Hamburg. Nach spektakulären Straftaten liegt beim Hamburger Konzern die Schadensbilanz vor. Was das Unternehmen künftig besser machen will.
Es ist ein herber Schlag für den Hamburger Metallkonzern Aurubis: Der Schaden, den Kriminelle dem Unternehmen in diesem Jahr zugefügt haben, ist noch größer als befürchtet. Dem börsennotierten Unternehmen fehlen Edelmetalle im Wert von 185 Millionen Euro. Das ist das Ergebnis einer Sonderinventur, das Aurubis am Dienstagmittag bekannt gab.
„Der Wert des Fehlbestands an Edelmetallen, der das operative Ergebnis vor Steuern (operatives EBT) des Geschäftsjahres 2022/23 negativ beeinflusst“, liege „bei 185 Millionen Euro“, heißt es in einer Erklärung des Unternehmens zum Ergebnis einer Sonderinventur. Konzernchef Roland Harings hatte sie angeordnet, nachdem binnen weniger Wochen zwei Fälle von schweren Straftaten auf dem Gelände des Hamburger Aurubis-Stammwerks bekannt geworden waren.
Metallkonzern Aurubis – Schaden durch Kriminelle noch höher als befürchtet
Im Juni hatten Ermittler unter anderem das Anwesen eines Tatverdächtigen im Landkreis Stade durchsucht. Der Mitarbeiter einer Fremdfirma, die bei Aurubis tätig war, ist der Hauptverdächtige in einem groß angelegten Fall von Diebstahl in der Metallhütte. Dort waren große Mengen eines Zwischenprodukts mit einem hohen Anteil von wertvollen Edelmetallen verschwunden. Den Schaden bezifferte Aurubis nach der Razzia auf mehr als 20 Millionen Euro. Auch Aurubis-Beschäftigte sollen in den Fall verwickelt sein.
Dieser Verdacht bestehe auch im zweiten Kriminalfall auf dem Werksgelände, sagte Vorstandschef Harings dem Abendblatt vor Kurzem in einem Interview. Ende August hatte der Konzern mitgeteilt, bei der Überprüfung seiner Metall-Lagerbestände seien erhebliche Abweichungen vom Sollbestand festgestellt worden. Der Schaden bewege sich voraussichtlich im niedrigen dreistelligen Millionenbereich – also bei mehr als 100 Millionen Euro, so Aurubis. In diesem Betrugsfall war dem Unternehmen offenbar Recyclingschrott untergeschoben worden, der weitaus weniger Edelmetalle enthielt, als die Untersuchung der Materialproben versprach.
Aurubis rechnet mit 30 Millionen Euro Schadenersatz von Versicherungen
Nachdem nun klar ist, wie hoch der Schaden für das Unternehmen aus beiden Fällen insgesamt ist, erwartet Aurubis für das am 30. September endende Geschäftsjahr 2022/23 nurmehr ein operatives Ergebnis zwischen 310 und 350 Millionen Euro. Das Unternehmen geht dabei davon aus, dass es bei Versicherungen etwa 30 Millionen Euro geltend machen und zusätzlich Geld aus sichergestelltem Vermögen eintreiben kann. Die bisherige Prognose (450 bis 550 Millionen Euro) hatte der Konzern bereits Ende August zurückgenommen.
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Anleger hatten offenbar sogar einen noch höheren Schaden erwartet. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Sonderinventur stieg der Kurs der Aurubisaktie am Dienstagnachmittag.
Aurubis-Chef: Diebstahl und Betrug müssen unmöglich werden
Konzernchef Harings betonte erneut, Aurubis arbeite gemeinsam mit den Ermittlungsbehörden mit Hochdruck an der Aufklärung der kriminellen Aktivitäten. Ein Unternehmenssprecher sagte dem Abendblatt auf Anfrage, in dem Betrugsfall habe es bislang noch keine personellen Konsequenzen gegeben. Harings sagte, auf Basis der Ermittlungen werde das Schutzniveau gegen professionelle Kriminalität im Unternehmen verbessert. Das Ziel sei „die Sicherheitsvorkehrungen so anzuheben, dass Diebstahl und Betrug unmöglich werden.“