Hamburg. Luruper Ehepaar wagte den „Heizungstausch“. Welche Hürden es gab, wie hoch die Kosten waren – und was es am Ende gebracht hat.

Maren Schamp-Wiebe blättert in einem Fotoalbum. Das „Projekt Heizungstausch“, wie sie es nennt, hat die 56 Jahre alte Luruperin Schritt für Schritt dokumentiert, vom Anfang bis zum Ende. Neben Fotos von der Baustelle, die monatelang ihr Zuhause war, kleben in dem Album Bilder von Meilensteinen auf dem Weg zur neuen Heiztechnik, von Helferinnen und Helfern – und eine Autogrammkarte von Robert Habeck.

Schamp-Wiebe und ihr Mann Thomas Schamp fällten im November 2021 die Entscheidung, dass sie von einer Gasheizung auf eine Wärmepumpe wechseln. Der Schornsteinfeger hatte der 22 Jahre alten Heizung damals noch etwa anderthalb Jahre gegeben – dann würde sie das Zeitliche segnen. Für die beiden Lehrkräfte war klar: Das ist die Gelegenheit, von fossilen Energieträgern abzurücken.

Heizungstausch auf Wärmepumpe: Lohnt sich das?

„Wir sind keine Grünen und kleben uns auch nirgendwo fest“, sagt Schamp-Wiebe. „Aber unsere drei Kinder sind sehr klimabewegt. Und wir wollen auch unseren Teil dazu beitragen.“ Seit 1999 wohnen die Schamps in ihrem Einfamilienhaus in Lurup: einem sogenannten Selbstbauhaus der Firma Massa, das Thomas Schamp und sein Schwiegervater eigenhändig ausgebaut hatten.

Es galt nach damaligen Standards als Niedrigenergiehaus. Welcher Energieklasse das Haus heute entspricht, wissen die Schamps nicht. Auf den rund 155 Quadratmetern leben sie inzwischen zu zweit. Die erwachsenen Kinder, alle in den Zwanzigern, sind ausgezogen.

Noch vor der Energiekrise, die durch den Kriegsbeginn in der Ukraine Anfang 2022 ausgelöst worden war, hatten die Schamps ihre Wärmepumpe bestellt. Doch das ausgewählte Modell, eine Luft-Wasser-Wärmepumpe der Firma Viessmann, war in der Folge des Krieges monatelang nicht lieferbar. Die Schamps mussten warten.

Heizungstausch: So haben sich die Wartezeiten auf Wärmepumpen entwickelt

Wie ihnen ging es damals vielen Menschen: Wärmepumpen waren vergriffen, laut dem Bundesverband Wärmepumpe betrug die Wartezeit zwischenzeitlich bis zu 18 Monate. Dieser Boom ist inzwischen vorbei. In Hamburg kann eine Wärmepumpe nach Abendblatt-Informationen aktuell innerhalb von drei bis sechs Wochen geliefert werden. Auf eine Gasheizung wartet man derweil etwa zwei und auf eine Ölheizung sechs Monate.

Doch statt nur zu warten, nutzten die Schamps die Zeit, um sich auf den anstehenden Tausch vorzubereiten. Thomas Schamp ist handwerklich begabt, deshalb wollten sie möglichst viel selbst machen. Weil die meisten Wärmepumpen am effizientesten in Kombination mit einer Fußbodenheizung laufen, sollte das Erdgeschoss damit ausgestattet werden.

Um die nötigen Arbeiten mit ihren Berufen in Einklang zu bringen, plante das Lehrerpaar für die Sommerferien 2023 damit, ohne zu wissen, ob die Wärmepumpe dann endlich lieferbar sein würde. Ihre Idee: Bei gutem Wetter dürfte es sie nicht zu sehr stören, Küche und Wohnzimmer wochenlang nicht nutzen zu können. Doch das Wetter wurde nicht gut.

Heizungstausch: So halfen Verwandte und Freunde beim Wechsel auf Wärmepumpe

„Wir hatten mindestens acht Wochen keinen Herd“, sagt Maren Schamp-Wiebe. „Also mussten wir häufiger im Garten grillen – auch bei Regen.“ Freunde brachten außerdem ab und zu Essen vorbei. Sie entfernten das Wohnzimmerparkett und frästen den Estrich für die Heizelemente der Fußbodenheizung im Untergeschoss. Auch nötige Arbeiten für die neuen Heizungsrohre bereiteten die Schamps in dieser Zeit vor, das meiste in Eigenregie.

Mehr Wirtschaftsthemen

Aus dem Heizungstausch wurde ein Mehrgenerationenprojekt – ein internationales sogar. Die Schamps hatten vor Jahren eine Patenschaft für einen Geflüchteten aus Syrien und einen jungen Mann aus Afghanistan übernommen. Beide waren von Anfang an dabei und halfen gemeinsam mit den drei Kindern bei allem, was anfiel. „Wir haben handwerklich viel voneinander gelernt“, sagt Thomas Schamp.

An langen Arbeitstagen hoben Pizza und Musik die Stimmung. Und noch einen Tipp hat Maren Schamp-Wiebe für andere, die den Heizungstausch angehen: „Man muss sich Zwischenziele stecken und immer mal wieder für eine Belohnung sorgen.“

Heizungstausch: Familie Schamp feierte „Wärmeparty“ – aber ohne Heizung

Eine dieser Belohnungen war eine „Wärmeparty“, zu der die Schamps für den 23. September 2023 einluden. Fertig waren sie da allerdings noch nicht. Die Wärmepumpe war noch nicht einmal geliefert. Das Wohnzimmer glich einer Baustelle, in den Küchenschränken lag Baustaub.

„Wir mussten also im Garten feiern und Zelte aufbauen“, so Schamp-Wiebe. „Aber gut war die Party trotzdem.“ Statt Heizungswärme gab es ein Lagerfeuer. Verwandten, Freunden und Bekannten wollten sie damit für die Hilfe der vorangegangenen Monate danken. Sogar eine Einladung an Robert Habeck hatten die Schamps gesendet.

Doch der Vizekanzler sagte ab. Einen Brief und Autogrammkarten gab es trotzdem: „Danke für Ihr Engagement“, heißt es dort. „Sie tragen mit diesem Fest die Motivation, Teil der so dringend notwendigen Wärmewende zu werden, in die Breite und können vielleicht auch Freunde und Nachbarn dafür begeistern.“

Heizungstausch: Auch Nachbarn zeigen Interesse an Wärmepumpe

Womit Habeck Recht behielt: Mindestens ihren direkten Nachbarn haben die Schamps trotz des langwierigen Prozesses schon zum Nachahmen bewegt. Seine Wärmepumpe ist bereits geliefert worden und soll im neuen Jahr eingebaut werden. Weitere fünf bis sechs Haushalte in der Nachbarschaft interessieren sich für eine Wärmepumpe.

Kurz nach der Party kam dann der langersehnte Anruf, dass die Wärmepumpe der Schamps vollständig und lieferbar sei. Doch bevor sie diese in Betrieb nehmen konnten, mussten sie die „Horrorwoche“, wie Schamp-Wiebe sie nennt, überstehen. „Bis zu sieben Handwerker hatte ich im Haus, obwohl zwei wahrscheinlich ausgereicht hätten, um die Heizung anzuschließen“, so die Lehrerin. „Aber vermutlich sollten möglichst viele Mitarbeiter angelernt werden.“

Seit dem 10. Oktober 2023 läuft die Wärmepumpe. „Sie versorgt uns mit gemütlicher Wärme“, sagt Schamp-Wiebe. Anfangs sei ihnen sogar zu warm gewesen. „Wir mussten die Temperatur auf 19 Grad herunterregeln“, so die 56-Jährige. Auch ein paar Kinderkrankheiten hätten sie anfangs mitgenommen: Störungen der Software vor allem, welche die Heizungstechniker mal schneller, mal langsamer beheben konnten.

Wärmepumpe: Diese Vor- und Nachteile sehen die Schamps

Überrascht hatte die Schamps, wie viel Platz die Wärmepumpe insgesamt einnimmt. Dass die Außeneinheit der Wärmepumpe mit etwa 1,10 Metern Breite, 1,40 Metern Höhe und 0,5 Metern Tiefe neben dem Haus stehen würde, hatten sie erwartet. In einem Kellerraum – bis dahin war hier eigentlich Thomas Schamps Werkstatt gewesen – steht nun auch noch ein Warmwasserspeicher mit einem Fassungsvermögen von 370 Litern, eine Inneneinheit – unter anderem mit integriertem Heiz- bzw. Kühlkreis, Umwälzpumpe und Durchlauferhitzer – sowie ein Ausdehnungsgefäß. Auch doppelt so viele Rohre wie früher seien verlegt worden, sowohl für den Kreislauf für Heizkörper als auch die Fußbodenheizung. Die alte Gasheizung hatte hingegen in einem kleinen Vorratsraum im Erdgeschoss kompakt gestanden.

Maren Schamp-Wiebe zeigt den Warmwassertank, der nun in ihrem Keller steht und zur Wärmepumpen-Heizung gehört.
Maren Schamp-Wiebe zeigt den Warmwassertank, der nun in ihrem Keller steht und zur Wärmepumpen-Heizung gehört. © Funke Foto Services | Roland Magunia

Außerdem werde das Badewasser nicht mehr so heiß wie früher. Das Warmwasser erreicht normalerweise nur noch eine Temperatur von bis zu 40 Grad Celsius. „Aber montags ist Badetag“, so Thomas Schamp. Dann muss er die Wärmepumpe auf etwa 70 Grad bringen, um Legionellen abzutöten.

Auch finanziell ist noch nicht klar, ob die Schamps durch die Pumpe wirklich sparen. Zwar hat das Ehepaar bereits seit drei Jahren eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, doch die ist noch nicht mit der Wärmepumpe verbunden. Sie beziehen bislang also noch Ökostrom aus der Steckdose für deren Betrieb.

Wärmepumpe: Lohnt sich der Heizungstausch finanziell?

Im Jahr 2022 hatte das Paar einen Gasverbrauch von 13.000 Kilowattstunden – das entspricht bei einem Gaspreis von etwa 12 Cent pro kWh rund 1560 Euro Kosten pro Jahr. Für dieselbe Wärmeenergie benötigt die Wärmepumpe der Schamps etwa 3000 Kilowattstunden Strom: Das kostet bei einem Strompreis von etwa 28 Cent pro kWh im Wärmepumpen-Tarif circa 840 Euro pro Jahr. Für ihren eingespeisten Strom aus der PV-Anlage erhalten die Schamps außerdem monatlich etwa 35 Euro, also 420 Euro jährlich.

Der Heizungstausch kostete die Schamps wegen gestiegener Baustoffkosten über 10.000 Euro mehr, als sie zunächst kalkuliert hatten. Für die Gesamtkosten in Höhe von etwa 41.000 Euro erhielten sie 14.369 Euro Förderungen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Aus einem weiteren Fördertopf der Hamburgischen Investitions- und Förderbank flossen noch einmal 3000 Euro pauschal. Zwar seien die teils zwölfseitigen Anträge unübersichtlich gewesen, sagt Schamp-Wiebe. „Aber das Geld war innerhalb von drei Wochen auf unserem Konto.“

Das neue Heizungsgesetz

  • Laut dem neuen Heizungsgesetz – offiziell: Gebäudeenergiegesetz (GEG) – müssen in den meisten Neubauten Heizungen mit 65 Prozent Erneuerbarer Energie eingebaut werden.
  • Das Gesetz ist seit dem 01. Januar 2024 in Kraft.
  • Öl- oder Gasheizungen, die älter als 30 Jahre sind, müssen laut GEG in der Regel ausgetauscht werden. Doch es gibt Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen.
  • Fossile Heizungen, die weniger als 30 Jahre in Betrieb sind, können vorerst weiterlaufen, sofern sie funktionieren bzw. sich im Schadensfall reparieren lassen.
  • Spätestens im Jahr 2045 sollen alle Heizungen vollständig mit Erneuerbaren Energien betrieben werden.
  • Das Gesetz sieht außerdem Förderungen für den Heizungstausch vor: Bei einem Umstieg von einer fossilen Heizung (also Öl oder Gas) auf eine regenerative Heizung bis 2028 gibt es eine Grundförderung von 30 Prozent vom Staat. Hinzu kommt ein Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent, wenn man eine funktionierende fossile Heizung bis 2028 tauscht.
  • Voraussetzung dafür ist immer: Die alte Heizung ist mindestens 20 Jahre alt. Der Bonus reduziert sich nach dem Jahr 2028. Eigentümerinnen und Eigentümer, deren zu versteuerndes Gesamteinkommen weniger als 40.000 Euro im Jahr beträgt, bekommen außerdem einen einkommensabhängigen Bonus von der Bundesregierung.
  • Die maximale Förderung beläuft sich insgesamt auf 70 Prozent und ist auf maximal 30.000 Euro in Einfamilienhäusern beschränkt.

„Der Tausch rechnet sich finanziell nicht wirklich“, sagen die Schamps, „selbst wenn wir den Strom aus unserer PV-Anlage endlich direkt nutzen können.“ Am Ende hat der Heizungstausch inklusive der Installation einer Fußbodenheizung und der Wechsel einiger Heizkörper im Obergeschoss die Schamps 23.631 Euro gekostet. Trotz niedrigerer jährlicher Energiekosten hätten sie die Kosten für den Umbau erst nach etwa 20 Jahren Heizungsnutzung eingespielt: eine Luft-Wärmepumpe hat letztlich eine Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren.

Aber sie hätten den Tausch sowieso niemals aus finanziellen Gründen gemacht, sagen die Schamps: „Der Heizungstausch lohnt sich für die Umwelt, für die Zukunft unserer Kinder – und vielleicht auch für ein reines Gewissen.“