Hamburg. KaDeWe-Group-Insolvenz hat offenbar Folgen im Hamburger Luxuskaufhaus. Wie sich das Unternehmen zu der Situation äußert.
- Ware reservieren, statt verkaufen: die Insolvenz der KaDeWe Group scheint im Alsterhaus Spuren zu hinterlassen
- Luxusmarken räumen bereits ihre Regalflächen leer und Frust bei Anbietern
- Woher der Unmut kommt
Leere Regale, Absperrbänder und Verkäuferinnen, die nur beraten dürfen. Was ist los im Alsterhaus? Auch gut eine Woche nach der Insolvenzanmeldung der KaDeWe Group, zu der das Hamburger Luxuskaufhaus gehört, ist die Situation unübersichtlich. Im Untergeschoss stapeln sich zwar wie gewohnt Handtücher in allen Farben in der Regalwand. Es gibt flauschige Bademäntel und mit edler Wäsche bezogenen Betten. Aber ein Großteil der Verkaufsflächen ist abgesperrt. Der Verkauf sei aus technischen Gründen vorübergehend leider nicht möglich, steht auf einem Schild.
Eine Verkäuferin wird deutlicher. Viele Firmen hätten schon seit vergangenem Jahr kein Geld mehr für ihre Waren bekommen. Deshalb hätten sie jetzt den Verkauf bis auf Weiteres gestoppt. Wann es wieder losgeht? Die Mitarbeiterin zuckt die Schultern. „Wir hoffen bald“, sagt sie. In den vergangenen Tagen habe sie sich einiges von verärgerten Kunden anhören müssen.
Alsterhaus Hamburg: KaDeWe Group bezahlt nur neue Ware – Händler warten auf Geld
Die Hersteller von Heimtexilien der Marken Möve, Elegante, Boss oder Lacoste sind wie viele andere Mieter in dem Hamburger Traditionskaufhaus und verkaufen ihre Waren in einem sogenannten Shop-in-Shop-System. Auf Anfrage des Abendblatts hieß es bei der KaDeWe Group: „Unser Verhältnis zu unseren Lieferanten ist uns extrem wichtig. Viele sind geblieben, inzwischen auf ihre Flächen zurückgekehrt und haben den Verkauf wieder aufgenommen. Mit anderen sprechen wir intensiv und sind zuversichtlich, zeitnah auch hier Lösungen präsentieren zu können.“ Es gehe darum, Vertrauen wieder herzustellen. „Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass sämtliche Waren, die seit Anordnung der Eigenverwaltung geliefert werden, nun wieder vollumfänglich bezahlt werden.“
Im Alsterhaus sind allerdings offenbar noch einige Rechnungen offen. Im Erdgeschoss sind auf einem Verkaufstisch edle Handtaschen der Berliner Taschenmarke Liebeskind drapiert. Aber sich für eine davon interessiert, wird enttäuscht. „Wir dürfen im Moment nur beraten, aber nichts verkaufen“, sagt die Mitarbeiterin hinter der Auslage und zuckt bedauernd die Schultern. Am Dienstag vergangener Woche, einen Tag nach der Anmeldung der Insolvenz, sei die Anweisung aus der Firmenzentrale von Liebeskind gekommen. Sie hoffe, sagt die Verkäuferin, dass es bald wieder losgehe. Bis dahin könne sie die Tasche gerne reservieren.
Champagner-Bar ist weiter geschlossen, sonst läuft der Betrieb in der Food-Etage
Gegenüber hat die Firma Aigner die Regalflächen komplett leer geräumt. Im Bereich der Herrenmode hat die Edelmarke Bogner alles zusammengepackt und leere Regale hinterlassen. In der Damenmodeabteilung verhindert ein Absperrband den Zutritt zum Angebot von Fabienne Chapot. Auch Gepäckspezialist Tumi hat schon vor Tagen sämtliche Koffer und Taschen abtransportiert.
Schreibgerätehersteller S.T. Dupont hat ebenfalls die Reißleine gezogen. Immerhin: Nachdem schon alles ausgeräumt war, bestückt ein Mitarbeiter die Theke am Mittwoch neu. „Wie sieht das denn sonst aus“, sagt er. Die Beschäftigten in dem Nobelwarenhaus, der Großteil von Partnerfirmen, hielten in der Krise zusammen. „Das ist ein Geben und Nehmen.“ Verkaufen darf er seine edlen Füller, Kugelschreiber & Co. aber bis auf Weiteres nicht.
Und auch der Champagner perlt gerade nicht im Glas. Schon seit Tagen steht auf dem Bartresen des französischen Herstellers Veuve Cliquot in der Food-Etage ein Schild mit dem Hinweis „Wir haben heute geschlossen.“ Unklar, wann es wieder losgeht. Bei anderen Lebensanbietern, Essensständen und Restaurants im obersten Stockwerk des Alsterhaus läuft der Betrieb dagegen normal weiter. „Wir haben keine Probleme“, sagt Daniel Broichhagen von Bistro & Fromage, seit mehr als 30 Jahren ein Treffpunkt für Käseliebhaber. Er arbeite mit einem eigenen Kassensystem und sei daher unabhängig vom Alsterhaus.
KaDeWe Group vermeldet Rekordumsätze im letzten Geschäftsjahr
Die KaDeWe Group, zu der neben dem Alsterhaus auch das KaDeWe in Berlin und das Oberpollinger in München gehören, hatte Anfang vergangener Wochen Insolvenz in Eigenverwaltung anmeldet. Das Unternehmen, das zum Firmengeflecht der insolventen Signa Gruppe des österreichischen Investors Réne Benko gehört, will den Angaben zufolge mit diesem Schritt vor allem die hohen Mieten in den Warenhäusern reduzieren. Das Geschäftsmodell selbst sei wirtschaftlich, betont Geschäftsführer Michael Petersein.
Die Luxuswarenhaus-Gruppe vermeldet das umsatzstärkste Geschäftsjahr der Unternehmensgeschichte. Der Umsatz lag mit knapp 728 Millionen Euro um fast 24 Prozent über dem Vor-Corona Jahr 2018/19. Neben der zu hohen Mietbelastung und inflationsbedingten Effekten habe auch eine Cyberattacke aus Russland dem Unternehmen geschadet. Zudem belasten nach wie vor die Folgen von Corona-Krise und Ukraine-Krieg das Konsumverhalten auch im Luxury-Bereich.
Die Lage ist kompliziert: Denn Signa hat praktisch eine Doppelrolle. Über – inzwischen insolvente – Tochtergesellschaften ist die Gruppe ganz oder teilweise Eigentümerin und damit Vermieterin der drei Kaufhaus-Immobilien und zudem über eine weitere Tochter mit 49,9 Prozent an der KaDeWe Group beteiligt, die die Häuser betreibt. Die Mehrheit von 50,1 Prozent liegt bei der Central Group aus Thailand, hinter der die Milliardärsfamilie Chiathivat steht. Beobachter hatten die Option ins Spiel gebracht, dass die Central Group die Anteile an den deutschen Edel-Kaufhäusern komplett übernehmen könnte. Bislang hat sich das Unternehmen dazu nicht geäußert.
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Die aktuelle Situation gibt Raum für Spekulationen, wie es um die Finanzkraft der KaDeWe Group steht. In der vergangenen Woche hatte die „Berliner Morgenpost“, die wie das Abendblatt in der Funke Mediengruppe erscheint, ein Schreiben des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Berlin veröffentlicht, wonach Unternehmen in der Gastro-Etage des KaDeWe in der Hauptstadt zum Teil seit Monaten auf ihren Anteil an den Einnahmen warten.
Gastronomen im Berliner KaDeWe klagen über unbezahlte Rechnungen
Einen Tag später hatte der Kosmetikverband VKE nachgelegt. Der Branchenverband vertritt die Interessen von Herstellern im Bereich Hautpflege, Make-up und Parfüm, darunter L’Oréal, Coty, Dior und Chanel – allesamt Marken, die für ein auf Luxuswaren spezialisiertes Kaufhaus unverzichtbar sind. Der VKE erhebt schwere Vorwürfe. Die KaDeWe Gruppe habe zuletzt zahlreiche Rechnungen nicht oder erst nach Androhung rechtlicher Schritte beglichen, sagte Verbandsgeschäftsführer Andreas Fuhlisch der Deutschen Presse-Agentur. Anderen Medienberichten zufolge machten Lieferanten anderer Waren, Handwerksfirmen und andere Dienstleister ähnliche Erfahrungen. Die KaDeWe Group hatte sich den Angaben zufolge auch dazu nicht geäußert.