rote Meer und die Bab-al-Mandab-Straße entlang der jemenitischen Küste bald wieder aufnehmen zu wollen. Doch andere Großreedereien wie Hapag-Lloyd sind zurückhaltender. „Wir schätzen die Situation im Moment noch als zu gefährlich ein, um die Region zu passieren, und lassen unsere Schiffe ums Kap der Guten Hoffnung fahren“, sagte ein Unternehmenssprecher dem Abendblatt. „Wir bewerten die Situation kontinuierlich und planen für Freitag eine neue Überprüfung.“

Rebellenangriffe auf Schiffe: Hamburger Wirtschaft befürchtet Versorgungsengpässe

Insbesondere der Warenverkehr zwischen Asien und Europa sowie den USA ist gestört. Der Umweg um den afrikanischen Kontinent herum führt zu erheblichen Verzögerungen in der Schifffahrt. Die Fahrt von China an die US-Ostküste dauert derzeit eine Woche länger, die Reise bis nach Europa sogar 10 bis 14 Tage.

Zudem steigen die Transportkosten erheblich, weil die Reedereien dazu übergegangen sind, sich die Mehrkosten auch vergüten zu lassen. Bei Hapag-Lloyd betragen die Zuschläge je nach Fahrtgebiet und Größe des Containers zwischen 1000 und 4000 Dollar. Das sind rund 60 Prozent mehr, als die normale Frachtrate beträgt.

Handelskammer Hamburg ist in Sorge wegen der längeren Routen

Die Handelskammer sieht diese Entwicklung mit Sorge: „Die anhaltenden Angriffe auf Handelsschiffe bei der Durchfahrt des Roten Meeres haben direkte Auswirkungen auf die Hamburger Wirtschaft. Wir erwarten, dass die Kostensteigerungen durch den verlängerten Transportweg auf der Alternativroute um Afrika an die Kunden weitergereicht werden“, sagte Philip Koch, Geschäftsführer des Bereichs International bei der Kammer.

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„Eine längere Störung dieser wichtigen Handelsroute dürfte mittelfristig auch zu Versorgungsschwierigkeiten in der Produktion und bei Konsumenten führen. Wir sehen diese zusätzlichen Herausforderungen für unsere Mitgliedsunternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mit Sorge.“ Die Kammer fordert mehr Militärpräsenz: „Eine Sicherung der Handelsroute durch einen internationalen Marineverband in dieser Krisensituation scheint daher im Sinne der Wirtschaft.“

Hamburger Wirtschaft erwartet steigende Preise auch für Konsumenten

Ähnlich sieht es der norddeutsche Groß- und Außenhandelsverband AGA. „Rund ein Zehntel des gesamten Welthandels läuft durch den Suezkanal. Er ist für die Verkehre von Asien nach Europa extrem wichtig“, sagte Präsident Hans Fabian Kruse dem Abendblatt. Geänderte Routen führten zu Verspätungen und ließen Frachtpreise erneut steigen.

Containerschiffe im Hamburger Hafen. Die Schiffsfahrpläne ändern sich stark. Auch Hamburg muss seine Umschlagspläne umstellen.
Containerschiffe im Hamburger Hafen. Die Schiffsfahrpläne ändern sich stark. Auch Hamburg muss seine Umschlagspläne umstellen. © Funke Foto Services | Thorsten Ahlf

Der Hamburger Hafen hat bereits reagiert: „Die HHLA ist darauf eingestellt, dass die Dienste aus Fernost und dem Mittleren Osten den Hamburger Hafen in den kommenden Wochen verspätet erreichen. Die Terminals der HHLA werden ihre ursprünglich geplante Abfertigung der Schiffe dementsprechend anpassen. Das betrifft die gesamtheitliche Umschlagsplanung an unseren Terminals“, sagte ein Sprecher des Hafenkonzerns.

Eine Entspannung der Lage ist offensichtlich nicht in Sicht: Zwar haben die USA und mehrere europäische Staaten inzwischen ihre Militärpräsenz im Roten Meer verstärkt. Doch am zweiten Weihnachtstag war wieder ein MSC-Frachter von Huthi-Rebellen mit Raketen beschossen worden.