Hamburg. Die Festgeldzinsen sinken, die Börse zeigt sich sehr volatil. Da rückt eine andere Anlageform in den Fokus. Die wichtigsten Details.
2023 war ein gutes Jahr für Anleger – und zwar für risikofreudige genauso wie für sicherheitsbewusste. Denn der deutsche Aktienmarkt hat um 20 Prozent zugelegt, und die Festgeldzinsen haben sich von rund einem Prozent auf bis zu gut vier Prozent erhöht. Eine andere Anlageklasse aber hat zuletzt weitaus weniger Beachtung gefunden: die Anleihen, vor allem die Unternehmensanleihen.
Dabei gibt es eine ganze Reihe solcher Papiere mit attraktiven Renditen auch von Hamburger Firmen. So bietet etwa eine Wandelschuldverschreibung des Finanzhauses Laiqon (früher: Lloyd Fonds) mit einer Restlaufzeit von 4,4 Jahren aktuell eine Rendite von 9,137 Prozent. Eine Anleihe des Kreuzfahrtenanbieters TUI Cruises (Restlaufzeit 2,4 Jahre) kommt auf 7,435 Prozent.
Geldanlage: Wie man mit Anleihen von Hamburger Unternehmen Geld verdient
Immerhin noch 6,133 Prozent sind es bei einer Inhaberschuldverschreibung der Hamburg Commercial Bank mit 10 Monaten Restlaufzeit. Die „Fußball-Anleihe“ des HSV (Restlaufzeit 2,2 Jahre) kommt auf 4,304 Prozent und eine noch 4,3 Jahre laufende Anleihe der Containerreederei Hapag-Lloyd auf 4,129 Prozent. Bei Anleihen bezeichnet die Rendite die effektive Verzinsung, die sich aus dem jährlich fälligen Nominalzins (dem sogenannten Kupon) und dem jeweiligen Kurs des Papiers an der Börse ergibt.
Unter der Annahme, dass sich die Inflationsraten mittelfristig um 2,5 Prozent bewegen, sei es nun erstmals seit gut zehn Jahren wieder möglich, positive Realrenditen (nach Abzug der Teuerungsrate) mit Unternehmensanleihen befriedigender Qualität zu verdienen, heißt es von den Anlageexperten der Hamburger Sparkasse. Mit der „befriedigenden Qualität“ sind Bonitätsnoten der Rating-Agenturen von „BBB“ und besser (Standard & Poor‘s) oder „Baa3“ und besser (Moody‘s) gemeint, die häufig auch unter dem Begriff „Investment Grade“ zusammengefasst werden.
„Auch im Vergleich zu Aktien sind Anleihen wieder deutlich attraktiver geworden“, schreiben die Analysten der Haspa. Ein Indikator dafür sei der Vergleich der durchschnittlichen Renditen europäischer Investment-Grade-Unternehmensanleihen mit den Dividendenrenditen im Deutschen Aktienindex (DAX): Im Jahr 2023 lagen die Renditen der Unternehmensanleihen durchgängig zwischen vier und fünf Prozent, während die DAX-Dividendenrendite zwischen drei und dreieinhalb Prozent schwankte.
Zehnjährige Bundesanleihen bringen aktuell etwa 2,1 Prozent
Erstklassige Staatsanleihen wie die zehnjährigen Bundesanleihen bringen aktuell gar nur etwa 2,1 Prozent. Um unter den staatlichen Schuldverschreibungen des Euro-Raums auf etwas mehr als vier Prozent Rendite zu kommen, muss man schon zu italienischen Papieren greifen – und Italien rangiert bei den Rating-Agenturen nur gerade noch so im Investment-Grade-Bereich, das Land hat also zumindest noch eine gute Bonität.
„Grundsätzlich dürften Anleihen weiterhin davon profitieren, dass viele, vor allem institutionelle Anleger, nach der extrem ausgeprägten Niedrigzinsphase noch in den Anlageklassen Aktien und Immobilien übergewichtet sind und nun wieder – mit positiven Renditeaussichten – in Anleihen investieren und zu ihrer ‚Normalausrichtung‘ zurückkehren“, erwartet das Haspa-Analystenteam.
Risiko von Unternehmensanleihen eher geringer als das von Aktien
„Insgesamt ist das Risiko von Unternehmensanleihen eher geringer als das von Aktien, dafür ist das Aufwärtspotenzial nicht so groß“, sagt Carsten Mumm, Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel mit Sitz in Hamburg und München. Er meint: „Unternehmensanleihen können für alle Anleger interessant sein, die Wert auf regelmäßige Erträge legen.“
Seit Oktober seien die Renditen solcher Papiere allerdings schon deutlich gefallen. „Wir erwarten, dass sie in diesem Jahr zunächst weiter sinken, aber nicht mehr in diesem Umfang“, so Mumm. Damit könnte – ähnlich wie beim Festgeld – der Zeitpunkt günstig sein, sich die aktuellen Konditionen noch zu sichern. Zu bedenken ist nach Auffassung von Mumm außerdem, dass die weiter bestehende konjunkturelle Schwäche das Risiko für Firmeninsolvenzen erhöht: „Auch vor diesem Hintergrund würden wir eher kürzere Laufzeiten empfehlen.“
Geldanlage: Investoren müssen viel Geld mitbringen
Solange man sich auf Papiere mit Investment Grade-Einstufung (mindestens gute Bonität) beschränke, könne man durchaus auch Einzeltitel wählen, sagt Mumm. Allerdings gibt es da ein Problem für Privatanleger: Sehr viele Unternehmensanleihen werden inzwischen nur noch mit einer Stückelung von 100.000 Euro aufgelegt, da sie sich gezielt an professionelle Investoren wenden.
Der Hintergrund: Weil die Finanzaufsichtsbehörden für Papiere, die an Privatanleger vertrieben werden, seit einigen Jahren sehr ausführliche Emissionsprospekte und Basisinformationsblätter verlangen, sind private Käufer bei neuen Anleiheemissionen häufig nicht mehr vorgesehen. Von den oben genannten Papieren der Hamburger Emittenten beträgt die Stückelung nur bei der Laiqon-Anleihe und der HSV-Fußball-Anleihe nicht 100.000 Euro.
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Zwar könnten Rating-Einstufungen dem Anleger einen Anhaltspunkt für das mit einer Schuldverschreibung verbundene Risiko geben, heißt es von der Verbraucherzentrale Hamburg. Doch letztlich biete auch das keine Sicherheit. So erhielt etwa der Finanzdienstleister Wirecard, der im Juni 2020 einen Insolvenzantrag stellen musste, noch 2019 von der Rating-Agentur Moody‘s eine Investment-Grade-Einstufung (Baa3). Um das Risiko zu minimieren, empfehlen die Verbraucherschützer für Privatanleger daher eher Unternehmensanleihe-Fonds als Einzeltitel. Solche Fonds, die häufig mehr als 100 Anleihen bündeln, gibt es auch als börsengehandelte Wertpapiere (ETF). Damit können sie sehr kostengünstig gekauft und wieder verkauft werden.