Hamburg. Gewerkschaft ruft vor der nächsten Verhandlungsrunde bundesweit zum Ausstand auf und erhöht so den Druck auf die Arbeitgeber.

Im Tarifstreit im Handel ist es am Freitag wieder zu Streiks gekommen. Im Vorfeld der nächsten Verhandlungen legten in Hamburg rund 150 Beschäftigte des Großhandels ihre Arbeit nieder. Betroffen waren alle vier Hamburger Metro-Märkte und Selgros. „Wir haben uns heute auf Streiks im Lebensmittelgroßhandel spezialisiert“, sagte Heike Lattekamp vom Ver.di-Landesbezirk Hamburg und Verhandlungsführerin für die rund 90.000 Beschäftigte im Hamburger Groß- und Außenhandel sowie im Einzelhandel. Die Gewerkschaft will vor der nächsten Verhandlungsrunde – es ist mittlerweile die sechste – den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen.

Ver.di hatte für diesen Freitag bundesweit zu Streiks aufgerufen. Insgesamt erwartete die Gewerkschaft Zehntausende Teilnehmende im Einzelhandel sowie im Groß- und Außenhandel. Nach über einem halben Jahr Tarifverhandlungen in 13 Tarifgebieten gebe es weder einen Tarifabschluss noch ein verbessertes Angebot von den Arbeitgebern, kritisierte Ver.di-Vorstandsmitglied Silke Zimmer. „Wir erwarten, dass die Arbeitgeber uns endlich ein verbessertes Angebot vorlegen“, ergänzte Lattekamp. „Das letzte stammt aus dem Juli.“

Ver.di in Hamburg: Streiks auch im Weihnachtsgeschäft möglich

Die Gewerkschaft fordert im Einzelhandel 2,50 Euro mehr Lohn pro Stunde, mindestens aber 13,50 Euro. Im Groß- und Außenhandel will Ver.di eine Lohnerhöhung von 13 Prozent beziehungsweise 425 Euro mehr im Monat. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeberseite bietet bislang bei einer Laufzeit von 24 Monaten bis zu 8,5 Prozent mehr, darin enthalten ist eine einmalige Inflationsausgleichsprämie.

Ver.di betonte, eine Verkäuferin mit 130 Stunden im Monat erhalte rund 2260 Euro brutto, ein Kommissionierer im Großhandel in Sachsen 2358 Euro. „Diese beiden Beispiele machen deutlich, dass Handelsbeschäftigte aktuell schon nicht wissen, wovon sie die gestiegenen Preise für Lebensmittel, Miete, Strom und Benzin bezahlen sollen“, sagte Zimmer. Sie hätten oft auch keine Rücklagen. „Die Beschäftigten brauchen jetzt mehr Geld im Portemonnaie, um die durch die hohe Inflation entstandenen massiven Reallohnverluste auszugleichen.“

Einzelhandel Hamburg: Händler seit mehr als sechs Monaten ohne Ergebnis in Verhandlungen

Anders als in anderen Branchen gibt es im Handel keine Pilotabschlüsse. Die 13 Tarifbezirke verhandeln ihre Verträge jeweils einzeln mit den Landesarbeitgebern aus. Die nächsten Verhandlungsrunden finden im Groß- und Außenhandel am 30. Oktober 2023 in Hessen und für den Einzelhandel am 1. November 2023 in Mecklenburg-Vorpommern statt. In Hamburg wird im Einzelhandel am 9. November und im Groß- und Außenhandel am 14. November weiterverhandelt.

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Sollte es auch dann keine Bewegung bei den Arbeitgebern geben, bereite man sich auch auf Aktionen im Weihnachtsgeschäft vor. „Wir tun alles dafür, vorher zu einer Einigung zu kommen. Wenn nicht, wird es auch im Weihnachtsgeschäft zu Arbeitsniederlegungen kommen“, sagte Lattekamp. Das Weihnachtsgeschäft ist für Groß- und Einzelhändler das umsatzstärkste im Jahr. „Das wissen wir. Aber der finanzielle Druck für unsere Beschäftigten ist hoch.“