Hamburg. Was der Hersteller Comac konkret vorhat – und mit welcher Strategie er für die Hamburger gefährlich werden könnte.
Am 28. Mai dieses Jahres ist die C919 des chinesischen Flugzeugherstellers Comac das erste Mal im Linienbetrieb abgehoben. Von Shanghai ging es nach Peking. Branchenüblich wurde der China-Eastern-Flieger dort mit einer Wasserfontäne begrüßt. Eine Zeremonie, die schon für 2016 geplant war.
Aber Chinas erstes, gemäß den internationalen Lufttüchtigkeitsstandards und vollständig in der Heimat entwickeltes Flugzeug hing seinem Zeitplan hinterher. Eine Situation, die auch die Marktführer Airbus und Boeing bei ihren Programmen kennen. Die C919 ist das chinesische Pendant zu deren Verkaufsschlagern 737 und A320 – und Comac will nun nachziehen und den Jet zu einer Flugzeugfamilie ausbauen.
Airbus erhält mehr Konkurrenz aus China für A320-Familie
Die C919 ist 38,90 Meter lang und bietet Platz für 158 bis 192 Passagiere, die China-Eastern-Maschine hat 164 Sitze. Damit ist sie 1,33 Meter länger als der A320, dessen Kapazität Airbus mit 140 bis 180 Fluggästen angibt. Comac habe nun auf der Luftfahrtmesse in Shanghai eine gestreckte und eine verkürzte Variante seiner C919 angekündigt, berichtete das Branchenportal „Aviation Week“.
Bei Airbus gibt es die kürzere A319 und die längere A321, die nun dank eines Zusatztanks im Frachtraum sogar zum Langstreckenflugzeug XLR ausgebaut wird. Auch bei Boeing gibt es unterschiedlich lange 737-Versionen.
Airbus-Konkurrent Comac zielt vor allem auf den heimischen Markt
Die gestreckte Variante der C919 folge dem wachsenden Bedarf an größeren Flugzeugen in dem Bereich von 210 Sitzen in einer Zwei-Klassen-Kabine, so Comac laut dem Bericht. Die kleinere Variante erfülle hingegen sämtliche Start- und Landeleistungen, um auch hochgelegene chinesische Flughäfen abzudecken. 140 Passagiere sollen in sie wohl hineinpassen. Genaue technische Details gebe es wegen des frühen Stadiums der Pläne aber noch nicht.
Die beiden Varianten zielen in erster Linie auf den chinesischen Markt sowie Nachbarregionen, habe Comac laut „Aviation Week“ mitgeteilt. Der Bedarf dort ist groß. Airbus erwartet in den nächsten 20 Jahren weltweit die Auslieferung von 40.850 neuen Flugzeugen, 9440 sollen es in China sein – also fast jedes vierte.
Comac lieferte bisher nur wenige Exemplare aus
In dem staatlich gelenkten Heimatmarkt könnten viele Bestellungen an Comac gehen. Allerdings muss der Hersteller erst einmal zeigen, dass er die Serienproduktion ins Laufen bringt. Drei Maschinen sollen bisher erst ausgeliefert, mehr als 1000 Maschinen bestellt worden sein. Zum Vergleich: Airbus hat von der A320-Familie bisher mehr als 11.000 Jets ausgeliefert, das Auftragsbuch umfasst noch mehr als 6700 Jets. Traditionell wird etwa jeder zweite Flieger der A320-Familie in Hamburg endmontiert.
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Und auch technologisch gilt die C919 trotz Teilen aus dem Westen – die Fahrwerke kommen vom deutschen Hersteller Liebherr, die Triebwerke von CFM (USA/Frankreich) – als unterlegen. Konkurrenz für Airbus und Boeing dürfte sie vor allem dann sein, wenn Chinas Regierung sie mit Kampfpreisen in den Markt drücken will.
Airbus erwartet Verdoppelung des globalen Wartungsgeschäfts
Airbus erwartet unterdessen, dass bis zum Jahr 2042 mehr als 17.000 Flugzeuge weltweit durch jüngere Modelle ersetzt werden. Für das Servicegeschäft wird innerhalb von 20 Jahren nahezu eine Verdoppelung auf 255 Milliarden Dollar angenommen. Mit 210 Milliarden Dollar entfällt der Großteil davon auf die Wartung, in der das Hamburger Unternehmen Lufthansa Technik Weltmarktführer ist. Der Rest entfällt auf das Trainieren der Crew, um Flieger effizienter zu fliegen, und eine Verbesserung des Passagiererlebnisses.
Weil der Markt weiterwachsen wird, erwartet der DAX-Konzern, dass in den nächsten 20 Jahren 2,2 Millionen weitere Arbeitskräfte gebraucht werden, und zwar 680.000 Techniker, 590.000 Piloten und 920.000 Flugbegleiter.