Hamburg. Die maritime Branche blickt auf ein turbulentes Jahr zurück. Wie geht es 2024 für die Beschäftigten in Hamburg weiter? Die Umfrage.

Es war ein mehr als turbulentes Jahr für die maritime Wirtschaft in Hamburg – und im Zentrum des Geschehens stand natürlich der Hafen. Dass der Containerumschlag weiter kräftig absackte, war dabei eine Randnotiz. Für das größte Aufsehen 2023 sorgte eine kurzfristig einberufene Pressekonferenz Mitte September, auf der Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bekannt gab, dass der Senat die Schweizer Reederei MSC mit 49,9 Prozent am städtischen Hafenunternehmen HHLA beteiligen wolle. Ein Paukenschlag!

Hamburg verkauft wichtige Teile seines Hafens an ein ausländisches Unternehmen. Ein Geschäft, das viele Fragen aufwarf und weiterhin aufwirft. Vor allem die Beschäftigten der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) verlangen Antworten, denn sie fürchten – trotz des Ausschlusses von betriebsbedingten Kündigungen in den kommenden fünf Jahren – um ihre Jobs und Pfründe.

HHLA, Hapag-Lloyd und Maersk: Wie sicher sind die Jobs?

Mit mehreren Protestaktionen, die sogar zum zeitweisen Stillstand auf einem HHLA-Terminal führten, machte ein Teil der Belegschaft bereits auf sich aufmerksam. Weitere Kundgebungen und Demonstrationen sind nicht ausgeschlossen, auch wenn das Geschäft zwischen der Stadt Hamburg und MSC nicht mehr zu stoppen sein wird. Schließlich besitzen beide Partner bereits mehr als 90 Prozent der HHLA-Anteile, sodass sie die restlichen Aktionäre über ein so genanntes Squeeze-out-Verfahren zum Verkauf ihrer Aktien zwingen können.

Schaut man auf die offizielle Beschäftigtenprognose der HHLA für Hamburg, müssen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Stadt offensichtlich keine Sorgen um ihre Jobs machen. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben in Hamburg 3600 Beschäftigte – und diese Zahl soll 2024 auch gehalten werden. Es werden sogar neue Fachkräfte gesucht, wie aus der großen Arbeitsplatzumfrage des Abendblatts hervorgeht. Experten für Digitalisierung und Logistik sind bei der HHLA genauso willkommen wie Ingenieure. Aber welches Unternehmen sucht diese Spezialisten derzeit nicht?

Hapag-Lloyd und Maersk – zwei ungleiche Konkurrenten

Nicht nur die HHLA-Beschäftigten und -Eigentümer blicken auf ein ereignisreiches Jahr zurück. Auch für die Reedereien in der Stadt war 2023 herausfordernd. Hier fällt der erste Blick auf das Traditionsunternehmen Hapag-Lloyd. Im Jahr 2022 konnte das Top-Management am Ballindamm noch einen Rekordgewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 17,5 Milliarden Euro vermelden. Die Kombination aus knappen Kapazitäten auf den Weltmeeren und einer hohen Nachfrage nach Waren ließen die Frachtraten in die Höhe schnellen und führten zu goldenen Zeiten für Hapag-Lloyd.

Doch das Gold blättert langsam ab. Während Hapag-Lloyd in den ersten neun Monaten 2022 schon 14,2 Milliarden Euro verdient hatte, lag das Ebit im gleichen Zeitraum 2023 bei 2,76 Milliarden Euro. Sicherlich ist diese Entwicklung kein Grund zur Panik, sondern eher ein Zurück zum Normalzustand.

Hamburg Süd – nicht einmal der Name bleibt

Angst um ihre Arbeitsplätze müssen die Angestellten von Hapag-Lloyd aber nicht haben, glaubt man den Aussagen des Unternehmens. Denn auch die Reederei will die Zahl ihrer Beschäftigten in Hamburg 2024 konstant halten. Aktuell hat Hapag-Lloyd nach eigenen Angaben 2137 Beschäftigte in der Stadt, somit wurden gegenüber 2022 rund 150 Personen zusätzlich eingestellt. Gesucht werden derzeit vor allem Kaufleute mit Schwerpunkt Schifffahrt/Logistik, IT-Spezialisten, Datenanalysten, aber auch Personal auf hoher See.

Für größeres Aufsehen sorgte 2023 auch Hapag-Lloyd-Konkurrent Maersk. Dabei ging es aber nicht um gefallene Frachtraten und sinkende Gewinne. Im Mittelpunkt stand die 2017 von den Dänen gekaufte Reederei Hamburg Süd. Während es zu Beginn der Übernahme noch viele Versprechen über den Erhalt von Arbeitsplätzen, Standorten und Namen gab, ist davon 2023 nichts mehr übrig geblieben. Hamburg Süd verlor viele Jobs, musste die frisch sanierte Zentrale an der Willy-Brandt-Straße aufgeben – und inzwischen ist auch der über mehr als 150 Jahre so klangvolle Name Geschichte. Betriebswirte sprechen von Integration in den Maersk-Konzern und Synergien, die „gehoben“ werden sollen. Viele langjährige Angestellte und Weggefährten von Hamburg Süd sind fassungslos – oder einfach nur traurig.

Der Stellenabbau bei Maersk in Hamburg geht weiter

Wie es mit den Beschäftigten von Maersk (ehemals: Hamburg Süd) in der Hansestadt weitergeht? Zumindest für einen Teil von ihnen sieht es weniger gut aus. Denn aus der offiziellen Umfrage des Abendblatts bei Maersk geht hervor, dass das Unternehmen weiter beim Personal in der Stadt sparen wird. Schon in diesem Jahr zählte die Reederei in Hamburg mit 1300 Beschäftigten mehr als 300 weniger als 2022. Und für das kommende Jahr plant Maersk ebenfalls mit einem Stellenrückgang. Auch wenn jeder Arbeitsplatzverlust für den Standort Hamburg bitter ist, so hat sich Maersk zumindest in der Vergangenheit am Standort Hamburg recht großzügig bei Abfindungen und Auflösungsverträgen gezeigt. Ein schwacher Trost, aber immerhin …

Schon fast klein kommt bei den vielen angesprochenen Ereignissen im maritimen Jahr 2023 die noch sehr frische Nachricht der Hafenverwaltung HPA daher. Die Hamburg Port Authority mit Geschäftsführer Jens Meier an der Spitze wird umziehen. Und zwar nicht an irgendeinen Standort, in irgendein x-beliebiges Gebäude, sondern in die frühere Unilever-Zentrale am Strandkai in der HafenCity.

HHLA: Die Hafenverwaltung HPA zieht ins frühere Unilever-Haus

157 Millionen Euro lässt sich die HPA den Kauf des einstigen Öko-Vorzeigebaus kosten. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 hatten die Baukosten des futuristisch anmutenden Gebäudes noch 90 Millionen Euro betragen. Obgleich der Kaufpreis auf den ersten Blick relativ hoch zu sein mag, hat die HPA sogar Geld gespart. Denn eigentlich wollte die Hafenverwaltung ihre neue Zentrale am Lohsepark für mehr als 200 Millionen Euro errichten. Wegen Bauverzögerungen nahm man von diesem Projekt aber Abstand.

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Offensichtlich will die HPA auch alle Arbeitnehmer in das neue Hauptquartier am Strandkai mitnehmen. Denn aus der Antwort auf die Umfrage des Abendblatts geht hervor, dass die aktuelle Beschäftigtenzahl von 1850 im kommenden Jahr sogar erhöht werden soll. Es wird also eingestellt. Ganz oben auf der Wunschliste des Arbeitgebers HP: IT-Spezialisten und Ingenieure. Der Kampf um diese Fachkräfte wird in Hamburg immer härter – nicht nur in der maritimen Branche.