Hamburg. Lieferdienst erhöht Preise deutlich, streicht Jobs in der Hamburger Deutschland-Zentrale und prüft Einsatz von Robotern in der Küche.
Wer Lust auf eine gelieferte Pizza hat, muss dafür tief in die Tasche greifen. Egal bei welchem Anbieter man bestellen möchte: Für einen einstelligen Euro-Betrag erhält man den Klassiker Salami im Normalfall nicht mehr. Das ist bei der Hamburger Kette Domino’s nicht anders. Die 25 Zentimeter große Classic-Variante gibt es für 10,49 Euro bei verschiedenen Filialen, die drei Zentimeter größere Medium-Version für 11,99 Euro. Erinnerungen an einst günstigere Preise trügen nicht.
„Unsere Preise haben sich fast 1:1 mit der Inflationsrate für Nahrungsmittel entwickelt“, sagt Domino’s-Deutschland-Chef Stoffel Thijs im exklusiven Gespräch mit unserer Redaktion. „Über drei Jahre gesehen lag das Plus bei rund 30 Prozent.“ Das Unternehmen gibt seinen Franchisenehmern gewisse Preiskorridore vor. Das Festlegen des exakten Verkaufspreises erfolgt durch die Ladeninhaber selbst, kann also von Geschäft zu Geschäft schwanken. Zu den Preisanhebungen habe es angesichts der Kostensteigerungen infolge des Ukraine-Krieges, der höheren Energie-, Rohstoff- und Lohnkosten keine Alternative gegeben.
Lieferdienst: Warum die Pizza bei Domino’s 30 Prozent teurer wurde
Wer dennoch sparen will, sollte auf Rabattaktionen achten. „Es ist immer unsere Strategie gewesen zu sagen: Wir haben attraktive Angebote“, sagt der 42-Jährige. So habe man im Sommer großen Erfolg mit einer Kebap-Pizza für 9,99 Euro in der Classic-Variante gehabt. Seit Jahren sei es ein „gelernter Deal“, dass es die zweite Pizza auch mal für 2 Euro gebe.
Derzeit wirbt man mittags mit der Domino’s Box für 8,99 Euro. Enthalten ist eine 18 Zentimeter große Salami- oder Margherita-Pizza, zu der man noch zwei zusätzliche Snacks wie Chicken Wings, Röstisticks oder einen Kuchen wählen kann. Mit den Angeboten erhöhe man die Bestellfrequenz der Kunden, die gekauften Mengen und optimiere die eigenen Kosten.
Wer Pizza und Co. selbst abholt, kann viel Geld sparen
Wenn Kunden ihre Kosten optimieren – sprich reduzieren – wollen, können sie ihre Speisen selbst in den Geschäften abholen. Bei der Domino’s Box kann man dann 3 Euro sparen. Fast immer sei es mehr als 1 Euro pro Gericht. Denn die Lieferung verursacht Personal- und Transportkosten. Zwar sei das Liefergeschäft, in dem man zum deutschen Marktführer aufstieg, Teil der Firmen-DNA. Und das Gros der Bestellungen werde immer noch nach Hause gebracht, sagt Thijs: „Allerdings sehen wir aktuell im Abholerbereich unser stärkstes Wachstumspotenzial. Generell wächst das Abholgeschäft in der Branche stärker als bei Lieferungen.“
Mit weiteren Verteuerungen von Pizza und Co. müssen Verbraucher zunächst wohl nicht rechnen. „Zurzeit sehen wir keine Gründe, die Preise in den nächsten Monaten weiter zu erhöhen. Auch die Lebensmittelpreise sind aktuell auf einem stabilen Niveau“, so Thijs: „Aber letztlich liegt das in der Hand der Franchisepartner.“ Maßgeblich dafür ist auch, mit welcher Rendite sie sich zufriedengeben – und die hat zuletzt gelitten.
Domino‘s australischer Mutterkonzern legt Sparprogramm auf
Zu Beginn der Pandemie war Domino’s Pizza der große Gewinner. Die Menschen hatten Angst vor dem Coronavirus, blieben zu Hause und ließen sich ihr Essen liefern. Das Unternehmen mit Deutschland-Zentrale in der Hamburger HafenCity sprang 2021 in der vom Branchenmagazin Foodservice erstellten Rangliste der größten Systemgastronomen von Platz 14 auf vier.
Doch mit dem Abflauen der Pandemie hat sich der Boom relativiert. Die Menschen gingen wieder mehr in Restaurants vor Ort. Bis der Ukraine-Krieg und die in der Folge stark gestiegenen Lebenshaltungskosten diese Entwicklung stoppten, die Leute ihr Geld zusammenhielten – worunter die gesamte Branche leidet.
Der australische Mutterkonzern Domino’s Pizza Enterprises Limited konnte dank seiner Expansionsstrategie den Umsatz im Geschäftsjahr 2022/23 zwar noch leicht steigern, der operative Gewinn sank aber deutlich um fast ein Viertel auf 201,7 Millionen australische Dollar (121,7 Millionen Euro). Daher möchte man im laufenden Geschäftsjahr die Profitabilität der Franchisenehmer sowie des eigenen Konzerns wieder steigern – und verkündete im Juni ein Sparprogramm.
In der Deutschland-Zentrale in der HafenCity wurden Mitarbeiter gekündigt
Ab 2024 soll der operative Gewinn um 25 bis 30 Millionen australische Dollar (15 bis 18 Millionen Euro) steigen. Und das zieht auch Veränderungen in der HafenCity nach sich. „Leider mussten wir auch einigen Mitarbeitern kündigen“, sagt Thijs ohne die Zahl näher zu beziffern. Knapp 160 Mitarbeiter sind nun in den Büros am Sandtorkai beschäftigt. Sie kümmern sich um Bereiche wie Finanzen, Marketing, Kundenservice, Einkauf, IT, Personalentwicklung und die Geschäftsentwicklung mit der Erschließung von neuen Standorten. Der Großteil ist mit dem deutschen Markt beschäftigt.
Ein Teil arbeitete aber auch global oder auf europäischer Ebene für den Konzern – und die kontinentalen Zuständigkeiten als Zwischenebene will das Unternehmen straffen. Das starke Wachstum in den vergangenen Jahren habe Doppelfunktionen entstehen lassen, die nun abgebaut werden. „Wenn wir etwas lokal in den Ländern machen können, machen wir es lokal. Einige Aufgaben und Prozesse steuern wir – auch von Hamburg aus – zentral und ortsunabhängig für die ganze Gruppe“, sagt Thijs. Es seien in der Hansestadt auch Aufgabenbereiche für Mitarbeiter gewachsen. Weitgehend sei die Restrukturierung zwar abgeschlossen, sagt Thijs: „Ich kann nicht ausschließen, dass personell noch etwas passiert. Aber wir sind in der finalen Phase.“
Auch Chef Stoffel Thijs scheidet zum Jahresende aus
Der Niederländer selbst wird das Unternehmen zum Jahresende verlassen. Vor 26 Jahren fing er als Pizzabote an, arbeitete sich im Management nach oben. Seit 2018 führt er das Deutschlandgeschäft. Nun wolle er sich neuen Herausforderungen widmen, heißt es. Mit Alexander Tauer (47) wird ein langjähriger Weggefährte und der derzeitige Chief Operating Officer (COO) im Januar 2024 sein Nachfolger.
Thijs habe mit seinem „Enthusiasmus“ und seiner „unbändigen Leidenschaft für Pizza“ in den vergangenen fünf Jahren große Erfolge erzielt, teilte Domino’s bei der Verkündung der Personalie mit. Das Geschäft hierzulande habe sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Mit derzeit rund 420 Geschäften wurde man – auch dank der Übernahme der Hamburger Kette Joey’s Pizza Ende 2015 und von Hallo Pizza 2017 – zum deutschlandweit größten Pizzalieferdienst.
Hat sein bevorstehender Abgang auch etwas mit dem Sparprogramm und den Kündigungen in der Deutschland-Zentrale zu tun? „Nein. Ich bin stolz, das Unternehmen bestmöglich durch diese schwierige Zeit zu lenken, bevor ich es in die Hände meines Nachfolgers übergebe“, sagt Thijs. Was er in Zukunft machen möchte, lässt er offen.
Domino‘s: Filialzahl in Deutschland soll 2023 um 20 steigen
In diesem Jahr wurden einige renditeschwache Filialen wie in Duisburg, Dinslaken, Mülheim, Ennepetal und Remscheid zwar im Zuge des Sparprogramms geschlossen. Unterm Strich geht das Wachstum aber weiter. „Wir planen, unsere Filialzahl in Deutschland um 20 auf 435 zu erhöhen“, so Thijs. In Hamburg und Umgebung sind es zurzeit 52, neue Geschäfte sind derzeit nicht geplant. Die Lieferzeiten gehören an der Elbe an einigen Standorten schon zu den kürzesten. Perspektivisch könnten aber weitere folgen, um die Lieferzeiten weiter zu optimieren.
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Nach Hause gebracht wurden die bestellten Speisen schon mal mit dem Lieferroboter – derzeit experimentiert Domino’s aber nicht mit den rollenden Pizzaboten. Für die Zukunft schließt Thijs das aber nicht aus: „Wir schauen uns diesen Bereich seit 2017 sehr genau an und sehen auch weiterhin großes Potenzial im Einsatz von Robotern.“ Allerdings sei der Einsatz wegen der Straßenverkehrsordnung schwierig. So musste der Lieferroboter in der Testphase von einem Menschen begleitet werden.
Stattdessen probierte das Unternehmen in einem Berliner Geschäft einen Pizzabelegroboter aus. Die Ergebnisse seien „ganz interessant“ gewesen, heißt es. Im Klartext: Die Salami-Scheibe wurde auch mal neben die Pizza gelegt, weil der Roboter sie an einem anderen Platz erwartet hatte. Ad acta gelegt ist das Thema angesichts des Drucks auf dem Personalmarkt für Thijs aber nicht: „Wir werden Roboter und Automatisierung in Zukunft weiter nutzen, sodass sich die Fachkräfte auf andere Prozesse und den Kundenservice fokussieren können.“