Hamburg. Norwegischer Kronprinz ist zu Besuch in Hamburg. Das Protokoll ist eng getaktet. Doch es gibt die eine oder andere Überraschung.
Es ist 8.30 Uhr. Ein nordisches Lüftchen weht über den Adolphsplatz. Das Defilee zur Begrüßung von Kronprinz Haakon von Norwegen steht leicht fröstelnd vor dem wuchtigen Eingang der Handelskammer bereit. Vizepräses Willem van der Schalk und Kammer-Hauptgeschäftsführer Malte Heyne warten in Vertretung auf Hamburgs Staatsgast. Kammer-Präses Norbert Aust ist im Urlaub. Zwei Tage verbringt Haakon während seiner Deutschlandreise in Hamburg. Nach einem großen Empfang durch Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Vorabend steht am Mittwoch ein Besuch in der Handelskammer an: Der Kronprinz soll norwegisch-deutsche Wirtschaftsgespräche begleiten.
Für 8.40 Uhr ist seine Ankunft im Programm notiert, aber er hält sich nicht daran. Noch ist seine Königliche Hoheit nicht da. Das macht einige Verantwortliche nervös. Denn das Protokoll ist sehr streng und folgt einem eng getakteten Zeitplan. Laut Programm soll es Schlag auf Schlag gehen: 8.50 Uhr: Familienfoto mit den Gästen. 8.53 Uhr: Eintrag ins Goldene Buch, 9 Uhr: Beginn eines Round-Table-Gesprächs im Plenarsaal der Handelskammer. Eine ganze Schar junger Frauen und Männer in Anzügen, mit Kopfhörern und Ablaufplan in der Hand soll dafür sorgen, dass der Terminplan eingehalten wird.
Haakon eröffnet Wirtschaftsgipfel in der Hamburger Handelskammer
Natürlich klappt das nicht: Zehn Minuten verspätet, trifft Haakon ein, entsteigt entspannt und freundlich lächelnd einem Auto und verschwindet, begleitet von van der Schalk, in der Kammer. Das Familienfoto muss verschoben werden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ist noch nicht da: Sie stehe im Stau, heißt es. Ansonsten ist Norddeutschlands Politik prominent vertreten: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther ist pünktlich – er kennt Hamburgs Straßenverhältnisse. Aus Niedersachsen ist Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) angereist, aus Bremen Wirtschaftsstaatsrat Martin Bialluch (Linke).
Hamburgs Senat ist streng genommen unterrepräsentiert: Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat andere Termine und sich für den Kammerbesuch gar nicht angemeldet. Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD), die Haakon eigentlich über den Tag begleiten sollte, hat sich kurzfristig krankgemeldet. Für den Hamburger Senat übernimmt die Staatsrätin beim Bund, Almut Möller (SPD), die Begrüßung des Ehrengastes aus Oslo.
Der hat mit Norwegens Wirtschaftsminister Jan Christian Vestre, Energieminister Terje Aasland und sechs Vorstandschefs norwegischer Unternehmen eine beeindruckende Wirtschaftsdelegation mitgebracht. Das Thema des Treffens ist wichtig genug: Es geht um die klimafreundliche Transformation der Wirtschaft.
Norwegen ist ein enger Verbündeter Norddeutschlands
Los geht es in kleiner Runde im Plenarsaal der Kammer. Vizepräses van der Schalk hebt das Potenzial einer engeren Partnerschaft mit Norwegen für den Wirtschaftsstandort Hamburg und Norddeutschland hervor. „Norwegens riesige Wasserkraftressourcen und Deutschlands Expertise in der Solar- und Windenergie ergänzen sich gegenseitig und machen die beiden Nationen zu natürlichen Verbündeten im Streben nach sauberer erneuerbarer Energie.“
In Kurzvorträgen stellen die Länderchefs ihre Marschroute bei der Energiewende vor. Schwesig hebt wenig überraschend ihr LNG-Terminal hervor, Lies die Offshore-Windenergie. Dann endet der öffentliche Teil. Nun haben einige Unternehmenslenker ihre Chance auf ein Gespräch mit Haakon.
Haakon mahnt in Hamburg mehr Klimaschutz an
Aber der Ablaufplan kennt keine Gnade. Um 10.30 Uhr zieht sich Haakon ins Kolumbus-Zimmer der Kammer zurück. Es kann auch 10.31 gewesen sein. Um 10.55 Uhr wird Haakon mit einem Mikrofon verkabelt, denn nun soll er das allgemeine norwegisch-deutsche Wirtschaftsforum eröffnen. 400 Zuhörer erwarten ihn im Börsensaal. Die Kammer hat sich die Veranstaltung etwas kosten lassen und die Fernsehmoderatorin Julia Niharika Sen vom NDR ausgeliehen, die durch das Programm führen wird.
Dann ist es so weit. Zu Ehren des Staatsgastes erheben sich alle bei Haakons Einzug. Niharika Sen lässt das Auditorium noch „hipp, hipp, hurra“ rufen, während der royale Ehrengast das Podium erklimmt. „Haben wir genug zum Schutz des Klimas getan? Leider haben wir nicht genug getan, und wir bewegen uns zu langsam“, sagt er auf Englisch, mit überraschend tiefer Stimme. „Aber diese Konferenz ist Teil der Lösung, Teil unseres grünen Wegs voran.“
Strategische Partnerschaft bei erneuerbarer Energie
Anfang des Jahres hätten sich Norwegen und Deutschland auf den Ausbau einer strategischen Partnerschaft in den Bereichen Klima, erneuerbare Energien und grüne Industrie verständigt. Dabei gehe es unter anderem um die Themen Wasserstoff, Schifffahrt, Offshore-Windkraft, CO2-Speicher und Batterietechnologien.
Deutschland sei Vorreiter bei der Energiewende. „Sie haben bemerkenswerte Fortschritte bei der Ausweitung der Anteile an erneuerbaren Energien gemacht. Sie haben ebenso Führerschaft und Vision mit dem Plan demonstriert, Kohleenergie bis 2030 abzuschaffen. Wir bewundern Sie für Ihre Leistung und freuen uns auf die Zusammenarbeit, um die Sache voranzutreiben“, sagt Haakon.
Der Kronprinz macht eine Hafenrundfahrt
Um kurz nach 12 Uhr verlässt der Kronprinz das Wirtschaftstreffen. Er ist mit Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) zur obligatorischen Hafenrundfahrt verabredet, bei der es auch um wirtschaftspolitische Themen geht. So informiert sich Haakon unter anderem darüber, wie die Flugzeugindustrie und die Hafenwirtschaft auch mithilfe von Wasserstoff klimafreundlicher werden können.
Der Wirtschaftsgipfel in der Kammer ist da noch nicht vorbei. Zur gleichen Zeit, als der Kronprinz auf der Elbe schippert, moderiert Präsidentin Gaby Bornheim die Schifffahrtsveranstaltung zu „Green Maritime“ mit rund 150 Teilnehmern. „Wir möchten die Partnerschaft mit Norwegen weiter ausbauen, denn für beide Länder ist die Schifffahrt eine Schlüsselbranche, die die Versorgungssicherheit nicht nur in Krisenzeiten gewährleistet“, sagt sie.
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Es ist 15.05 Uhr, als der Kronprinz streng nach Reglement wieder ins Auto steigt. Es geht zum Dammtor-Bahnhof und von dort weiter nach Berlin. Dort wird er mit Kronprinzessin Mette-Marit zusammentreffen – ohne konkreten Ablaufplan.