Hamburg. Kunden stehen beim Juwelier vor verschlossenen Türen. Nach Autounfall des Kompagnons bangt Georg Kramer um sein Lebenswerk.

Bei Liebhabern besonderer Uhren ist das kleine Ladengeschäft mit der leuchtend gelben Markise über die Stadtgrenzen hinaus ein Begriff. Seit sechs Jahrzehnten sorgt Georg Kramer in seiner Uhrenwerkstatt in Hamburg-Winterhude dafür, dass die Zeit nicht stehen bleibt. Doch seit Weihnachten bleibt die Tür zu. Davor stehen Blumen und Kerzen. Im Fenster hängt ein Schild: „Wir befinden uns in tiefer Trauer. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir momentan nicht persönlich für Sie vor Ort sein können.“

In der Nacht zu Heiligabend war der Mitinhaber des alt eingesessenen Betriebs, Sezgin Y., bei einem schweren Verkehrsunfall mit einem Porsche Carrera in Harvestehude tödlich verunglückt. Auch die Beifahrerin des 48-Jährigen starb am Unfallort. Eine weitere Frau wurde schwerverletzt aus dem brennenden Wagen gerettet. Nach Abendblatt-Informationen hatte der Unfallfahrer bereits seit 2012 keinen Führerschein mehr. In seiner Brieftasche soll eine kleine Menge Marihuana gefunden worden sein.

Bei dem Unfall mit dem Porsche kamen der designierte Nachfolger von Juwelier Georg Kramer, Sezgin Y., sowie dessen Beifahrerin ums Leben.
Bei dem Unfall mit dem Porsche kamen der designierte Nachfolger von Juwelier Georg Kramer, Sezgin Y., sowie dessen Beifahrerin ums Leben. © Feuerwehr Hamburg | Feuerwehr Hamburg

Hamburgs ältester Uhrmacher: Mitinhaber tödlich verunglückt

Ein schmerzlicher Verlust für die Familie. Auch Georg Kramer ist in Trauer, wie er bei einer Abendblatt-Anfrage sagte. Der 90-Jährige und sein langjähriger Angestellter, der zuletzt als persönlich haftender Gesellschafter die Nachfolge von „Meister Kramer“ antreten sollte, waren ein eingespieltes Team. Jetzt ist unklar, wie es mit seinem Lebenswerk weitergeht.

Uhrmachermeister Georg Kramer hat seine Werkstatt vor mehr als 60 Jahren eröffnet (Archivfoto).
Uhrmachermeister Georg Kramer hat seine Werkstatt vor mehr als 60 Jahren eröffnet (Archivfoto). © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Laut dem Internetportal Insolvenzbekanntmachungen.de hat das Amtsgericht Hamburg am 4. Januar ein Insolvenzeröffnungsverfahren gegen die Georg Kramer Uhren & Schmuck GbR angeordnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Hans-Joachim Berner von der Kanzlei WillmerKöster mit Sitz in Verden bestellt worden. Weitere Details wurden nicht bekannt. „Leider sind nach wie vor noch einige wesentliche insolvenzrechtliche Fragen ungeklärt“, hieß es auf Abendblatt-Anfrage.

Auch Georg Kramer wollte sich gegenüber dem Abendblatt nicht zu dem vorläufigen Insolenzverfahren äußern. In Bezug auf ausstehende Reparaturaufträge in seiner Werkstatt, erklärte er: „Wir wollen alle Kunden anschreiben.“

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Georg Kramer, der wohl Hamburgs ältester Uhrmachermeister ist und auch als Initiator der Oldtimer-Rallye Georg Kramer Cup Bekanntheit erreichte, hat seit Beginn seiner Ausbildung Ende der 1940er-Jahre viele Tausend Uhren repariert – von preiswert bis Luxus. Einige Jahre arbeitete er bei dem Luxushersteller Rolex in Genf, wo er unter anderem die Uhr des früheren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower wieder instandsetzte. Der Uhrmachermeister gilt als Experte für die Reparatur und den Verkauf von besonderen Uhren und wertvollen Sammlerstücken.

Hamburgs ältester Uhrmacher im vorläufigen Insolvenzverfahren

Zuletzt hatte er als einer der wenigen die sogenannte Mars-Uhr „Official Cosmonauts Chronograph Amadee-20“ angeboten, ein Gemeinschaftsprojekt des Schweizer Traditionsherstellers Fortis mit dem österreichischen Weltraumforum, das in Simulationen Technologien für künftige Missionen zum Roten Planeten testet. Von der limitierten Serie hat er sich 35 Stück gesichert. Verkaufspreis: 3800 Euro.

Der Betrieb, der den Angaben zufolge kein Innungsmitglied ist, ist einer der letzten Uhrmacher in Hamburg. 2018 waren nurmehr 37 Firmen in der Hansestadt registriert, zehn Jahre zuvor waren es noch 57.

Auch die Familie des verunglückten Mitinhabers äußerte sich auf Abendblatt-Anfrage nicht. Einem Facebook-Eintrag zufolge war Sezgin Y. am vergangenen Donnerstag in Ohlsdorf beigesetzt worden. Er hinterlässt seine Ehefrau und zwei kleine Kinder.