Hamburg. Viele Hamburger verdienen im offiziellen Ruhestand etwas dazu. Was sie beachten sollten, um die staatlichen Abgaben gering zu halten.

Die einen machen es aus Not, andere weil sie im Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels dringend gebraucht werden: Rentner sein und nebenbei arbeiten. Große Hamburger Arbeitgeber wie Lufthansa Technik, Airbus, Hochbahn oder Bäderland holen Senioren zurück.

Knapp 16.000 über 65-jährige Rentner gehen in Hamburg noch einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nach, ein Anstieg von rund 100 Prozent seit dem Herbst 2018. Doch rechnet sich das auch für die Rentner? Was ist mit Steuern und Sozialabgaben? Wer rutscht gar in die ungünstigste Steuerklasse VI? Wir geben einen Überblick.

Altersrente beziehen und weiterarbeiten – ist das unbegrenzt möglich?

Ja, seit Beginn des Jahres gibt es keine Einschränkungen mehr. Die Corona-Pandemie hat die Politik zu einem grundlegenden Wandel bewegt. Bis Ende 2019 galt zumindest für Frührentner eine Hinzuverdienstgrenze von 6300 Euro im Jahr. Alles, was darüber hinaus ging, wurde zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet.

Frührentner sind Personen, die vor Erreichen der Regelaltersrente mit Abschlägen in Rente gehen. Um Frührentner aus dem Gesundheitsbereich wieder zurück in den Job zu locken, wurde bereits 2020 die Freigrenze deutlich erhöht, die zudem nicht nur für medizinische Personal galt.

Seit Januar 2023 dürfen Frührentner unbegrenzt verdienen – zusätzlich zu ihrer Altersrente. Mit Erreichen der Regelaltersgrenze, die sich nach dem Geburtsjahrgang richtet, gab es auch bisher schon keine Verdienstgrenzen. Ab Jahrgang 1964 beträgt die Regelaltersgrenze 67 Jahre.

Rente beantragen und weiterarbeiten: Geht das so einfach?

In den meisten Tarif- und Arbeitsverträgen etwa im Tarifgebiet der IG Metall oder der IG Bergbau, Chemie, Energie ist festgeschrieben, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersrente automatisch endet. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt kann man in vollem Umfang weiterarbeiten.

Gleichzeitig kann man bereits eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen beziehen. Niemand muss dafür den Arbeitgeber um Erlaubnis fragen und eine Rente ist auch kein Kündigungsgrund. Wenn es eine Befristung im Arbeitsvertrag gibt, können beide Seiten den Vertrag über das Datum hinaus verlängern.

Für wen lohnt sich Rente und Gehalt?

In erster Linie lohnt es sich für langjährig Versicherte, die nach 35 Versicherungsjahren im Alter von 63 Jahren mit Abschlägen in Rente gehen. Immerhin können sich diese Abschläge je nach Geburtsjahr auf bis zu 14,4 Prozent summieren. Jeder vorgezogene Monat vor dem regulären Rentenbeginn kostet 0,3 Prozent Rente. Zum höheren Einkommen für eine Übergangszeit kommt später eine höhere Altersrente durch die zusätzlich gezahlten Beiträge.

„Ist das reguläre Rentenalter noch nicht erreicht, sind Rentner bei weiterer Beschäftigung neben dem Bezug einer vorgezogenen Altersrente weiterhin in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) pflichtversichert“, sagt Gundula Sennewald, Rentenexpertin der Deutschen Rentenversicherung Bund. Die so gezahlten Beiträge erhöhen die spätere Rente. Die Neuberechnung erfolgt mit Erreichen der regulären Altersgrenze, auch wenn die Beschäftigung bereits vorher endete.

Welchen Effekt hat das für die Rente?

Die Rentenexpertin rechnet das an zwei Beispielen vor: Wer noch zwei Jahre voll weiterarbeitet und 50.000 Euro brutto im Jahr verdiente, sammelte 2,52 Entgeltpunkte, was die monatliche Altersrente ab 2023 um 95 Euro im Monat erhöht. Wer nur 25.000 Euro im Jahr verdient, würde seine monatliche Rente um 47 Euro steigern.

Was ist, wenn ich schon die Regelaltersgrenze erreicht habe?

Dann kann der sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer wählen, ob er noch Beiträge in die GRV einzahlen möchte oder nicht. Möchte der Arbeitnehmer weiter Beiträge zahlen, so muss er „eine Erklärung über den Verzicht der Versicherungsfreiheit in der GRV bei dem Arbeitgeber abgeben“, sagt Sennewald. Der Effekt: Die so gezahlten Beiträge erhöhen jeweils zum 1. Juli des Folgejahres die Altersrente. Zusätzlich erhält der hinzukommende Rentenanteil einen Zuschlag von monatlich 0,5 Prozent ab regulärem Rentenalter bis zum Zeitpunkt der Neuberechnung. Das ist immer der 1. Juli eines Jahres.

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Wie wirken sich die Abgaben aus?

Unterm Strich muss der Rentner, der weiterarbeitet, mit einer deutlich höheren Abgabenbelastung rechnen. Denn für beide Einkommensarten werden Sozialbeiträge berechnet.

„Die Versicherungspflicht aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses bewirkt auch bei Rentenbeziehern, dass aus dem Arbeitsentgelt Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen sind – und zwar unabhängig davon, dass schon aus der Rente Beiträge entrichtet werden“, sagt Stefanie Kreis von der Landesvertretung Hamburg des Verbandes der Ersatzkassen. Durch den parallelen Bezug steigt auch die Steuerlast, da beide Einkommen addiert werden.

Wie sieht die Rechnung konkret aus?

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat die Abgabenbelastung des Hinzuverdienstes für Rentner in verschiedenen Szenarien berechnet.

„Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze liegt die Belastung des Arbeitseinkommens mit Sozialabgaben und Steuern bei einem Renteneinkommen von 15.000 Euro im Jahr und einem Hinzuverdienst von 25.000 Euro bei 38,4 Prozent“, sagt Studienautor Martin Beznoska. „Ohne Renteneinkommen würde die Belastung des Arbeitseinkommens nur bei 26,6 Prozent liegen.“

Allerdings hat der Rentner auch rund 15.400 Euro mehr netto im Jahr zur Verfügung. Aber rund 10.000 Euros seines zusätzlichen Einkommens werden von den Abgaben aufgezehrt.

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Bei einem Bruttoarbeitseinkommen von 100.000 Euro und 25.000 Euro Rente steigt die Abgabenbelastung auf 46 Prozent. „Bei Betrachtung des Nettoeinkommenseffekts sind die Arbeitsanreize demnach nicht besonders hoch, wenn die Entscheidung für einen vorzeitigen Rentenbezug grundsätzlich eine hohe Präferenz für Freizeit ausdrückt“, sagt Beznoska. Für viele Personen, die bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze mit Abschlägen aus dem Erwerbsleben ausscheiden und in geringem Maße weiterarbeiten möchten, bleibe vermutlich der Minijob die attraktivere Option.

Bei einem Ehepaar sinkt die Abgabenbelastung des Hinzuverdienstes auf 32,5 Prozent, der niedrigste Wert in allen Modellfällen. Grund ist die Zusammenveranlagung. Der Mann bezieht eine Rente von 15.000 Euro, die Frau von 10.000 Euro. Gleichzeitig arbeitet die Frau weiter und hat einen Jahresverdienst von 25.000 Euro. Zusammen hat der Haushalt fast 17.000 zusätzliches Nettoeinkommen im Jahr.

Auf was müssen Rentner als Arbeitnehmer noch achten?

In einigen Fällen kann es dazu kommen, dass das Arbeitseinkommen der Rentner nach Steuerklasse VI besteuert wird, die ungünstigste Variante, die es gibt. „Die Steuerklasse VI kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Rentner Altersrente von der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente von einem früheren Arbeitgeber und zusätzlich Einkommen aus einer Beschäftigung über 520 Euro monatlich bezieht“, sagt Jana Bauer, stellvertretende Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine.

Die Betriebsrente zählt als Einkommen aus der ersten Beschäftigung und fällt in die Steuerklasse I bis V, je nach Familienstand. Die weitere Beschäftigung fällt dann in die Steuerklasse VI. Allerdings hat der Rentner ein Wahlrecht. Er kann beim Finanzamt beantragen, dass die Betriebsrente nach Steuerklasse VI besteuert wird. Dann bleiben für das Arbeitseinkommen wieder die Steuerklassen I bis V.

Welche Abgaben werden auf das Arbeitseinkommen für den Rentner fällig?

9,3 Prozent Rentenbeitrag werden fällig – zumindest so lange, bis die Regelaltersgrenze erreicht ist. 7,0 Prozent Krankenkassenbeitrag plus die Hälfte des Zusatzbeitrages der jeweiligen Krankenkasse. Die sieben Prozent sind ein ermäßigter Satz, weil kein Anspruch auf Krankengeld besteht. In der Pflegeversicherung liegt der Arbeitnehmeranteil bei 2,3 Prozent für Kinderlose und bei 1,7 Prozent für Eltern mit einem Kind und Kindern über 25.

„In Einzelfällen werden Beitragsabschläge zu berücksichtigen sein, wenn der Altersrentner mindestens zwei Kinder hat, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“, sagt Kreis. 1,3 Prozent werden für den arbeitenden Rentner auch zur Arbeitslosenversicherung fällig. Das gilt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gibt es jedoch nicht.