Hamburg. Die Gründerinnen von Ohne Gedöns in Volksdorf starten eine Crowdfunding-Kampagne. Es ist die letzte Chance, um ihr Herzensprojekt zu retten.
Dass es in Volksdorf noch einen Unverpacktladen gibt, hat viel mit Leidenschaft, Durchhaltewillen und Extraarbeit zu tun. Vor sechs Jahren haben Maren Schöning (50) und Peymaneh Nottbohm (48) Ohne Gedöns gestartet. Nachdem das nachhaltige Geschäftsmodell ohne Verpackungsmüll im Norden Hamburgs anfangs gut angelaufen war, kämpfen die Gründerinnen inzwischen um das Überleben ihres Herzensprojekts. „Die Lage ist prekär“, sagt Schöning.
Deshalb haben die Unverpackt-Händlerinnen jetzt eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen. Von diesem Dienstag (14. November) an ist die Unterstützungsaktion auf der Plattform Startnext freigeschaltet. Ein konkretes Ziel gibt es nicht. „Aber“, so Maren Schöning, „wir brauchen schnell 20.000 bis 25.000 Euro, sonst müssen wir schließen.“
Unverpacktladen in Hamburg-Volksdorf macht 30 Prozent weniger Umsatz als vor Corona
Das Geld soll für regionale Werbung verwendet werden, um neue Kunden zu gewinnen. Auch das Sortiment wollen die Einzelhändlerinnen erweitern und den Online-Shop weiter ausbauen. „Es ist die letzte Chance“, so die Mutter von drei Teenager-Kindern.
Schon während der Corona-Pandemie haben sie weniger verkauft. Auch danach kamen viele Kunden nicht zurück. Krieg und Krisen, vor allem die gestiegenen Preise im Lebensmittelhandel ließen die Umsätze in dem kleinen Geschäft einbrechen.
„Wir haben immer noch ein Minus von 30 Prozent im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit“, sagt Maren Schöning. Kamen damals an dem wichtigen Verkaufstag Sonnabend schon mal 150 Menschen in den Laden, seien es jetzt gerade mal 80 bis 90. „Und das sind die guten Tage.“
Die beiden Unternehmerinnen haben schon vieles versucht. Unter anderem haben sie einen Kunden-Club initiiert, über den Mitglieder niedrigere Preise bekommen. Sie haben das Sortiment ausgebaut und neue Produkte eingeführt. Erst im Sommer wurde das Ladenlokal am Kattjahren umgebaut.
Aber es reicht nicht. Inzwischen mussten sie die Schichten ihrer drei Aushilfen und in der Folge die Öffnungszeiten kürzen. Morgens macht Ohne Gedöns jetzt erst um 10 Uhr auf, abends schon um 18 Uhr zu. „Wir haben auch privates Geld nachgeschossen“, sagt Maren Schöning. „Jetzt können wir nicht mehr.“
Hamburger Unverpackt-Pionier meldete Insolvenz an
Deutschlandweit schlagen Unverpackt-Händler Alarm, weil Käufer wegbleiben und Finanzierungen wackeln. Prominentester Fall in Hamburg ist Stückgut. Nach einer monatelangen Hängepartie musste das Unternehmen, das als eines der ersten in der Hansestadt mit einem Null-Abfall-Konzept gestartet war, im Juli 2022 Insolvenz anmelden. Die Filiale in Ottensen ist geschlossen, den Standort in der Rindermarkthalle auf St. Pauli hat der frühere Konkurrent Muttels übernommen und nach einem Umbau im September neu eröffnet.
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Inzwischen zeigt sich: Das Ladensterben geht weiter. In Hamburg hat inzwischen fast ein halbes Dutzend Unverpackt-Händler aufgegeben. Andere, wie der Laden Unverpackte Insel in Wilhelmsburg, kämpfen um die Existenz. „Die Lage hat sich im Laufe des Jahres verbessert. Aber die Einnahmen sind langfristig nicht ausreichend“, sagt Inhaberin Josefina Beeger.
Nach Angaben des Bundesverbands Unverpackt sank die Zahl der von Mitgliedern betriebenen Läden bundesweit von 393 auf 335. Geschlossen wurden demnach 70 Geschäfte. Aktuell gibt es noch 276 geöffnete Läden. Bis Oktober hatten 39 Händler aufgegeben.
Unverpacktläden: Junge Branche mit vielen Quereinsteigern
„Unsere Branche ist sehr jung. Es gibt viele Idealisten und Quereinsteiger. Da gelingt nicht jede Gründung“, sagt Christine Holzmann, Vorstandsmitglied des Verbands und selbst Betreiberin eines florierenden Unverpacktladens in München.
Umso mehr seien die Läden jetzt auf Rückenwind aus der Bevölkerung angewiesen. „Es ist nicht alles schlecht. Es gibt immer wieder auch Neueröffnungen.“
Maren Schöning und ihre Geschäftspartnerin Peymaneh Nottbohm hoffen, dass sie es mit einem Kraftakt noch einmal schaffen. Für Unterstützer und Unterstützerinnen, die sich an der Crowdfunding-Kampagne beteiligen, haben sie sich unterschiedliche Dankeschön-Präsente ausgedacht: vom Retter-Shirt (35 Euro) über Starterpakete für Haushalt oder Badezimmer (45 Euro) bis zu Getränke-Flatrates und Gutscheinen (bis 500 Euro).
„Man kann natürlich auch einfach nur spenden“, sagt Maren Schöning. „Das hilft uns am meisten.“