Hamburg. Das Edelmetall kletterte Anfang der Woche auf einen Rekordpreis. Warum sich der Trend In den nächsten Wochen fortsetzen könnte.
Nachdem man mit verzinslichen Anlagen nun wieder mehr Geld verdienen kann, als die Inflation auffrisst, ist Gold für so manchen Privatinvestor ein wenig in den Hintergrund gerückt. Dennoch hat der Goldpreis am Montag mit 2138,46 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) ein neues Allzeithoch erreicht – und es gibt Experten, die Potenzial für weitere Steigerungen sehen.
„Wir veranschlagen den Goldpreis zum Jahresende 2024 auf 2200 Dollar“, sagt Carsten Mumm, Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel mit Sitz in Hamburg und München. Das wäre immerhin ein Plus von gut neun Prozent, denn nach dem Sprung auf den Höchststand ist die Notierung am Dienstag auf rund 2013 Dollar zurückgefallen. „Für einen weiteren Anstieg sehen wir drei Gründe“, erläutert Mumm: „Die tendenziell fallenden Zinsen, einen voraussichtlich schwächeren US-Dollar, der das Gold für Nachfrager aus dem Nicht-Dollarraum günstiger macht, und anhaltende Käufe durch die Notenbanken. Sie halten den größten Teil ihrer Reserven in Dollar, wollen sie aber gern etwas breiter aufstellen.“
Aber auch ganz kurzfristig gibt es Gewinnchancen, wie man beim Hamburger Privatbankhaus Berenberg glaubt: „Üblicherweise gibt es beim Gold eine ‚Weihnachts-Rally‘“. Im Zeitraum von 2019 bis 2022 habe der Preis des Edelmetalls in den letzten Wochen des Jahres im Schnitt um jeweils 3,7 Prozent zugelegt.
Gold kaufen: Für viele Anleger ist es ein „Krisenmetall“
„Normalerweise profitiert Gold immer von einem Ansteigen der Inflationsrate, aber die ist aktuell ja auf dem Rückzug“, sagt Bernd Schimmer, der Chef-Investment-Stratege der Hamburger Sparkasse (Haspa). „Der Grund für die Aufwärtsbewegung bis auf ein neues Allzeithoch dürfte der jüngste Rückgang der Kapitalmarktzinsen sein. Denn die sind der Vorteilhaftigkeitsmaßstab schlechthin für alle Anlagen.“ Was Schimmer meint: Wenn die Renditen zum Beispiel von Staatsanleihen sinken, dann verliert der Nachteil des Goldes, keine Verzinsung zu bieten, relativ gesehen etwas weiter an Bedeutung.
Nur, so Schimmer: „Ein Großteil der Zinssenkungserwartungen am Markt dürfte inzwischen im Goldpreis enthalten sein.“ Ein anderes Motiv für ein Investment in das gelbe Metall bleibt nach Auffassung des Experten aber bestehen: „Wir leben geopolitisch gesehen in ungeordneten Zeiten. In solchen Phasen greift man nach Gold, das als ‚Krisenmetall‘ gilt.“ Auch Schimmer weist zudem auf die veränderte Einkaufspolitik der Notenbanken weltweit hin: „Im Zuge der in Gang gekommenen geopolitischen Neuausrichtung will man in verschiedenen Ländern die Abhängigkeit vom Dollar reduzieren und erhöht den Anteil des Goldes an den Reserven der Notenbanken.“
Noch etwas zuversichtlicher für den Goldpreis als Casten Mumm von Donner & Reuschel ist Björn Jesch, Anlagechef des zur Deutschen Bank gehörenden Fondshauses DWS. Sein Kursziel für die Feinunze per Ende 2024 lautet 2250 Dollar. Gold habe als Risikobegrenzer und auch als Renditebringer seine Berechtigung im Portfolio, meint Jesch.
Gold kann man auch in verbriefter Form kaufen – sogar per Sparplan
In welcher Form man in Gold investieren sollte, hängt nach Auffassung von Schimmer von den persönlichen Präferenzen ab. „Wer das Metall eher als ‚eiserne Reserve‘ versteht und nicht so sehr als reines Anlageobjekt, wird sich für Barren oder Münzen entscheiden.“ Allerdings seien damit Kosten für die sichere Unterbringung, meist in einem Bankschließfach, verbunden. Zum Jahresbeginn 2023 hatte die Haspa die Gebühren für ihre Schließfächer heraufgesetzt. Das günstigste kostet seitdem 69 Euro pro Jahr, vorher waren es lange Zeit 49 Euro.
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„Es macht Sinn, in Gold in verbriefter Form zu investieren“, sagt Mumm. „Da bieten sich Gold-ETCs an, die kostengünstig wie ein Wertpapier an der Börse gekauft und verkauft werden können.“ Auf diese Weise kann man auf Veränderungen am Markt kurzfristig reagieren, was mit Barren oder Münzen kaum möglich ist – und außerdem ist dabei die Spanne zwischen Kauf- und Verkaufspreisen vergleichsweise hoch, sodass ein Gewinn unter dem Strich erst bei einem recht deutlichen Anstieg des an den Edelmetallbörsen abzulesenden Marktpreises realisiert werden kann.
Gold oder Bitcoin kaufen? Digitalwährung hat die Nase vorn
„Man sollte darauf achten, dass der ETC mit Gold in physischer Form hinterlegt ist“, rät Mumm – es werden auch Zertifikate angeboten, bei denen das nicht der Fall ist. Sogar Sparpläne sind mit Gold-ETCs möglich. „Wem das wichtig ist, der kann Gold natürlich auch in Form von Barren oder Münzen kaufen“, so Mumm. „Das ist im Hinblick auf die Handhabung aber deutlich umständlicher.“
Speziell in Deutschland sei das Interesse an Gold derzeit hoch, da die Unsicherheit über die Energieversorgung sowie über die weitere Haushaltspolitik der Bundesregierung zugenommen habe, sagt Önder Çiftçi, Gründer und Chef des Edelmetallhändlers Ophirum. „Wenn man so will, hat auch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts Auswirkungen auf die Goldnachfrage“, so der Edelmetallexperte.
Blickt man auf die Zwölfmonatsentwicklung, wird das traditionelle Anlagegut Gold mit einem Plus von knapp 14 Prozent allerdings durch eines der modernsten weit in den Schatten gestellt: Die Digitalwährung Bitcoin legte im gleichen Zeitraum um 142 Prozent zu.