Hamburg. Noch im Juni wollte er erneut kandidieren. Bewog ihn der Einstieg von MSC bei der HHLA zum Rückzug? Wie er seinen Schritt begründet.
Seit mehr als einem Jahrzehnt ist er das Sprachrohr des Hamburger Hafens. Geht es darum, die Belange der maritimen Wirtschaft zu verteidigen, legt er sich auch schon mal mit dem Senat, der Bundesregierung oder der EU an. Doch nun gibt Gunther Bonz überraschend seinen Rückzug bekannt.
Der langjährige Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH) zieht sich von seinem Amt zurück. Das bestätigte er exklusiv dem Abendblatt auf Nachfrage. Er werde bei den Präsidiumswahlen durch den Hafenrat am 12. Dezember nicht wieder kandidieren, sagte Bonz. Seit dem Jahr 2011 führte er den Verband. Bonz war damit der Hafen-Präsident mit der längsten Amtszeit.
Hafen-Präsident Gunther Bonz gibt Amt überraschend auf
Es ist ein Paukenschlag und für viele Vertreter der Hafenwirtschaft eine riesige Überraschung. Denn eigentlich hatte Bonz noch im Juni den Mitgliedern seines Verbands erklärt, dass er erneut für das Spitzenamt kandidieren werde. Jetzt also die 180-Grad-Wende, deren Gründe eher im Nebulösen liegen.
Hängt seine Entscheidung womöglich mit dem geplanten Einstieg der Schweizer Reederei MSC bei der HHLA zusammen? Die HHLA ist aufgrund ihrer Größe immerhin das bedeutendste Mitglied im Unternehmensverband. Bisher hat sich Bonz zu dem geplanten Deal, bei dem MSC 49,9 Prozent an der HHLA erwerben soll, noch nicht geäußert. Und ob dieses Geschäft in Zusammenhang mit seinem Abschied als Hafenpräsident steht? „Dazu gibt es von mir keinen Kommentar“, sagt Bonz.
Hafen-Präsident Gunther Bonz: Nachfolger soll Ende November gefunden werden
Er hatte bereits Ende August, also zwei Wochen bevor der Senat und MSC mit dem HHLA-Deal an die Öffentlichkeit gingen, dem Präsidium seinen Rückzug signalisiert. So bleibt zunächst offen, was ihn zu dem Rückzieher bewogen hat. Auf Nachfrage des Abendblatts sagt der Hafenmanager lediglich: „Aufgrund zwischenzeitlich eingetretener veränderter Voraussetzungen und Rahmenbedingungen werde ich nicht erneut für das Amt des Präsidenten kandidieren.“ Die Mitglieder des UVHH seien darüber inzwischen informiert worden.
Der UVHH muss jetzt einen Nachfolger suchen. Bereits bei der Mitgliederversammlung Ende November soll der gefunden werden. Ein Name, der immer wieder gehandelt wird, ist Ulfert Cornelius. Er ist Geschäftsführer des Tanklagers für Mineralöl- und Chemieprodukte, Evos. Cornelius ist seit Langem Mitglied des UVHH-Präsidiums und wie Bonz ein Verfechter der Anliegen der Hafenwirtschaft.
Eigentlich hatte Bonz‘ Wiederwahl als sicher gegolten. War er in der Politik oftmals umstritten, saß er bei der Hafenwirtschaft fest im Sattel. Als der damalige Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) nach einer offenen Auseinandersetzung mit Bonz versuchte, diesen loszuwerden, versammelte sich die gesamte Hafenwirtschaft hinter Bonz und stellte ihn erneut als ihren Präsidenten auf.
Gunther Bonz: Bedeutendster Fürsprecher des Hamburger Hafens geht
Mit Bonz verliert der Hamburger Hafen seinen bedeutendsten Fürsprecher. Der 1956 in Hamburg geborene Verwaltungsjurist war von 2004 bis 2008 Hamburger Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde und von 2009 bis zum Sommer 2021 Generalbevollmächtigter des Terminalbetreibers Eurogate, für den er heute noch beratend tätig ist.
Bonz fand unter anderem die Lösung, mit der die Verlängerung der Landebahn bei Airbus trotz des Widerstands der Kirchengemeinde Neuenfelde möglich wurde. Dies war die Voraussetzung für den Start der Produktion von Großraumjets auf Finkenwerder – und so konnten viele zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.
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Mit dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) handelte er eine Regelung für die Hafenflächen auf dem Grasbrook aus, die der Senat eigentlich vollständig dem Wohnungsbau zuschlagen wollte. Damit bewahrte Bonz etliche Hafenfirmen vor dem drohenden Umzug.
Ursprünglich wollte Bonz erneut kandidieren
Mit dem Senat stritt er auch über die zahlreichen Staus in Hamburg, die den Wirtschaftsverkehr behindern. In einem Brandbrief an Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) beklagte er sich über Verkehrseinschränkungen und die fehlende Baustellenkoordinierung durch die Verkehrsbehörde von Senator Anjes Tjarks (Grüne).
Immer wieder griff Bonz die Politik der Grünen an und warf ihnen Wirtschaftsfeindlichkeit vor. Besonders harsch ging der Verbandschef mit der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) ins Gericht, der er Versagen bei der Suche von notwendigen Lösungen des Hafenschlick-Problems vorwarf. Heftige Reaktionen rief ein Abendblatt-Interview im Sommer 2020 hervor, in dem Bonz dem Senat vorwarf, die Kontrolle über die HPA verloren zu haben.
Auf der anderen Seite wird sein Scharfsinn immer wieder gelobt, sowie seine Fähigkeit, strategisch zu denken. Auch wenn er unbequem ist, suchen Bürgermeister und Senatoren immer wieder seinen Rat. Selbst in Berlin ist seine Expertise häufig gefragt. Denn Bonz ist in der europäischen Hafenwirtschaft exzellent vernetzt.
Hafen-Präsident will seinen Posten in Brüssel behalten
Als langjähriger Präsident der europäischen Vereinigung der Hafenfirmen (Federation of European Private Port Operators, Feport) ist Bonz auch bei der EU in Brüssel aktiv. Selbst vor einer Klage gegen die EU-Kommission scheute Bonz nicht zurück, als diese Reedereien in Häfen Steuervergünstigungen verschaffte, die Hafenfirmen nicht erhalten.
Seinen Posten in Brüssel will Bonz auch behalten, obwohl er für den UVHH nicht mehr kandidiert. Seine Amtszeit läuft dort noch zwei Jahre. Auch im europäischen Verband ist seine gute Arbeit unumstritten. Eigentlich darf man die Feport maximal sechs Jahre als Präsident führen. Bonz ist seit 13 Jahren ihr Chef. Der Verband hat dazu 2016 extra seine Satzung geändert.
Bonz ist verheiratet. Er hat zwei Kinder und mehrere Enkelkinder. Für die dürfte er künftig mehr Zeit haben.