Hamburg. Wie die Sparkasse reagierte, wann die Haspa-Zentrale zum Gänsemarkt zieht – und ob man jetzt Festgeld anlegen sollte. Das Interview.
Alle Jahre wieder. Auch Ende 2023 wagt Haspa-Chef Harald Vogelsang im Abendblatt einen Ausblick auf das kommende Jahr. Wie geht es mit den Zinsen weiter? Wie entwickeln sich die Immobilienpreise? Was kommt auf Aktienbesitzer zu? Und was plant die Haspa geschäftlich? Aber auch ein wenig Rückblick darf in dem Gespräch nicht fehlen – und hier spielt René Benkos Signa eine Rolle.
Die Zinsen entwickeln sich rasant. Vor noch nicht allzu langer Zeit haben die Geldinstitute Verwahrentgelte genommen, dann sind die Sparzinsen deutlich gestiegen, nun geht es wieder nach unten. Wie werden sich die Zinsen 2024 entwickeln?
Harald Vogelsang: Ich gehe davon aus, dass die Europäische Zentralbank im Laufe des Jahres 2024 die Zinsen senken kann. Noch hat die EZB aber ihr Ziel einer Inflationsrate von rund zwei Prozent in der Eurozone nicht erreicht. Bis zur Senkung könnte es folglich noch ein wenig dauern.
Die Haspa selbst hat ihre Konditionen für Festgeld deutlich reduziert. Für zwei Jahre erhalten die Kunden nun noch 2,5 Prozent. Die EZB gibt den Banken und Sparkassen derweil 4,0 Prozent für hinterlegtes Geld, und die Kreditzinsen der Haspa sind auch höher. Das klingt nach einem guten Geschäft für die Haspa.
Wir sehen jetzt eine wichtige Normalisierung der Zinslandschaft. In den letzten Wochen haben fast alle Banken und Sparkassen aufgrund der Marktentwicklung die Zinsen wieder gesenkt. Finanzinstitute brauchen eine positive Zinsspanne zwischen dem Kredit- und Einlagengeschäft, damit sie Geld verdienen und ihr Eigenkapital aufstocken können. Denn nur so können wir und andere Institute die Kredite vergeben, welche die Wirtschaft benötigt, um zu wachsen. In Deutschland haben wir auch aus Verbrauchersicht einen guten, gesunden Wettbewerb. In anderen europäischen Ländern verdienen die Banken viel mehr.
Sollte man als Kunde bei den aktuellen Festgeldzinsen zuschlagen oder auf wieder bessere Konditionen warten?
Wie sich die Zinsen entwickeln, ist nicht zuverlässig vorherzusagen. Ich würde mir als Kunde aber eher jetzt die aktuellen Festgeld-Konditionen sichern. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen in den nächsten drei bis sechs Monaten sinken, ist größer als die Wahrscheinlichkeit, dass sie steigen. Und ich würde das Geld für einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren festlegen. Eine gute Strategie kann es auch sein, das Geld über verschiedene Laufzeiten zu verteilen.
2022 konnte die Haspa einen Jahresüberschuss von 45 Millionen Euro ausweisen, für 2023 hatten Sie 100 Millionen Euro angepeilt. Erreicht die Haspa dieses Ziel?
Das Jahr ist noch nicht vorbei, deshalb können wir nur eine vorläufige Aussage treffen. Aktuell gehen wir davon aus, dass wir den Jahresüberschuss verdoppeln können, also rund 90 Millionen Euro erreichen werden.
Sind Sie damit zufrieden?
Ja, aber auf Dauer benötigen wir einen Jahresüberschuss in der Größenordnung von 120 bis 160 Millionen Euro. Denn wenn die Wirtschaft der Metropolregion um drei bis vier Prozent im Jahr wächst, brauchen wir diesen Überschuss und das entsprechende Eigenkapital, um ausreichend Kredite für das Wachstum der Stadt zur Verfügung stellen zu können.
Werden Sie den Jahresüberschuss in der Spanne zwischen 120 und 160 Millionen schon 2024 erreichen?
Das streben wir zumindest an.
Müssen Haspa-Kunden sich im laufenden Jahr auf weitere Gebührenerhöhungen einstellen?
Nein, 2024 werden die Gebühren konstant bleiben, sowohl für Konten als auch für Schließfächer.
Und wie wird sich die Zahl der Filialen entwickeln?
Wir haben aktuell 105 Filialen und werden lediglich drei Standorte an der Eiffestraße, der Dammtorstraße und am Großen Burstah an unserer neuen, modernen Zentrale im Deutschlandhaus am Gänsemarkt zusammenziehen.
Und die Zahl der Beschäftigten bleibt insgesamt konstant?
Ja, wir wollen sie bei rund 4400 halten. Allerdings werden wir in den kommenden zehn Jahren zwischen 2000 und 2500 Beschäftigte neu einstellen. Der Grund dafür sind vor allem die Babyboomer aus den 60er-Jahren, die in den Ruhestand gehen. Um Nachwuchs für uns zu begeistern, werden wir nicht nur die Zahl der Ausbildungsplätze von 150 auf vermutlich 200 erhöhen, sondern auch verstärkt Schülerpraktika anbieten. So wollen wir junge Menschen neugierig auf die Haspa machen.
Blicken wir auf die Immobilienpreise. Sie sind jüngst zum Teil deutlich gesunken – wie wird sich der Markt 2024 entwickeln?
Bei den Gewerbeimmobilien herrscht nach wie vor Stillstand. Hier muss sich ein neues Preisniveau erst mal wieder finden. Auch die Frage, wie sich Homeoffice auf Dauer auswirkt, ist noch nicht beantwortet. Logistikimmobilien laufen dagegen gut, und daran dürfte sich auch 2024 nichts ändern. Auf dem Markt für Zinshäuser, also Mehrfamilienhäuser zur Vermietung, gibt es zurzeit fast gar keine Transaktionen. Bei den selbst genutzten Wohnimmobilien muss man differenzieren. Eher schlecht sieht es bei energetisch ineffizienten Wohnungen und Häusern am Stadtrand aus. Je moderner und stadtnäher die Immobilien sind, desto geringer fallen dagegen die Preisabschläge aus. Insgesamt zieht die Nachfrage nach Krediten für selbst genutzte Immobilien derzeit bei der Haspa auf niedrigem Niveau leicht an. Ob das bereits der Wendepunkt ist, wird sich wohl 2024 zeigen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass wir den Tiefpunkt bei den Preisen im Durchschnitt erreicht haben.
Die Konjunktur schwächelt. Schafft die deutsche Wirtschaft 2024 die Wende zum Besseren?
Ich befürchte, die konjunkturelle Durststrecke wird auch 2024 anhalten. Das liegt vor allem an den hohen Energiepreisen, aber auch an der weiterhin überbordenden Bürokratie, die Investitionen und Wachstum verhindert. Wenn ich mir etwas von der Politik wünschen dürfte, wäre es eine höhere Verlässlichkeit gegenüber Wirtschaft und Verbrauchern. Damit man sich als Bürger oder Unternehmer auf das, was gilt, über einen längeren Zeitraum einstellen kann. Ständig neue Regeln helfen auch nicht beim Thema Wohnungsbau.
Schwache Konjunktur, starke Börse. Der DAX hat 2023 trotz einer stagnierenden Wirtschaft Rekordstände erklommen. Wie passt das zusammen?
Ich glaube, es gibt zwei Effekte, die dazu beitragen. Zum einen wird an der Börse ja bekanntlich die Zukunft gehandelt. Die Investoren erwarten, dass sich die Gewinnsituation der börsennotierten Unternehmen in zwei bis drei Jahren deutlich verbessert. Zum anderen ist der Anteil ausländischer Investoren im DAX sehr hoch. Diese großen internationalen Anleger überlegen, wo sie am besten investieren. Bei ihnen genießt Europa und vor allem Deutschland weiterhin einen exzellenten Ruf, nicht zuletzt wegen unseres stabilen Rechtssystems im Vergleich zu anderen Regionen weltweit.
Und wie geht es 2024 an der Börse weiter?
Aktionäre müssen sicherlich starke Nerven haben. Der Aktienmarkt wird voraussichtlich großen Schwankungen unterliegen. Unsere Experten erwarten eine Bandbreite beim DAX zwischen 13.800 und 17.600 Punkten.
Die Haspa zieht 2024 mit ihrer Zentrale vom Großen Burstah an den Gänsemarkt – wie sieht der genaue Zeitplan aus?
Wir wollen Ende März, Anfang April umziehen und freuen uns sehr darauf.
Was passiert dann mit dem Standort am Großen Burstah?
Das Gebäude wollen wir vermieten.
Gibt es dafür schon einen Mieter?
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Nein, aber wir haben mehrere Anfragen.
Hatten Sie als Standort für die neue Haspa-Zentrale auch mit dem Elbtower geliebäugelt, für den es mittlerweile wegen der Signa-Probleme einen Baustopp gibt?
Nein.
Hat die Haspa eigentlich Immobilien finanziert, die zum Imperium der insolventen Signa Holding gehören?
Nein, definitiv nicht. Aber es hat Anfragen von René Benkos Signa gegeben, ob wir Immobilienprojekte der Gesellschaft mitfinanzieren wollen. Wir haben das abgelehnt, weil wir das Geschäftsmodell nicht nachvollziehen konnten. Und Geschäfte, die man nicht versteht, sollte man nicht eingehen.
Zum Schluss eine Frage zur Frauenquote im Haspa-Vorstand: Der Verwaltungsrat hat eine Quote von 40 Prozent bis Sommer 2027 beschlossen. Mit Birte Quitt rückt Anfang 2024 erst zum zweiten Mal in der Haspa-Geschichte eine Frau in den aktuell fünfköpfigen Vorstand. Schaffen Sie die Zielmarke von 40 Prozent bis 2027?
Da bin ich sehr zuversichtlich. Wir wollen ab 2024 aktiv nach einer zweiten Vorständin suchen. Drei männliche Vorstände werden uns bis 2027 aus Altersgründen verlassen. Auch ich gehe in drei Jahren mit dann 67 Jahren in den Ruhestand – so wie es unsere Statuten vorsehen.