Hamburg. Michael Herz hat derzeit mehr zu tun, als ihm lieb sein dürfte. Er muss den schlingernden Kaffeekonzern auf Kurs bringen
Sein Name taucht regelmäßig in den Listen der reichsten Deutschen und der wohlhabendsten Hamburger auf. Zuletzt wurde das Vermögen von Michael Herz und seiner Familie auf mehr als sechs Milliarden Euro taxiert. Wie viel auch immer es sein mag – sicher ist, dass Herz ein ausgesprochen öffentlichkeitsscheuer Unternehmer ist. An diesem Donnerstag feiert er seinen 80. Geburtstag. Im Kreis der Familie. So viel dringt aus seinem Umfeld dann doch nach außen.
Vom Ruhestand allerdings ist der drittälteste Sohn des Hamburger Kaffeehändlers und Tchibo-Mitgründers Max Herz und seiner Frau Ingeburg zu Beginn seines neunten Lebensjahrzehnts gerade besonders weit entfernt. Der Kaffeeröster und Konsumgüterhändler Tchibo ist in die Krise gestürzt. Als Aufsichtsratschef muss Herz die Grundsatzentscheidungen treffen, die das Unternehmen zurück in die Gewinnzone führen sollen. Aktuell ist er auf der Suche nach einem neuen Tchibo-Chef.
Tchibo: Michael Herz – Hamburger Milliardär wird 80
Vorstandschef Werner Weber hat das Renteneintrittsalter überschritten. Schon als er Mitte 2021 aus dem Aufsichtsrat an die Unternehmensspitze aufrückte, galt er als Übergangskandidat. Weber ersetzte seinerzeit Thomas Linemayr, der nach fünf Jahren überraschend und noch vor Auslaufen seines Vertrags bei Tchibo ausschied. Weber ist nun offenbar nicht geneigt, eine weitere Amtszeit dranzuhängen. Womöglich soll er es auch nicht, denn 2022 schrieb Tchibo erstmals seit 25 Jahren wieder Verlust: 167 Millionen Euro. Es war das schlechteste Geschäftsjahr in der Geschichte des 1949 gegründeten Unternehmens.
„Die Suche nach einem Nachfolger läuft“, verlautet aus dem Unternehmen. Spätestens im Laufe des ersten Halbjahres 2024 wird die Spitzenposition für das Tagesgeschäft absehbar neu besetzt. Herz, so heißt es, sei ein Anhänger der Variante, solche Top-Jobs mit Kandidaten aus dem eigenen Haus zu besetzen. Ob es auch diesmal so kommt, sei einstweilen offen.
Michael Herz ist gerade auf der Suche nach neuem Tchibo-Chef
Bei der Neubesetzung des Führungspostens für die seit Jahren schwächelnde Non-Food-Sparte jedenfalls lief es so. Der zum 1. Juni ernannte Top-Manager für das Geschäft mit Sportartikeln über Unterwäsche und Küchengerätschaften bis hin zu Niedrigenergiehäuser, Hamid Dastmalchian, bringt mehr als 15 Jahre Erfahrung im Unternehmen mit. Sein Vorgänger habe entschieden, sein Mandat niederzulegen und Tchibo zu verlassen, gab das Unternehmen bekannt.
Die Personalie auf dem Posten, der ein Schleudersitz ist, war Teil der Aufräumarbeiten und der Neuausrichtung nach dem Krisenjahr 2022. Sie laufen seit dem Frühjahr bei dem Unternehmen mit weltweit 11.000 Mitarbeitern und Hauptsitz in der Hamburger City Nord. Es sind Entscheidungen, die Tchibo Negativschlagzeilen bescheren – und erst nach Zustimmung von Michael Herz umgesetzt werden.
Der Patriarch gilt als detailverliebter Aufsichtsratschef
Ein Gehaltsstopp für die Beschäftigten, der Abbau von 300 Arbeitsplätzen gehören dazu. Drei Tage nach dem Geburtstag des Tchibo-Patriarchen gibt das Unternehmen nach 25 Jahren die Vermittlung von Reisen auf. 2023 liefen die Geschäfte bereits wieder „in die richtige Richtung“, verlautet das Unternehmen. Nur gibt es weiter auch Rückschläge. Unlängst musste Tchibo einräumen, dass es zu Lieferverzögerungen bei Onlinebestellungen kommt.
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Innerhalb der Familie Herz sind die Zuständigkeiten eindeutig geregelt. Zwar haben Michael und sein Bruder Wolfgang ihre Unternehmensanteile auf die insgesamt fünf Kinder übertragen. Doch die wichtigen Entscheidungen treffen weiterhin sie. Gemeinsam in der Dachgesellschaft Maxinginvest, zu der 100 Prozent der Tchibo-Anteile und die Mehrheitsbeteiligung am Nivea-Konzern gehören. Wolfgang Herz konzentriert sich auf Beiersdorf, Jubilar Michael auf Tchibo. Er sitzt zudem im Tesa-Aufsichtsrat. Weitere Firmen im Besitz der Familie wie der Buchgroßhändler Libri und Blume 2000 sind unter dem Dach der Partizipia-Holding zusammengefasst.
Tchibo-Patriarch trinkt seinen Kaffee am liebsten schwarz
Er sei begeisterter Segler, Reiter, Pferdezüchter, heißt es über Michael Herz. Und ein detailverliebter Aufsichtsratschef, der jeden Tchibo-Kaffee testet, bevor er auf den Markt kommt. Auch die neue Günstigmarke Aromatico, mit der das Unternehmen seit Anfang dieser Woche den Billigkaffee-Angeboten von Aldi, Lidl und Co. Paroli bietet. Heute, beim Geburtstagskaffee im Familienkreis, dürfte es eher seine favorisierte Sorte „Privatkaffee African Blue“ sein. Michael Herz trinkt ihn schwarz.