Hamburg. Was Experten aus der Stadt zu dem Hype sagen, wie die Digitalwährung genau funktioniert – und wo man damit bezahlen kann.

Mit einem Plus von rund 20 Prozent für den Deutschen Aktienindex (DAX) war 2023 ein ziemlich gutes Börsenjahr. Eher ungewöhnlich ist, dass sich in einem solchen Jahr auch Gold um fast 13 Prozent verteuert. Aber der Kurs der Digitalwährung Bitcoin stellt all dies weit in den Schatten: Er hat seit Jahresbeginn um etwa 165 Prozent auf derzeit knapp 44.000 Dollar zugelegt.

Und wenn es nach den Analysten der Standard Chartered Bank geht, dann ist die rasante Aufwärtsbewegung noch längst nicht am Ende: Die Prognose lautet auf einen Kurs von 100.000 Dollar in zwölf Monaten. Der US-Risikokapitalinvestor Tim Draper traut dem Bitcoin gar 250.000 Dollar bis Ende 2024 zu.

Muss man sich als Anleger also nun auch mit dem Thema der sogenannten Kryptowährungen beschäftigen, um derartige Renditechancen nicht auszulassen? Von seinen Kunden werde „vergleichsweise wenig darüber gesprochen“, berichtet Bernd Schimmer, Chef-Anlagestratege der Haspa. Bitcoin & Co. seien eher bei einer Klientel gefragt, „die etwas spekulativer unterwegs ist – und hoffentlich auch weiß, was sie tut“, so Schimmer.

Bitcoin als Geldanlage kaufen? Haspa-Experte sieht „keinen belastbaren Bewertungsmaßstab“

Einige Kollegen von ihm nehmen inzwischen für zwei bis drei Prozent eines Gesamtportfolios solche Digitalwährungen mit auf. „Ich tue das nicht“, sagt Schimmer. Seine Begründung: „Es gibt keinen auch nur ansatzweise belastbaren Bewertungsmaßstab. Da ist nichts, was mir einen Anhaltspunkt dafür gibt, ob ein Bitcoin nun 60.000 Dollar wert sein müsste oder ob er schlicht nichts anderes ist als aneinandergereihte Nullen und Einsen in einem Computer.“

Möglich sei für ihn daher fast alles, meint der Kapitalmarktexperte: „Der Bitcoin-Kurs kann sich nächstes Jahr verdoppeln, er kann dann aber auch nur noch die Hälfte wert sein.“ In diesem Zusammenhang sollte man sich in Erinnerung rufen, dass der Bitcoin trotz des zuletzt beeindruckenden Laufs noch immer weit unter seinem Höchststand von fast 68.800 Dollar vom November 2021 notiert. Genau ein Jahr später jedoch wurde er nur noch mit weniger als 17.000 Dollar bewertet.

Auch Verbraucherschützer sehen die Digitalwährungen durchaus kritisch. „Ab und zu kommen Kryptos in der Beratung vor“, sagt Sandra Klug, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Ihr Rat: „Grundsätzlich sollten nur diejenigen in Kryptowährungen investieren, die das Geld als Spielgeld übrig haben. Es ist hoch riskant.“ Auch sei es sinnvoll, das System zu verstehen und sich intensiv damit zu beschäftigen, so Klug, denn: „Es lauern einige Gefahren. Altersvorsorge ist es auf gar keinen Fall.“

Bitcoin: Wie Privatpersonen die virtuelle Währung kaufen können

Ohne eine eingehende Beschäftigung mit den Mechanismen des Kryptomarktes ist es schon gar nicht möglich, überhaupt Bitcoins oder eine der mehr als 8000 anderen virtuellen Währungen kaufen zu können. Gerade erst im November hat die Commerzbank als erste Universalbank in Deutschland von der Finanzaufsichtsbehörde BaFin eine Lizenz erhalten, um digitale Wertpapiere aus dem Bereich der Kryptowährungen zu verwahren. Allerdings will man dies zunächst nur institutionellen Kunden und nicht den Privatkunden anbieten.

Hamburger, die in diesen Markt investieren wollen, können also nicht ohne Weiteres ihren Bankberater bitten, für sie Bitcoin, Ethereum, Tether oder Ripple zu kaufen. Zwar gibt es börsennotierte Wertpapiere (ETCs oder ETNs), die die Kursentwickung einer Kryptowährung nachbilden, aber dabei handelt es sich um Schuldverschreibungen, die bei einer Insolvenz des Emittenten verloren sein können.

Ein deutscher Handelsplatz für einige der wichtigsten Digitalwährungen ist Bitcoin.de mit rund einer Million Nutzern. Anders als bei manchen ausländischen Kryptobörsen, die völlig unreguliert sind, steht hinter Bitcoin.de die von der BaFin lizenzierte Futurum Bank. Um über den Marktplatz kaufen und verkaufen zu können, muss man per Videoident-Verfahren ein Kundenkonto eröffnen und außerdem mittels einer Sofortüberweisung eines Centbetrages über Klarna belegen, dass ein Referenzkonto existiert.

Bitcoin-Besitz birgt auch technische Risiken

Dann kann es losgehen, wobei Bitcoin.de eine Handelsgebühr von 0,5 Prozent erhebt. Der potenzielle Käufer sieht auf der Internetseite eine lange Reihe von Angeboten von verschiedenen Verkäufern in einer breiten Spanne unterschiedlicher Teilmengen der gewünschten Währung, manche davon im Wert von deutlich unter 100 Euro. Nun stellt sich noch die Frage: Wohin mit den gekauften Bitcoin-Bruchteilen?

„Aufbewahrt“ werden sie immer in einer sogenannten Wallet (englisches Wort für: Geldbörse) – wobei man verstehen muss, dass der Eigentümer immer nur eine Verfügungsberechtigung, einen Schlüssel in Form eines Passworts, besitzt, die eigentliche Währung ist schließlich virtuell. Sie existiert nicht an einem bestimmten Speicherort, sondern in einem auf unzählige Computer verteilten Softwarelabyrinth namens Blockchain.

Jeder Krypto-Handelsplatz bietet auch eine Wallet für diesen Schlüssel an. „Doch Börsen können gehackt werden, ihr digitales Vermögen wäre dann womöglich verloren“, erklärt die Hamburger Hanseatic Bank und rät, für die Wallet Datenträger zu nutzen, „die nicht mit dem Internet verbunden sind, zum Beispiel USB-Sticks“. Solche speziellen Wallet-Speichersticks, auch Cold-Wallets genannt, und die zugehörige Software kosten in der Regel zwischen 60 und etwa 200 Euro.

Wie die Bezahlung mit dem Bitcoin an einer Kasse erfolgt

Zwar nennt man den Bitcoin eine Währung. Aber tatsächlich bezahlen kann man damit in Hamburg nur an wenigen Stellen. Unter anderem geht das beim Lieferdienst „Die Pizzabäckerei“ in Eilbek, beim Uhren- und Schmuckhändler Uhrzeit.org in der Altstadt, im Küchenladen Ottensen, beim Wandsbeker Schlüsseldienst TecMaWi, in der Absinth Bar in der Schanzenstraße oder in der Vagueira Tapas Bar in der Langen Reihe. Eine (nicht unbedingt vollständige) Übersicht der Akzeptanzstellen findet sich auf Coinmap.org oder auf Btcmap.org.

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Will man dort an der Kasse mit Bitcoin bezahlen, bringt der Speicherstick aber nichts. Dazu muss vorher ein gewünschter Teilbetrag auf eine sogenannte Hot-Wallet, eine mit dem Internet verbundene Smartphone-App, übertragen werden. Die Zahlung erfolgt dann ganz einfach, indem man einen QR-Code mit der Handykamera scannt und die Transaktion in der App freigibt.

Während in Deutschland nur an wenigen Stellen ein Produkt oder eine Dienstleistung auf diese Weise gekauft werden kann, ist das in Ländern wie Argentinien, Nigeria, Pakistan oder in der Türkei schon sehr viel verbreiteter. Wohl nicht zufällig gehören diese Staaten auch zu denen mit den höchsten Inflationsraten – der Bitcoin hat sich deshalb dort zu einer Art Zweitwährung entwickelt.