Hamburg. Schon wieder ist der Hamburger Konzern Opfer von Dieben geworden. Die Folgen sind gravierend. Was man bisher zu den Taten weiß.

Bei Aurubis spricht man von einer „sehr hohen und böswilligen kriminellen Energie“ – und wenn man sich das Ausmaß des Metalldiebstahls anschaut, muss man dieser Einschätzung des Hamburger Konzerns uneingeschränkt zustimmen.

In einer Ad-hoc-Mitteilung schrieb das börsennotierte Unternehmen von der Peute am Donnerstagabend: „Derzeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Schaden im niedrigen, dreistelligen Millionenbereich entstanden ist“. Im Klartext: Es geht um mindestens 100 Millionen Euro. Selbst für einen Konzern mit mehr als 18 Milliarden Euro Jahresumsatz ist das keine Kleinigkeit. Die Konsequenz: eine Gewinnwarnung und ein fallender Aktienkurs.

Bereits im Juni hatte der Kupferproduzent von jahrelangen Diebstählen im großen Stil berichtet. Schon damals hieß es, das Unternehmen sei „Ziel krimineller Aktivitäten“ gewesen. Der Konzern arbeitete in diesem Fall eng mit Staatsanwaltschaft und Polizei zusammen – eine erfolgreiche Kooperation.

Metallklau bei Aurubis – mehr als 100 Millionen Euro Schaden

Es wurden damals mehr als 30 Büros, Wohnungen und Häuser in Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hessen durchsucht. Sechs Männer kamen in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen richteten sich gegen zwölf Verdächtige. Mitarbeiter, die offensichtlich an den Taten beteiligt waren, wurden von Aurubis entlassen, Beschäftigte von Drittfirmen bekamen Hausverbot.

Damals ging es um Schäden in Höhe von 20 Millionen Euro. Doch mit den dreisten Diebstählen ist es dennoch nicht vorbei, wie die aktuelle Ad-hoc-Meldung zeigt. Im Gegenteil. Die Dimensionen nehmen noch zu.

„Aurubis hat bei der regelmäßigen Überprüfung des Metallbestands erhebliche Abweichungen vom Soll-Bestand sowie bei Sonderproben bestimmter Lieferungen von Einsatzmaterialien im Recyclingbereich Abweichungen festgestellt. Aufgrund dieser Indizien geht Aurubis jetzt davon aus, dass das Unternehmen Gegenstand weiterer – über die im Juni 2023 veröffentlichten Fälle hinausgehender – krimineller Handlungen geworden ist. Aurubis hat das Landeskriminalamt eingeschaltet“, heißt es in der Meldung.

Dreiste Diebe bei Aurubis – nun wird ermittelt

Das Ausmaß des bei Aurubis eingetretenen Schadens könne zwar noch nicht sicher festgestellt werden. Doch man befürchte eben eine Größenordnung von mindestens 100 Millionen Euro. Das Unternehmen hat nach Angaben eines Sprechers nun eine außerordentliche Inventur der Metallbestände gestartet. „Mit dem Ergebnis wird Ende September gerechnet“, heißt es. Wie es zu diesen großangelegten Diebstählen kommen konnte? Details will und kann der Konzern noch nicht nennen, auch aus Ermittlungsgründen.

Es scheint aber klar zu sein, dass die Diebe nicht nur auf dem Betriebsgelände Metalle entwendeten, sondern dass es bereits bei Lieferungen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte. Ob auch diesmal – wie im Juni – eigene Mitarbeiter an den Taten beteiligt waren, dazu äußerte sich ein Sprecher gegenüber dem Abendblatt wie folgt: „Das kann ich weder bestätigen, noch ausschließen“.

Und was wurde überhaupt gestohlen: Gold? Silber? Auch hier gibt sich der Konzern verschlossen. „Zu einzelnen Materialien können wir uns im Detail nicht äußern.“ Nach Abendblatt-Informationen sollen aber auch Edelmetalle dabei gewesen sein, zu denen Gold und Silber zählen.

Diebstahl bei Aurubis: Der Aktienkurs rutscht ab

Aber wie kann es überhaupt zu solchen Raubzügen bei Aurubis kommen? Dazu soll es nun eine Sonderuntersuchung geben „Vorstand und Aufsichtsrat haben Untersuchungen durch interne und externe Experten zur Aufarbeitung der Sachverhalte und im Hinblick auf die weitere Verbesserung des Sicherheitskonzepts eingeleitet.“ Dies dürfte dringend notwendig sein, auch wenn Aurubis selbst von aktuell „hohen Sicherheitsstandards“ spricht. Doch die Anteilseigner des im MDax vertretenen Konzerns reagieren bereits mehr als nervös.

Am Donnerstagabend, im Anschluss an die Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung, rutschte der Kurs der Aktie bereits kräftig ab – und die Talfahrt setzte sich auch am Freitagvormittag fort. So verlor das Papier innerhalb von gut 16 Stunden rund 15 Prozent an Wert. Lag der Kurs vor der Diebstahlmeldung noch bei mehr als 76 Euro, notierte die Aktie am Freitagmittag nur noch bei rund 65 Euro.

Hauptgrund für diesen Absturz war vor allem die in der Ad-hoc-Meldung klar formulierte Gewinnwarnung. Denn dort heißt es zu den Folgen der Diebeszüge: „Der Schaden wird das Ergebnis des Geschäftsjahres 2022/23 belasten. Der Prognosekorridor für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 (450 bis 550 Millionen Euro) kann deshalb nicht gehalten werden.“