Hamburg. Die Nobelkaufhaus-Gruppe stellt Insolvenzantrag. Die Chefin des Alsterhauses äußert sich im Abendblatt. Folgen für die Steuerzahler?

Dass man aus der fünften Etage im Alsterhaus zu jeder Jahreszeit den allerbesten Blick auf Hamburger gute Stube rund um die Alster hat, hat sich herumgesprochen. Vor allem sonnabends strömen nach Geschäftsöffnung nicht nur Hamburger direkt zu den Rolltreppen, um einen Fensterplatz für ein Frühstück in der edlen Feinkostabteilung zu ergattern. So mancher wird sich jetzt allerdings um die lieb gewordene Tradition sorgen. Denn auch das Hamburger Nobelkaufhaus ist nicht gefeit vor dem Insolvenzstrudel der Signa-Gruppe des österreichischen Immobilienmoguls René Benko.

Die KaDeWe Group, zu der neben dem Alsterhaus in Hamburg auch das namensgebene KaDeWe in Berlin und das Oberpollinger in München gehören, hat Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Berlin Charlottenburg gestellt. „Dem Antrag wurde bereits stattgegeben“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens am Montagnachmittag. Als vorläufiger Sachwalter wurde Christian Graf Brockdorff von der BBL Brockdorff Rechtsanwaltsgesellschaft mbH bestellt. Die Geschäftsführung der KaDeWe Group wird durch die Rechtsanwaltskanzlei Finkenhof unterstützt unter der Leitung von Stephan Strumpf als Generalbevollmächtigtem. Zuvor hatten mehrere Medien über die bevorstehende Insolvenzanmeldung berichtet.

Alsterhaus-Chefin: Betrieb läuft normal weiter

Welche Konsequenzen der Insolvenzantrag auf längere Sicht hat, ist noch unklar. „Das Alsterhaus hat heute ganz normal um 10 Uhr geöffnet. Der Betrieb läuft wie immer“, sagte Alsterhaus-Chefin Diana Brüssow auf Abendblatt-Anfrage. Weitere Angaben machte sie nicht. In dem 1912 eröffneten Warenhaus, das in den vergangenen Jahren für viele Millionen Euro zu einem Luxus-Department-Store umgebaut worden war, arbeiten 600 Beschäftigte, darunter viele von Partnerfirmen. Sie sollten am Montag über die wirtschaftliche Situation informiert werden. Auch der Geschäftsbetrieb im KaDeWe und im Oberpollinger läuft weiter.

Der Insolvenzantrag kommt für Beobachter nicht überraschend. Zwar hatte KaDeWe-Group-Chef Michael Peterseim zuletzt demonstrativ Gelassenheit verbreitet und auch im Abendblatt-Interview betont, das Alsterhaus sei sicher. Die Signa ist über eine Schweizer Tochter mit 49,9 Prozent an der KaDeWe-Group beteiligt. Die Mehrheit von 50,1 Prozent liegt bei der Central Group aus Thailand, hinter der die Milliardärsfamilie Chiathivat steht. Zudem laufen die Geschäfte mit den Edelkaufhäusern mit einem Jahresumsatz von zuletzt 728 Millionen Euro auch deutlich besser als bei dem bereits in Insolvenz befindlichen Schwesterunternehmen Galeria Karstadt Kaufhof.

KaDeWe Group will hohe Mietlast reduzieren

Aber: „Vor Miete ist das Geschäft damit deutlich profitabel – nach Miete jedoch deutlich nicht“, heißt es in der Mitteilung der KaDeWe-Geschäftsführung. Die exorbitant hohen Mieten an den Standorten Hamburg, Berlin und München machten ein nachhaltig ertragreiches Wirtschaften nahezu unmöglich. Den Angaben zufolge sind die Mieten im Vergleich zum Geschäftsjahr 2018/19 um fast 37 Prozent gestiegen. In den nächsten Jahren sollen sie weiter steigen. Nach Recherchen des „Handelsblatts“ sind es allein für das Alsterhaus 17 Prozent des Jahresumsatzes. Marktüblich sind Mieten in der Höhe von zwölf Prozent.

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„Ziel ist es, die KaDeWe Group zu schützen. Wir lassen Altlasten hinter uns und streifen vor allem die hohen Mietlasten für unsere Häuser ab. Operativ machen wir einen herausragenden Job“, sagte Geschäftsführer Michael Peterseim. Auch unter den neuen Bedingungen werden die Verhandlungen nicht einfach. Anfang vergangener Woche hat unter anderem die Grundstücksgesellschaft der Alsterhaus-Immobilie und Signa-Tochter, die Hamburg, Jungfernstieg 16–20 Immobilien GmbH & Co.KG, Insolvenz angemeldet. Welche Auswirkungen das hat, ist unklar.

Darüber hinaus könnten von der KaDeWe-Insolvenz auch die Steuerzahler betroffen sein. 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, hatte das Unternehmen eine Ausfallbürgschaft der Länder Hamburg und Berlin für einen Bankkredit in Höhe von bis zu 90 Millionen Euro erhalten.

Die Gewerkschaft ver.di verlangt indes Jobsicherheit und planbare Perspektiven für die Beschäftigten des Kaufhauses. „Da ist jetzt das Management gefragt“, sagte die zuständige Fachbereichsleiterin im Verdi-Bezirk Hamburg, Heike Lattekamp, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die Chancen für einen Erhalt des 1912 eröffneten Hauses am Jungfernstieg stehen aus Verdis Sicht gut. „Aus unserer Sicht hat Alsterhaus auf jeden Fall eine Zukunft in dieser Stadt - und gehört zu dieser Stadt“, sagte Lattekamp. „Alsterhaus ist ein Stück Hamburg.“