Hamburg. Der Deutschland-Chef spricht im Abendblatt-Interview über Lieferzeiten, Preiserhöhungen, vegane Produkte und neue Filialen.
Aus der HafenCity steuert Domino’s das Deutschlandgeschäft. Eine der Kernaufgaben der 165 Mitarbeiter in der Zentrale ist die Expansion des Pizzalieferdienstes. Mit Beginn der Pandemie erlebte das Unternehmen eine Bestellflut. In der Rangliste der größten Systemgastronomen Deutschlands sprang es von Platz 14 auf vier. Nur die Schnellrestaurants McDonald’s und Burger King sowie der Tankstättenbetreiber Autobahn Tank & Rast liegen im Ranking weiter vorn.
Über die Entwicklung im Jahr 2022, neue Geschäfte in Hamburg und Preiserhöhungen sprach unsere Zeitung mit Domino’s-Deutschland-Chef Stoffel Thijs.
Hamburger Abendblatt: Herr Thijs, die Fußball-Weltmeisterschaft ist gerade vorbei. Spürten Sie einen WM-Effekt in Form von mehr Bestellungen?
Stoffel Thijs: Beim Schauen von Fußballspielen im Fernsehen wird sehr gern Pizza gegessen. Insbesondere wenn das Spiel kurz nach dem Ende der Arbeit um etwa 18 Uhr beginnt, wird häufig bestellt. Wir haben bei den Spielen der deutschen Elf etwa zehn Prozent mehr Umsatz erzielt als sonst, bei den Halbfinalspielen und dem Finale einen Tick mehr. Bei früheren WM-Turnieren lag das Bestellplus aber höher. Das Finale der Frauen-Fußballweltmeisterschaft zwischen Deutschland und England Ende Juli 2022 lief für uns übrigens deutlich besser. In Hamburg war das unser zweitbester Verkaufstag des Jahres, zwischen dem Spitzenreiter Halloween und dem Tag der Deutschen Einheit.
Im Jahr 2021 haben Sie in Deutschland den Umsatz um gut ein Fünftel auf 355 Millionen Euro gesteigert – Rekord. Wie sind die Geschäfte im abgelaufenen Jahr gelaufen?
Wir sind angesichts der durch den Ukraine-Krieg total veränderten Lage zufrieden. Die großen Wachstumsraten aus der Corona-Zeit sind vorbei, aber den Umsatz konnten wir im einstelligen Prozentbereich steigern. Genauer darf ich wegen der Börsennotierung unserer Muttergesellschaft nicht werden. Alles andere als ein Umsatzplus wäre in Zeiten mit hoher Inflation auch betriebswirtschaftlich schwierig.
Das Umsatzplus geht auch auf höhere Preise zurück. Um wie viel hat Domino’s die Preise erhöht?
Grundsätzlich sei vorweggeschickt: Die Franchisepartner legen die Preise fest, nicht wir als Zentrale. Beispielsweise hat sich der Lieferpreis für unseren Verkaufsschlager Pizza Salami Supreme in der Größe Classic im Schnitt seit Corona-Beginn, sprich innerhalb der letzten drei Jahre, um mindestens einen Euro erhöht. Grund dafür ist einerseits die gestiegene Lohnentwicklung sowie die aktuellen Mehrkosten durch Beschaffung und Energiepreise. Nach vielen Gesprächen mit unseren Franchisepartnern gehe ich für das Jahr 2023 davon aus, dass die Preise zumindest bis Mitte des Jahres stabil bleiben werden. Ob es dann eine weitere Preiserhöhung geben wird, hängt vor allem von der weiteren Entwicklung der Energiepreise ab, die sich auf viele von uns eingesetzte Waren durchschlagen. Unsere Franchisepartner gehen die operativen Kosten sehr genau durch und versuchen, zum Beispiel bei Versicherungen oder Stromanbietern zu sparen.
Vor einem Jahr gaben Sie das Ziel aus, Ende 2022 in Hamburg zehn neue eröffnet zu haben. Waren Sie erfolgreich?
Das haben wir leider nicht geschafft. Der Krieg in der Ukraine sorgt für viel Verunsicherung. Unsere Franchisepartner warten lieber ab. Teilweise haben wir auch für Locations, für die wir Mietverträge schon unterschrieben hatten, keine Genehmigung von der Behörde erhalten. Letztlich war es nur ein neues Geschäft: In Wedel haben wir Anfang Dezember einen Laden eröffnet und sind nun in der Region Hamburg bei 48 Stores. An unserem Ziel von 50 Geschäften hier halten wir fest. Allerdings setzen wir uns wegen der Vielzahl an externen Faktoren wie Krieg, steigenden Energiekosten und Inflation insgesamt keinen Zeitpunkt mehr dafür.
Wie sehen die Expansionspläne deutschlandweit aus?
Im gerade abgelaufenen Jahr haben wir 39 Geschäfte eröffnet und sind nun bei 418 in Deutschland. 2023 wollen wir mindestens genauso viele Stores aufmachen. Die meisten davon im Norden und Osten. Vor allem in Berlin haben wir Nachholbedarf und eröffnen bis zum Sommer drei Standorte. Hamburg war hingegen dank unserer Übernahme von Joey’s Pizza Ende 2015 schon immer der größte Markt für uns, in dem wir gut aufgestellt sind. Perspektivisch wollen wir hierzulande 1000 Stores haben. Zunächst liegt unser Fokus aber darauf, dass unsere Franchisepartner trotz aller Schwierigkeiten wirtschaftlich erfolgreich sind.
Vor einem Jahr setzten sie große Hoffnungen auf die neue Pizza La Vega, die vegane Variante Ihres Verkaufsschlagers Salami. Wie wurde sie angenommen?
Sehr gut für eine vegane Variante. Auch wenn sie natürlich nicht bei den Verkaufszahlen in die Dimensionen einer Salami-Pizza vorstößt – das haben wir aber auch nicht erwartet. Im Januar bringen wir eine Pizza mit Jackfruit auf die Speisekarte. Die Jackfruit wird unreif geerntet, ihre faserige Struktur wird mediterran mariniert und erinnert an Pulled Beef.
Liegen vegane Produkte weiter im Trend?
Ja, wir sind jetzt bei 18 veganen Produkten, von Pizza über Dips bis zum Dessert. In Hamburg haben wir vergangenes Jahr 350.000 vegane Produkte verkauft – bei drei Millionen verkauften Pizzen. Der Anteil am Umsatz liegt im hohen einstelligen Prozentbereich, in Großstädten ist er höher als auf dem Land. Die Ernährung wird für viele Menschen immer wichtiger. Seit der Einführung des Nutri-Scores (einer Art Lebensmittelampel mit der Skala A für gesund bis E für ungesund; Anmerkung der Redaktion) bei unseren Produkten, werden Artikel mit einem A wie unsere Pizza Fitness Fan häufiger gekauft als früher. 80 Prozent unserer Pizzen liegen übrigens im Bereich B und C.
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Die Zeit von der Bestellung der Pizza bis zur Lieferung wollten sie von 23,5 auf weniger als 20 Minuten verkürzen. Ist das gelungen?
Nein, wir sind derzeit bei 23 Minuten. Das liegt auch daran, dass wir weniger Stores eröffnet haben als erwartet. Denn mit jedem neuen Store wird das Liefergebiet etwas kleiner, sodass wir schneller beim Kunden sind. Zudem erleben wir derzeit eine Krankheitswelle, wie ich sie bisher noch nicht erlebt habe. Das spüren wir in den Stores, es fallen viele Mitarbeiter aus. Es gilt dabei effizient zu sein, und gerade bei Schnee und Eis nicht zu rasen. Übrigens: Der Store in der Osterstraße gehört mit einer Lieferzeit von durchschnittlich 14 Minuten und 20 Sekunden zu den Top drei in Deutschland. Unter den Top-sechs-Geschäften mit der schnellsten Lieferzeit in Deutschland, befinden sich aktuell vier in Hamburg. Weltweit liegt der Schnitt bei Essenslieferungen bei 35 bis 40 Minuten – wir sind also schon sehr schnell.
Wie häufig wird mit Elektrofahrzeugen ausgeliefert?
In Deutschland sind wir jetzt bei 60 Prozent E-Mobilität, vor allem werden E-Bikes eingesetzt. Hamburg ist mit mehr als 75 Prozent sogar Spitzenreiter, zehn Läden liefern nur mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen aus. Perspektivisch wollen wir alle Fahrzeuge auf E-Mobilität umstellen und reden darüber mit unseren Franchisepartnern. Weil das Liefergeschäft auch von Amazon und vielen anderen Firmen weiterhin stark wachsen wird, brauchen wir neben den menschlichen Arbeitskräften auch Roboter für die Zustellung. In Berlin haben wir vergangenes Jahr erneut einen Test gehabt, der erfolgreich war. Das ist ein spannendes Thema, aber es sind noch viele Fragen offen. Zumindest 2023 werden Lieferroboter aber noch nicht die Auslieferung per E-Bike im Betrieb unterstützen (schmunzelt).