Hamburg. Wenn die Heizung ab 2024 ausgetauscht werden muss, stehen Hausbesitzer vor schwierigen und teuren Entscheidungen. Wichtige Tipps.
Der Start des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), besser bekannt als Heizungsgesetz, rückt näher. Wenn im nächsten Jahr die Heizung kaputt geht und nicht repariert werden kann, stehen Hausbesitzer vor schwierigen und teuren Entscheidungen. Wie verträgt sich das GEG mit dem Hamburger Klimaschutzgesetz? Kann ich 2024 noch eine Gasheizung neu installieren? Wie wirkt sich das neue Gesetz auf bestehende Heizungen aus? Das Abendblatt gibt einen Überblick.
Tipps: Kann ich in Hamburg ab 2024 noch eine Gasheizung einbauen?
In der Tat gibt es mit dem ab Januar 2024 geltenden Heizungsgesetz für Bestandsbauten und sogar für Neubauten in sogenannten Lückenschließungen ein mehrjähriges Zeitfenster, in dem das möglich ist. „In der Übergangszeit zwischen Anfang 2024 und dem Zeitpunkt, an dem die Wärmeplanung der jeweiligen Kommune greift, dürfen neue Heizungen mit fossilen Brennstoffen noch eingebaut werden“, bestätigt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Solange für Hamburg also noch keine Wärmeplanung vorliegt, die zeigt, ob ein Anschluss an die Fernwärme möglich ist, kann noch eine ganz konventionelle Gasheizung installiert werden.
Allerdings beharrt die Hamburger Umweltbehörde darauf, dass die bisher schon geltende Verpflichtung aus dem Hamburger Klimaschutzgesetz, eine neu eingebaute Gasheizung mit mindestens 15 Prozent erneuerbarer Energie zu betreiben, weiterhin gilt. Und zwar bis zum Vorliegen der Wärmeplanung. Eigentlich ist es so, dass Bundesrecht das Landesrecht bricht. Am Ende müsste diese Frage von Gerichten geklärt werden. Die Lösung für Hamburg: Es gibt Gastarife mit 15 Prozent Biogasanteil, oder man müsste zusätzlich eine Solarthermieanlage auf dem Dach installieren.
Hat das GEG Auswirkungen auf eine bestehende Gas- oder Ölheizung?
Das Heizungsgesetz regelt nur den Einsatz neuer Heizungen ab dem Jahr 2024. „Bestehende Heizungen können weiter betrieben werden, und kaputte Heizungen können weiterhin repariert werden“, so das BMWK. Heizungen, die vor 2024 eingebaut werden, können noch bis spätestens 31. Dezember 2044 mit bis zu 100 Prozent fossilem Erdgas betrieben werden. Für Hamburg gilt das allerdings nur für Heizungen, die – wegen der Auflage von 15 Prozent erneuerbarer Energie – vor dem 1. Juli 2021 eingebaut wurden.
Wann wird Hamburg seine Wärmeplanung vorlegen?
Das Heizungsgesetz verlangt von Städten wie Hamburg, diese Wärmeplanung bis Mitte 2026 vorzulegen. Kleinere Städte (weniger als 100.000 Einwohner) im Hamburger Umland haben bis Mitte 2028 dafür Zeit. Noch im Sommer 2023 lehnte sich der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan weit aus dem Fenster und versprach, „dass jeder Haus- und Wohnungsbesitzer die gewünschte Klarheit im Jahr 2024 bekommt“. Jetzt sagt eine Sprecherin der Umweltbehörde auf Nachfrage: „Wir werden die Wärmeplanung fristgerecht vorlegen und noch vor der vom Bund gesetzten Frist (Mitte 2026) relevante Zwischenergebnisse, die dann in der Öffentlichkeit diskutiert werden.“ Kerstans Sprecherin begründet den neuen Zeitplan mit den Veränderungen, die es seit dem Sommer am Heizungsgesetz gegeben habe. Das verlange zusätzliche Abstimmungsprozesse zwischen den Beteiligten.
Tipps fürs Heizen: Warum ist der Zeitpunkt der Wärmeplanung so wichtig?
Wenn eine Wärmeplanung in einer Kommune vorliegt, greift das Heizungsgesetz für die Bestandsbauten erst richtig. Ab diesem Zeitpunkt, also in Hamburg spätestens ab dem 1. Juli 2026, dürfen neue Heizungen nur noch eingebaut werden, wenn sie zu 65 Prozent mit regenerativen Energien betrieben werden. Das wären eine elektrische Wärmepumpe, in sehr gut gedämmten Gebäuden auch eine Stromdirektheizung, die Kombination einer Wärmepumpe mit einer Gasheizung, eine Pelletheizung oder Gasheizung auf der Basis von Biomethan oder Wasserstoff. Oder es besteht die Möglichkeit des Anschlusses an ein Fernwärmenetz. Nach Vertragsabschluss mit dem künftigen Fernwärmelieferanten verbleibt eine Frist von zehn Jahren, bis der Anschluss an die Fernwärme umgesetzt sein muss. Bis dahin kann auch noch eine Gasheizung eingebaut und betrieben werden.
Was muss ich beachten, wenn ich mich nach 2024 noch für eine Gasheizung entscheide?
Es gibt eine ganze Reihe von Risiken. Erdgas wird allein durch den steigenden CO2-Preis immer teurer. Der beträgt in diesem Jahr 30 Euro je Tonne und steigt bis 2026 auf 65 Euro je Tonne. Bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) Gas führt allein diese Abgabe dann zu einer zusätzlichen Belastung von rund 310 Euro im Jahr 2026. Danach bestimmt die EU den CO2-Preis. „In den kommenden Jahren wird das Heizen mit Gas und Öl nicht nur durch die CO2-Abgabe kontinuierlich teurer“, sagt Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie bei Check24. „
Wir rechnen damit, dass fossile Brennstoffe in Zukunft insgesamt teurer werden.“ Außerdem gibt es bei ab 2024 eingebauten Gasheizungen eine Pflicht, klimaneutrale Gase beizumischen. „Solche Gasheizungen müssen, sofern das Gebäude nach Abschluss der Wärmeplanung nicht an ein Wärme- oder Wasserstoffnetz angeschlossen werden kann, ab 2029 steigende Anteile von Biomasse, zum Beispiel Biomethan, oder grünem oder blauem Wasserstoff nutzen“, sagt eine BMWK-Sprecherin. Von 2029 an sind das 15 Prozent, von 2035 an 30 Prozent und von 2040 an 60 Prozent.
Tipps für Tarife: Lassen sich diese Forderungen überhaupt verwirklichen?
Es gibt bereits Erdgastarife mit einem Anteil von 15 Prozent Biomethan, sie kosten – etwa bei Vattenfall – rund 10 Cent pro kWh. Auch Hamburg Energie hat einen Tarif mit 15 Prozent Anteil an Biogas. Ob sich das bei Hamburg Energie in den nächsten Jahren noch steigern lässt, ist derzeit offen. Der Hamburger Öko-Versorger Lichtblick kündigt an, schon im nächsten Jahr zwei Tarife mit 65 Prozent und mit 100 Prozent Biogas anzubieten. Ein Problem können allerdings die Kosten sein, denn ein Tarif mit 30 Prozent Biogas kostet jetzt laut Check24 bereits 15 Cent pro kWh, rund 50 Prozent mehr als normale Tarife. Eher unrealistisch ist es dagegen, diese Auflagen mit grünem oder blauem Wasserstoff erfüllen zu können.
Können Gasheizungen Biogas oder Wasserstoff überhaupt verbrennen?
„Unsere aktuellen Gas-Brennwert-Wärmeerzeuger können bereits heute mit 100 Prozent Biomethan oder 100 Prozent Bioflüssiggas betrieben werden“, sagt ein Sprecher von Buderus. Auch bei Viessmann heißt es, dass die Beimischung von 60 Prozent Bioerdgas jederzeit möglich ist. Wasserstoff können die Heizungen der beiden Hersteller heute schon mit bis zu 20 Prozent verbrennen. Bei Viessmann können die Geräte aber auch für einen höheren Wasserstoff-Anteil umgerüstet werden. Allerdings sei 60 Prozent Wasserstoffanteil im Erdgasnetz sicher kein wahrscheinliches Szenario, sagt eine Sprecherin von Viessmann.
Buderus plant, die ersten 100 Prozent Wasserstoff-ready-Gas-Wärmeerzeuger ab 2028 in Serie einzuführen. Dabei sind sie aber in einem ersten Schritt nur für den Betrieb von einer Beimischung von 20 Prozent Wasserstoff ausgelegt, können aber für einen höheren Anteil nachgerüstet werden. Die Geräte von Buderus, die jetzt schon 20 Prozent Wasserstoff verbrennen können, sind nicht auf 100 Prozent Wasserstoff umstellbar. Wenn also Gas-Brennwert-Heizungen als Wasserstoff-ready beworben werden, sollten Verbraucher genau nachfragen, was das bedeutet. Hersteller Vaillant sah sich nicht in der Lage bis Redaktionsschluss auf die Fragen des Abendblatts zu antworten.
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Was muss man noch beachten, wenn man wieder eine Gasheizung installieren will?
Das GEG schreibt eine Zwangsberatung vor dem Kauf vor. „Diese Beratung soll auf die wirtschaftlichen Risiken hinsichtlich steigender CO2-Preise für fossile Brennstoffe hinweisen und auch Alternativen, etwa auf der Grundlage der anstehenden Wärmeplanung, in Betracht ziehen“, sagt die Sprecherin des BMWK. Aus Sicht der Hamburger Umweltbehörde birgt auch der stufenweise ansteigende verpflichtende Bezug von Biomethan oder Wasserstoff Kostenrisiken.
Neue Heizung: Wer bietet dazu Beratung in Hamburg an?
Die Sprecherin der Hamburger Umweltbehörde sagt dazu: „Berechtigt sind Schornsteinfeger, Installateure und Heizungsbauer, Kälteanlagenbauer, Ofen- und Luftheizungsbauer, Elektrotechniker, Energieberater, die auf der Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bunds stehen, und Personen, die zur Ausstellung eines Energieausweises berechtigt sind.“ Zurzeit befinde man sich in Klärung, ob auch eine Beratung der Hamburger Energielotsen, die auf der Expertenliste gelistet sind, ausreichend ist, um diese Pflicht nachzuweisen.
Tipps für Hamburger: Ist eine neue Gasheizung noch sinnvoll?
Mit Blick auf die Zukunft macht es wenig Sinn, erneut eine Gasheizung einzubauen, wenn das Ende der fossilen Energieträger eingeläutet ist. Aber wenn die Nutzungsdauer des Hauses durch den Besitzer absehbar ist, kann die Gasheizung eine Option sein. Bis zum Jahr 2035 ist es kein Problem, die Auflagen aus dem Heizungsgesetz zu erfüllen. Erst ab diesem Zeitpunkt müssten 30 Prozent Biomethan beigemischt werden. Auch mit Blick auf einen späteren Fernwärmeanschluss kann die Gasheizung als Übergangslösung sinnvoll sein, weil sie nur gut ein Drittel im Vergleich zu einer Wärmepumpe kostet.
Und wie unterscheiden sich die laufenden Kosten?
Angenommen das Haus benötigt 15.000 kWh Erdgas. Mit der Gasheizung liegen die Heizkosten damit bei rund 1400 Euro im Jahr. Die Wärmepumpe verbraucht 5000 kWh Strom und kostet 1325 im Jahr. Der Kostenvorteil ist überschaubar. Zwar wird vor steigenden Gaspreisen gewarnt, aber bisher gibt es auch keine Anzeichen, dass der Strompreis in den nächsten Jahren deutlich günstiger wird.