Hamburg. Finanzsenator Dressel gibt neuen Fahrplan bekannt. Warum es für einige Immobilienbesitzer teurer und für andere günstiger wird.

Kaum eine Frage beschäftigt Hunderttausende Immobilienbesitzer und indirekt auch die Mieter und Mieterinnen in Hamburg so intensiv wie diese: Wie viel Grundsteuer muss ich künftig zahlen? Denn nach der vom Bundesverfassungsgericht angeordneten Reform ist klar, dass es für etliche Betroffene teurer wird, für andere aber günstiger, und für viele andere wiederum wird sich fast nichts ändern. Klarheit darüber wird es aber erst im kommenden Jahr geben.

Nachdem der Senat bislang geplant hatte, im September 2024 mit dem Versenden der endgültigen neuen Grundsteuerbescheide zu beginnen, soll dies nun erst im ersten Halbjahr 2025 erfolgen, voraussichtlich ab März. In Kraft tritt die Reform zwar weiterhin zum 1. Januar 2025, doch der erste Fälligkeitstermin ist erst der 15. Mai 2025 – der zweite dann am 15. November. Die Aufteilung in zwei Raten soll auch danach gelten. Das gab Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Dienstag in der Landespressekonferenz im Rathaus bekannt.

Immobilien Hamburg: Neue Grundsteuerbescheide kommen später

Die Verzögerung begründete er damit, dass man für die Analyse der eingereichten Datensätze, auf deren Grundlage der Grundsteuer-Hebesatz und die nötigen Messzahlen festgelegt werden, mehr Zeit benötige. Ein ganzer Schwung an Steuer-Erklärungen sei verspätet eingegangen, noch dazu viele auf Papier – das mache umfangreiche Nacharbeiten nötig, so Ernst Stoll, Leiter der Steuerverwaltung.

Die vorläufigen sogenannten Grundsteuerwertbescheide, aus denen aber noch nicht hervorgeht, wie viel Steuer künftig fällig wird, wurden bislang für rund 60 Prozent der 423.000 Immobilien in Hamburg verschickt. Der überwiegende Teil der noch fehlenden 40 Prozent solle bis Ende Juni in den Briefkästen liegen, teilweise könne es aber auch noch bis zum Ende des Jahres 2024 dauern, sagte Dressel. „Ausgeprägte Brieffreundschaften mit Steuerpflichtigen“ würden die Sache im Einzelfall weiter verzögern.

Grundsteuer Hamburg – Gericht zwingt Politik zum Handeln

Wie berichtet, hatte das Bundesverfassungsgericht die alte Grundsteuer verworfen, weil sie zum Teil auf völlig veralteten Immobilienwerten basierte und daher zu ungerechten Ergebnissen führte. Sehr vereinfacht gesagt, haben Besitzer von vor 1964 errichteten Gebäuden tendenziell wenig Grundsteuer bezahlt, auch wenn es sich um wertvolle Altbauten in bester Lage handelt. Besitzer neuer Immobilien zahlten dagegen viel, auch wenn deren Lage weniger attraktiv ist.

Den Reformentwurf des Bundes lehnte Hamburg jedoch als zu kompliziert und nicht für eine Stadt mit explodierenden Grundstückspreisen geeignet ab. Zusammen mit einigen anderen Ländern hat der Senat daher ein eigenes Modell erarbeitet, bei dem nur die Wohn- und die Grundstücksfläche sowie die Lage („gut“ und „normal“) einfließen.

Weitere Wirtschaftsthemen

Für dieses Modell mussten alle Betroffenen bis Frühjahr 2023 neue Steuererklärungen einreichen, was nach einer Fristverlängerung, Tausenden Erinnerungsschreiben und indirekter Strafandrohung auch funktioniert hat. Da die Länder gemeinsam versprochen haben, dass das Aufkommen der Grundsteuer – rund 14 Milliarden Euro bundesweit, davon gut 500 Millionen Euro in Hamburg – in etwa gleich bleiben solle, werde nun in Hamburg anhand der vorliegenden Daten ein neuer Hebesatz für die Grundsteuer sowie eine neue Messzahl für die Nutzflächen errechnet, so die Finanzbehörde.

Immobilien: Hamburgs „Grundsteuermodell wird Bestand haben“, so Dressel

Dies solle noch vor der Sommerpause geschehen, kündigte Dressel an. „Die hohe Abgabequote und die geringe Einspruchsquote von unter zehn Prozent bestätigen den eigenen Hamburger Weg“, sagte er. Anders als in anderen Bundesländern, wo das komplizierte Bundesmodell angewendet werden soll, gebe es für Hamburg keine Klageempfehlung. „Insofern sind wir zuversichtlich, dass unser Modell Bestand haben wird“, so Dressel. Im Herbst werde er wieder auf Info-Tour in der Stadt unterwegs sein, um den Bürgerinnen und Bürgern das neue Modell zu erklären.

Bei Opposition und Wohnungswirtschaft stieß die Verzögerung beim Thema Grundsteuer auf Kritik. „Das ist nicht nachvollziehbar und äußerst fragwürdig“, sagte CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer. „Es kann nicht sein, dass die finalen Bescheide erst im zweiten Quartal 2025 und nicht wie bislang versprochen bis zum Ende dieses Jahres verschickt werden. Dies erweckt den Eindruck, dass die Hamburgerinnen und Hamburger hier unliebsame Nachrichten erst nach der kommenden Bürgerschaftswahl erhalten sollen.“

Grundsteuer: CDU nennt Verzögerung „nicht nachvollziehbar und fragwürdig“

Die geplante Änderung der festen Zahlungstermine bei der Grundsteuer von viertel- auf halbjährlich „irritiert zusätzlich“, so Kleibauer. Dressel hatte das damit begründet, dass diejenigen, für die es künftig teurer werde, mehr Zeit hätten, sich darauf einzustellen. Kleibauer hielt dem entgegen, der Finanzsenator solle „besser mit Hochdruck daran arbeiten, den zukünftigen Hebesatz vorzulegen und die Bescheide rechtzeitig zu erlassen“.

Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), lobte zunächst das vom Senat erarbeitete einfache Grundsteuer-Modell: „Hamburg zeigt, wie man eine komplexe Reform möglichst einfach umsetzen kann.“ Entscheidend sei, dass die neue Grundsteuer nicht zum Preistreiber für die Wohnkosten werde. „Kritisch sehen unsere Unternehmen, dass die Bescheide nun doch erst im Frühjahr kommenden Jahres verschickt werden sollen“, so Breitner. „Gerade für Wohnungsunternehmen stehen dann immer noch erhebliche Umsetzungsarbeiten an.“

Hamburg baut eine neue Ausbildungsakademie für Finanzamts-Nachwuchs

Finanzsenator Dressel hatte zudem eine umfangreiche Stärkung der Hamburger Steuerverwaltung angekündigt. Unter anderem soll die Norddeutsche Akademie für Finanzen und Steuerrecht (NoA) einen Neubau in der Straße Beim Pachthof nahe der Horner Rennbahn erhalten. Wie Ernst Stoll, Leiter der Steuerverwaltung, sagte, sollen dort bis zu 650 Nachwuchskräfte für die Finanzämter zeitgleich ausgebildet werden.

Außerdem will der Senat 126 Stellen in der Steuerverwaltung höher eingruppieren sowie die Möglichkeiten für Seiteneinsteiger und die Karriereperspektiven verbessern. Damit reagiert der Senat auch darauf, dass mit 70 Abgängen in andere Kommunen oder zu Steuerberaterkanzleien im vergangenen Jahr ein „Allzeithoch“ im negativen Sinn erreicht wurde. Rund vier Millionen Euro zusätzlich für drei Jahre lässt sich Senat diese Maßnahmen kosten.

Steuern Hamburg: Senat verbessert Bedingungen für Verwaltungsnachwuchs

„Unsere Steuerverwaltung hält diese Stadt und unser Gemeinwesen am Laufen“, begründete Finanzsenator Dressel die Schritte. Aufgrund der großen Zahl altersbedingter Abgänge habe man die Zahl der jährlich eingestellten Anwärter bereits auf durchschnittlich 250 ab dem Jahr 2019 gesteigert. „Das wird auch langfristig so bleiben.“

Lob gab es dafür von Dennis Paustian-Döscher: Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion in der Bürgerschaft hatte sich zusammen mit seinem SPD-Pendant Milan Pein für die Stärkung der Steuerverwaltung eingesetzt: Die nun angekündigten Reformschritte seien „ein Meilenstein“, sagte Paustian-Döscher. „Hamburg nimmt somit bei der Personalentwicklung bundesweit eine Vorreiterrolle ein.“