Hamburg. Franco Esposito ist heute Geschäftsführer von Sicon Hospitality. Das Unternehmen bietet ein Zuhause auf Zeit. Die Details der Idee.
Backstein und Beton, in der Lobby des Hood House steht ein langer Holztisch mit Designerstühlen. Die Rezeption geht direkt in eine Filiale der Kette Copenhagen Coffee Lab über, in der junge Menschen vor ihren Laptops sitzen. An der anderen Seite geht es in das indische Streetfood-Restaurant Svaadish. Es ist quirlig, es ist bunt. An einem Verkaufsstand kann man ein paar Lebensmittel und Getränke kaufen, und was man sonst noch so braucht. Schon beim Betreten des Gebäudes im Hamburger Stadtteil Winterhude wird klar: Das ist kein normales Hotel. Apartmenthotel oder Aparthotel nennt sich das Haus, das nicht nur Übernachtungen bieten soll. Zuhause auf Zeit ist ein Trend im Reisemarkt, der auch in Hamburg gerade Fahrt aufnimmt.
Franco Esposito ist schon da. Der Mann, den viele Hamburger als langjährigen Chef des feinen Hotel Atlantic kennen, ist als Geschäftsführer der Sicon Hospitality hier der Herr im Haus. Das Hood House gehört als einer von fünf Standorten zu dem Unternehmen, das mit 710 Einheiten der größte Anbieter für sogenannte Serviced Apartments in der Hansestadt ist. Ein bisschen ungewöhnlich ist dieser Wechsel schon, oder? „Ich bin mit ganzem Herzen Hotelier“, sagt der 60-Jährige. „Aber es müssen nicht immer Fünf-Sterne-Häuser sein.“ Dazu später mehr.
Früher Hotel Atlantic, heute Zuhause auf Zeit: Warum Ex-Chef jetzt Apartments vermietet
Erst mal: Einen Rund-um-Service gibt es im Hood House auch, aber ein wenig anders als in der Luxusherberge an der Außenalster. Das wird bei einem Rundgang durch das Gebäude klar, in dem die Beschäftigten des Jahreszeiten-Verlags früher Magazine wie „Merian“, „Feinschmecker“, „Petra“ und „Tempo“ produziert haben. In dem vor gut zwei Jahren eröffneten Haus sind auf fünf Etagen 148 Apartments in sechs Kategorien entstanden: 18 bis 65,5 Quadratmeter groß, mit einem oder zwei Zimmern und im sogenannten Primehood sogar mit eigener Dachterrasse und Blick über die Stadt.
„Es ist überraschend, wie viel Zuhause man auf 18 Quadratmetern unterbringt“, sagt Hotelmanager Esposito. Arbeiten und Entspannen, Essen und Schlafen – das alles sollen die Apartments möglich machen. Die Einrichtung ist modern, durchdacht und komfortabel. Viel Wert legt das Team um Gründer Holger Siegel auf Qualität und natürliche Materialien. Wichtig: Jeder Gast hat eine sogenannte Kitchenette, eine kleine Küche mit Kühlschrank, Mikrowelle und je nach Größe auch mit Herd, in der man sich selbst verpflegen kann. Standards sind zudem WLAN, Monitore, Bluetooth-Boxen sowie ein modernes Bad. Im Keller können ein Fitnessraum sowie Waschmaschinen und Trockner gemeinsam genutzt werden. Sehr beliebt: der offene Treffpunkt in der Lobby.
Dort steht gerade Dan Fisher (Name geändert) an einem Postkarten-Ständer. Der gebürtige Schotte ist nicht zum ersten Mal im Hood House. Gemeinsam mit seiner deutschen Ehefrau ist er für eine Woche auf Familienbesuch in Hamburg. „Uns gefällt das Haus gut, weil es mehr bietet als die meisten Hotels“, sagt er. Dazu gehört auch, dass es mitten in Winterhude liegt mit vielen Cafés, Restaurants und Geschäften und über verkehrsgünstige Anbindungen mit Bussen und Bahn verfügt.
Ex-Hotelchef im Atlantic: Franco Esposito sagt – „Ich vermisse nichts“
„Globalisierung und Digitalisierung sorgen für einen anhaltenden Anstieg der Mobilität der Menschen und haben dazu geführt, dass sich Lebens- wie auch Arbeitsmittelpunkte zeitweise verschieben“, sagt Franco Esposito, der seit Herbst 2022 im Unternehmen ist. „Gleichzeitig sind Reisende anspruchsvoller geworden und suchen das Individuelle, das ihr Lebensgefühl widerspiegelt. Mit unseren Marken tragen wir dieser Entwicklung im Reisemarkt Rechnung und können das besser als die etablierte Hotellerie.“
Der Topmanager kennt die Branche aus dem Effeff. Er hat sich im Atlantic zum Hotelkaufmann ausbilden lassen und danach mit Stationen in Wiesbaden, Indonesien und Berlin viel gesehen und mit Vertriebsposten bei der Marriott-Gruppe und am Frankfurter Flughafen immer mal wieder die Jobs gewechselt. Von 2016 bis 2022 stand er an der Spitze des Hotel Atlantic, hat maßgeblich an Umbau und Neuaufstellung mitgewirkt und das glamouröse Traditionshaus mit Dauergast Udo Lindenberg durch die Corona-Krise gesteuert. „Die Zeit im Atlantic war großartig“, sagt Esposito.
Aber es ist auch ein Job mit wenig Freizeit, vielen Abendterminen und verbindlichem Dresscode. „Alles hat seine Zeit. Ich vermisse nichts“, sagt der Hamburger, der an diesem Tag Jackett, Jeans und Hemd trägt. „Ich habe sieben Jahre lang jeden Tag meine Krawatte gebunden. Ich bin ganz froh, dass ich es jetzt nicht mehr muss.“
Sicon betreibt fünf Apartmenthäuser in Hamburg
Zum Portfolio der Sicon-Gruppe gehören neben dem Hood House die Standorte Sylc (Stellingen), Hub Apartments (Harburg), Apartment 040 (Uhlenhorst), Freytag (Uhlenhorst). Das Konzept: Als Projektentwickler kauft das Unternehmen Bestandsimmobilien, vom Fernmeldeamt bis zur Gründerzeitvilla, baut sie um, verkauft sie und betreibt die Apartmenthäuser danach in der Regel als Pächter. „Wir bieten eine Hybridlösung zwischen Hotel und möblierter Wohnung“, sagt Geschäftsführer Esposito und betont den unterschiedlichen Charakter der Standorte von Budget bis Premium.
Durchschnittliche Aufenthaltsdauer in den Apartments sind 17 Tage
Was in Großstädten anderer Länder längst Normalität ist, entwickelt sich in Hamburg gerade erst. Gebucht werden die Apartments von Geschäftsreisenden, Filmleuten oder Handwerkern, die für längerfristige Projekte in der Stadt sind, aber auch Besuchern von Messen, Konzerten oder Veranstaltungen. Dazu kommen Touristen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt 17 Tage. Etwa ein Drittel der Gäste bleibt länger als vier Wochen. Dabei sind die Standorte Freytag und Hub Apartments zu 100 Prozent mit langfristigen Gästen belegt.
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Die Preise variieren je nach Buchungszeitraum: je länger der Aufenthalt, desto günstiger die Rate. So kostet das exklusive Dachterrassen-Apartment im Hood House 210 Euro pro Nacht im sogenannten Short Stay, ab vier Wochen sind es 140 Euro. Der Durchschnittspreis in den Häusern der Gruppe beträgt den Angaben zufolge 110 Euro.
Konzept in Hamburg funktioniert: Neuer Betrieb in Aussicht
Offenbar läuft das Geschäft. „Die durchschnittliche Auslastung der Häuser lag im vergangenen Jahr bei 80 Prozent“, sagt Geschäftsführer Esposito und verweist auf 200.000 Übernachtungen im Jahr. 2023 erwirtschaftete das Unternehmen mit Zentrale in Bahrenfeld und 87 Beschäftigten einen Umsatz von 20 Millionen Euro. Für dieses Jahr wird eine leichte Umsatzsteigerung auf 22 Millionen Euro angepeilt. Das liegt auch daran, dass im April in Kassel das erste Sicon-Apartmenthaus mit 25 Einheiten außerhalb Hamburgs eröffnet.
Und es gibt weitere Expansionspläne. „Wir wollen jedes Jahr einen neuen Betrieb eröffnen“, sagt Esposito. Standorte in Köln, Düsseldorf und Frankfurt seien denkbar, aber in Hamburg und in Norddeutschland sieht Sicon Wachstumspotenzial.