Hamburg. Hamburgs traditionsreicher Wirtschaftsverein stellt sich neu auf. Er will sich weiteren Zielgruppen öffnen. Exklusiv: alle Details.

Am 29. Dezember dieses Jahres wird zum letzten Mal die „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ (VEEK) in der Handelskammer stattfinden. Damit endet eine mehrere Jahrhunderte alte Tradition.

Zwar wird die bedeutende Veranstaltung nicht abgeschafft. Auch künftig werden Hamburgs Wirtschaftseliten und der Senat kurz vor der Jahreswende zur sogenannten Jahresschluss-Lese zusammenkommen. Sie wird nur künftig unter einem anderen Namen stattfinden. Denn der gleichnamige Wirtschaftsverein, der die Traditionssitzung ausrichtet, wird seinen Namen ändern und firmiert künftig unter der „Versammlung Ehrbarer Kaufleute zu Hamburg“. Die Namensänderung tritt im Februar 2024 in Kraft.

„Die Zeiten haben sich geändert. Somit müssen wir uns ebenso wandeln, wenn wir auch künftig die Menschen für unsere Arbeit begeistern wollen“, sagt Jochen Spethmann, neuer Vorsitzender der VEEK, bei einem Treffen mit dem Abendblatt. Er hatte Gunter Mengers zum Jahreswechsel abgelöst, der den engeren Vorstand nach neun Jahren satzungsgemäß verlassen hat.

Der „Ehrbare Kaufmann zu Hamburg“ will nicht mehr so heißen

Vor allem das allgemeine Image, der Verein würde nur von sogenannten „Pfeffersäcken“ geführt, wolle man abschütteln. Namensabkürzung und Logo des Vereins blieben aber gleich. „Wir wollen ja nicht alles über Bord werfen.“ Das ist hanseatisches Understatement, denn zurzeit wandelt sich beim Ehrbaren Kaufmann, der rund 1200 Mitglieder zählt, einiges.

Sichtbar wird das schon am Vorstand des Wirtschaftsvereins, den es seit mehr als 500 Jahren gibt. „Erstmals ist er jetzt mit gleich vielen Männern wie Frauen besetzt“, sagt Spethmann. Und noch etwas fällt bei näherer Betrachtung des Personaltableaus auf: In der VEEK engagieren sich nicht mehr nur reine Kaufleute.

So gehört mit Nataly Bombeck beispielsweise nun eine Kulturschaffende dem engeren Vorstand der VEEK an. Bombeck ist Geschäftsführerin der Stiftung Elbphilharmonie. „Wir waren bisher sehr traditionell unterwegs, wollen uns aber auch für andere Branchen öffnen. Zum Beispiel wird auch in der Kultur gewirtschaftet“, sagt Spethmann.

VEEK will Ehrbarkeit noch mehr in den Mittelpunkt stellen

Mit Ulrike Riedel ist zudem eine Hafenmanagerin in den erweiterten Vorstand eingezogen. Sie ist Arbeitsdirektorin der BLG (früher Bremer Lagerhaus-Gesellschaft). Neu im Führungsgremium sind auch der scheidende Flughafen-Geschäftsführer Michael Eggenschwiler und der ehemalige Geschäftsführer der Handelskammer, Ulrich Bremer, der heute ein Softwarehaus leitet.

Neben dem Personal erneuert sich die VEEK auch ihrem Auftrag. „Wir wollen die Ehrbarkeit mehr zum Mittelpunkt unseres Wirkens machen und auch nach außen die Stimme der Ehrbarkeit werden“, sagt Spethmann. Ziel sei die Vision 2030, mit der der Verein die Stimme der Ehrbarkeit in Deutschland werden wolle.

Dazu wird die Satzung geändert: Hieß es unter dem Vereinszweck bisher noch „Der Verein tritt dafür ein, dass im Rahmen der jeweils gültigen Gesetze die im Geschäftsverkehr allgemein anerkannten ethischen Grundsätze und das Prinzip von Treu und Glauben beachtet werden“, so lautet er künftig: „Nicht alles, was erlaubt ist, ist ehrbar. Ehrbare Kaufleute berücksichtigen geltende Gesetze und übergreifende Normen und verzichten auf das opportunistische Ausnutzen von möglichen Lücken.“

VEEK: Auch der Umweltgedanke tritt hervor

Auch der Umweltgedanke tritt stärker in den Vordergrund. So lautet eine der künftigen Leitlinien: „Ehrbares verhalten und Handeln berücksichtigt die Interessen Dritter und wägt die Einflüsse seiner oder ihrer Aktivitäten auf die Gesellschaft und die Umwelt ab.“ Um jüngere Unternehmer für den Verein zu gewinnen, wurde unter dem Namen „VEEK und jetzt mal ehrlich!“ eine Podcast-Serie zur Ehrbarkeit entwickelt. Auch ein Nachwuchswettbewerb ist geplant.

Vorgesehen sind künftig auch Besuche bei Mitgliedsunternehmen, Museumsbesuche und weitere Stammtischsitzungen mit Kurzvorträgen. „Bisher haben nur ein bis zwei Prozent unserer Mitglieder einen Migrationshintergrund. Auch das wollen wir aufbrechen“, so Spethmann. Schließlich soll die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, wie Frauenorganisationen, intensiviert werden.

Mehr zu aktuellen Wirtschaftsthemen

Was aber passiert, wenn ein Mitglied gegen die Grundsätze des Vereins verstößt? In der jüngeren Vergangenheit wurden Betroffene aus dem Verein einfach ausgeschlossen. „Es hat einzelne Fälle gegeben, auf die das zutraf. Dabei haben wir aber festgestellt, dass es juristisch nicht einfach ist, jemanden zum Austritt zu zwingen, zumal Verstöße gegen die Ehrbarkeit in der Regel nicht öffentlich passieren“, sagt Vorstandschef Spethmann. „Deshalb wollen wir als neue Möglichkeit der Ahndung auch eine ruhende Mitgliedschaft einführen.“