Hamburg. Lebensmittelhersteller verringern neben der Füllmenge auch die Qualität und verwenden schlechtere Inhaltsstoffe. Elf Beispiele.
Der Preis bleibt gleich, aber die Füllmenge schrumpft – das ist der eine Klassiker unter den versteckten Preiserhöhungen. Mit „dauerhaft mehr Inhalt“ zu werben und die Packungsgröße zu erhöhen, den Preis aber überproportional kurz unter einen höheren Schwellenwert anzuziehen, ist ein anderer.
Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) hat nun auf einen weiteren Trick bei Mogelpackungen hingewiesen: „Skimpflation“. Das englische Wort skimp heißt sparen oder knausern und bedeutet in dem Zusammenhang, dass bei der Qualität der Inhaltsstoffe gespart wird. Die Firmen setzen also weniger von den werthaltigen Zutaten, die häufig teurer sind, ein und steigern so ihre Gewinnmarge.
Skimpflation: Verbraucherzentrale Hamburg warnt vor neuen Tricks bei Mogelpackungen
„In den letzten Monaten haben wir verstärkt Beschwerden zu verschlechterten Rezepturen bei Lebensmitteln erhalten“, sagte Verbraucherschützer Armin Valet, der sich mit dem Phänomen der sogenannten Mogelpackungen seit Jahren beschäftigt.
Das Problem: Der Trick ist schwierig zu durchschauen. Denn man muss alte und neue Zutatenlisten nebeneinanderlegen, um den Konzernen auf die Spur zu kommen. Valet geht daher von einer großen Dunkelziffer aus. Bei elf Produkten stellte die VZHH nun die Skimpflation fest.
Skimpflation: Hamburger Verbraucherschützer vermutet hohe Dunkelziffer
So spare der Hersteller Arla bei seinem Mischstreichfett Kærgården Butter und Rapsöl ein und ersetze sie teilweise durch Wasser, das während der Herstellung streichfähig gemacht werde. Aldi Nord reduziere bei seiner gefüllten Schokolade Amandes von Moser Roth den Anteil des Marzipans von 45 auf 38 Prozent.
Der Schweizer Konzern Nestlé verwende bei seinen zimtigen Frühstückscerealien Cini Minis ebenso wie Agrarfrost bei seinen Gitterkartoffeln Griddies Palmöl statt Sonnenblumenöl, obwohl Letzteres nun wieder ausreichend zu Preisen wie vor dem Ukraine-Krieg verfügbar sei. Der Nachteil für Verbraucher: Palmöl bestehe zu einem größeren Teil aus gesättigten Fettsäuren als Sonnenblumenöl und enthalte häufiger unerwünschte Fettschadstoffe.
Hersteller verwenden weniger Apfelsaft, Spinat oder Schlagsahne
Die Apfelschorle der Adelholzener Alpenquellen enthält nur noch 50 statt zuvor 55 Prozent Apfelsaft. Beim Rahmspinat mit frischer Sahne von Penny Markt sinkt der Spinatanteil von 88 auf 67 Prozent. Das Edeka-Gut-&-Günstig-Vanille-Eis wird nun mit Kokosfett statt zuvor 31 Prozent Schlagsahne gemacht und darf sich nur noch Eis statt Eiscreme nennen, weil der letztere Name geschützt ist.
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Im Markus Kaffee Gold von Aldi Nord ist der Schriftzusatz „100 Prozent Arabica“ entfallen, sodass dieser vermutlich teilweise durch günstigeren Robusta-Kaffee ersetzt worden sei. Beim Brotaufstrich Brunch von Edelweiß wurde der Rahmanteil um sechs Prozentpunkte reduziert und weitgehend durch günstigeren Magermilchjoghurt ersetzt.
Skimpflation – was der Hamburger Verbraucherschützer rät
Die neue Rezeptur des Sodastream-Sirups soll man nun mit nur noch 19 statt zuvor 23 Teilen Wasser mischen. Und der Weinbrand von Asbach Uralt hat nur noch 36 statt zuvor 38 Prozent Alkohol.
Die Hersteller beriefen sich häufig auf (veränderte) Geschmackswünsche der Kunden, denen man folge, so Valet. Teilweise sei die Verschlechterung der Inhaltsstoffe auch mit einer Füllmengenreduzierung einhergegangen. Valets Tipp: „Insbesondere bei Hinweisen wie ,verbesserte Rezeptur’ oder ,Neue Rezeptur’ empfiehlt sich ein prüfender Blick auf die Zutatenliste.“