Hamburg. Das US-Unternehmen WeWork war bislang mit vier Standorten in der City vertreten. Nun wird das Angebot deutlich reduziert.
Seit 2017 vermietet WeWork in Hamburg Co-Working-Arbeitsplätze. Zunächst im Hanse Forum am Axel-Springer-Platz, später kamen Büroflächen in der Europa Passage, am Gänsemarkt und in der Gerhofstraße dazu – insgesamt mehr als 10.000 Quadratmeter. Jetzt fährt das US-Unternehmen das Angebot in der Hansestadt deutlich zurück.
WeWork in der Europa Passage steht offenbar vor dem Aus. Den Mietern in dem großzügigen Komplex zwischen Jungfernstieg und Kleine Rosenstraße, in dem sich auch das Einkaufszentrum Europa Passage befindet, war die Schließung Anfang vergangener Woche per E-Mail angekündigt worden. Das Ende ist äußerst kurzfristig. Bereits am 28. März ist der Auszug demnach angesetzt.
Co-Working: WeWork schließt Büroflächen in Hamburg
Das Team habe das Angebot in Hamburg sorgfältig bewertet und sei zu dem Ergebnis gekommen, den Betrieb in der Europa Passage zu beenden, schreibt das Unternehmen in seiner Nachricht, die dem Abendblatt vorliegt. Den Mitgliedern wird die Möglichkeit offeriert, an einen der anderen Standorte umzuziehen. Dafür könne professionelle Hilfe und Beratung organisiert werden. Das klappt allerdings nach Abendblatt-Informationen nicht reibungslos. Viele Mieter wissen nicht, ob und wo sie im April unterkommen. In der Europa Passage gibt es 1600 Arbeitsmöglichkeiten.
Am Standort Gänsemarkt waren die Türen am Montag bereits zu. Ein Schild am Eingang verweist Paketboten an WeWork Gerhofstraße. Dort heißt es auf Abendblatt-Anfrage, dass die Büroflächen am Gänsemarkt dauerhaft geschlossen seien. Betroffen sind 475 Mietarbeitsplätze. Weder der Standort Gänsemarkt noch die Europa Passage sind aktuell über die Unternehmensseite buchbar. Eine Firmensprecherin wollte die Schließung auf Anfrage nicht bestätigen. Es liefen noch Verhandlungen, erklärte sie.
WeWork hat Insolvenzantrag in den USA und Kanada gestellt
Das US-Unternehmen, das mit einer Bewertung von bis zu 47 Milliarden Dollar einst zu den wertvollsten Start-ups gehörte, ist schon länger in der Krise und hatte Anfang November in den USA und Kanada einen Insolvenzantrag gestellt. Besonders hart trifft das den japanischen Konzern Softbank des Milliardärs Masayoshi Son, der Milliarden Dollar in den Co-Working-Riesen investiert hatte. WeWork will sich den Angaben zufolge neu aufstellen und dabei unter anderem das Angebot an Büroflächen verkleinern.
„Der Betrieb von WeWork in Deutschland ist nicht Teil dieses Prozesses“, hatte eine Firmensprecherin im November auf Anfrage erklärt. Das Geschäft laufe wie gewohnt weiter. „WeWork ist gekommen, um zu bleiben, und wir planen, auch in Zukunft in den allermeisten Märkten zu bleiben“, so die Sprecherin weiter. Deutschland sei weiterhin ein Schlüsselmarkt für das Unternehmen. Man arbeite mit den Vermietern zusammen, um die Mietkosten zu reduzieren.
WeWork verhandelt mit Vermietern über niedrigere Mieten
Auf eine aktuelle Anfrage wollte das Unternehmen die Situation in Hamburg nicht kommentieren. „Wir haben einen Prozess der Zusammenarbeit mit unseren Vermietern begonnen, um unflexible und kostenintensive Strukturen in unserem Mietportfolio dauerhaft zu beseitigen“, sagte die Sprecherin. Dies sei ein entscheidender Schritt, um eine nachhaltige Kapitalstruktur zu schaffen und das Unternehmen, unsere Vermieter und Mitglieder für langfristigen Erfolg zu positionieren. Weitere Angaben machte sie nicht.
Die Idee hinter WeWork ist, in Co-Working-Spaces Büroräume mit gemeinsamer Infrastruktur an Start-ups und Unternehmer zu vermieten. Nach jüngsten Angaben auf der Firmeninternetseite kam die Firma zuletzt auf 629 solcher Standorte in 119 Städten rund um die Welt. Im November waren es noch 660 Standorte gewesen. In Deutschland ist WeWork neben Hamburg auch in Berlin (8), München (3), Frankfurt (2) und Köln (1) präsent. Neusten Nachrichten zufolge will WeWork-Gründer Adam Neumann das Unternehmen jetzt aus der Insolvenz zurückkaufen.
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Der Branchenpionier ist nicht der einzige Anbieter, der durch Corona-Pandemie und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten ist. Auch die Münchener pro.work GmbH als Betreiberin der Marke WorkRepublic hat Anfang Januar 2024 beim Amtsgericht München einen Insolvenzantrag gestellt. In Hamburg betreibt das Unternehmen zwei Standorte am Neuen Wall und an der Brandstwiete. Der Betrieb läuft nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters zunächst weiter.
Co-Working: WeWork reduziert, andere eröffnen neu
Dabei ist das Konzept Co-Working nicht unbedingt am Ende. Bei anderen Betreibern wie dem Betahaus im Schanzenviertel oder dem Hamburger Ding laufen die Geschäfte den Angaben zufolge erfolgreich. Wie Daten des Bundesverbandes Coworking Spaces Deutschland (BVCS) zeigen, hat die Zahl der Co-Working-Standorte im Zeitraum von 2020 bis Oktober 2023 bundesweit sogar deutlich von 1268 auf 1852 Standorte zugenommen. Zum Vergleich: 2018 waren es erst 364.
In Hamburg werden 101 Angebote gezählt (2020: 77). BVCS-Präsident Tobias Kollewe hatte im Abendblatt erklärt, er blicke „voller Optimismus“ in das neue Jahr. 2023 sei „eine Zeit großer Herausforderungen“ gewesen, aber auch ein Jahr, in dem „die Co-Working-Branche einmal mehr ihre Widerstandsfähigkeit und ihre Fähigkeit zur Anpassung unter Beweis gestellt“ habe.