Hamburg. Der Chef des Immobilienunternehmens ECE setzt verstärkt aufs Ausland und erklärt, warum mehr Discounter in Shopping-Center kommen.
Er kennt sich aus mit Immobilien: Alexander Otto, der Chef des Hamburger Shopping-Center-Betreibers und Immobilienentwicklers ECE. Im Abendblatt spricht der 56-jährige über das Einkaufsverhalten der Deutschen, stellt klare Forderungen an die Politik für den Bausektor und gibt einen Tipp für den privaten Hauskauf.
Hamburger Abendblatt: Gerade hat der Handel die Corona-Krise hinter sich gelassen, da sorgt die Konjunkturflaute bereits bei vielen Geschäftsinhabern für lange Gesichter. Wie läuft es in den Einkaufs-Centern der ECE-Gruppe?
Alexander Otto: Bei uns läuft es im Handelsbereich richtig gut. Wir können in unseren Einkaufs-Centern für das erste Halbjahr ein Umsatzplus von 15 Prozent vermelden. Damit kommen wir in Deutschland wieder in etwa auf oder leicht über das Vor-Corona-Niveau von 2019. Der Trend ist also sehr positiv. Im Ausland haben wir sogar noch eine bessere Entwicklung zu verzeichnen – dort liegen wir bereits deutlich über den Umsätzen von 2019.
Wenn man auf die schwachen Zahlen im Jahr 2022 schaut, ist ein Umsatzplus von 15 Prozent bundesweit aber auch nicht herausragend …
… in Deutschland war die Handelskonjunktur in den vergangenen Jahren wirklich sehr schwach – gerade auch im internationalen Vergleich. Und das spüren wir heute noch. Zum Beispiel liegen die Umsätze in unseren Centern in Italien bereits wieder 20 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau. Jetzt sind wir für Deutschland aber sehr zuversichtlich.
Immobilien Hamburg: Alexander Otto fordert: „Bauen muss billiger werden“
Warum läuft es im Ausland besser?
Wir haben in Deutschland noch mit den Auswirkungen der sehr restriktiven und langanhaltenden Corona-Schutzmaßnahmen zu kämpfen. Während der Pandemie haben sich viele Bundesbürger daran gewöhnt, verstärkt online einzukaufen. Und diese Kunden kommen jetzt wieder in die Geschäfte zurück, während der Online-Handel Rückgänge verzeichnet.
Wie hoch ist die Leerstandsquote in den ECE-Centern aktuell?
Unsere Leerstandsquote ist fast konstant. Früher lag sie bei drei, nun bei fünf Prozent. Sicherlich gibt es in einzelnen Branchen, wie zum Beispiel im Schuhhandel, aktuell Probleme, die zu Schließungen von Filialen führen. Hier ist es immer wieder eine Herausforderung für uns, die freien Flächen alternativ zu vermieten. Doch bisher gelingt uns das recht gut.
Müssen Sie Zugeständnisse bei den Mieten machen?
Wir haben nahezu konstante Mieteinnahmen zwischen 2019 und 2022 in den Centern gehabt. Sicherlich machen wir auch bei dem einen oder anderen Unternehmen, das sich zum Beispiel in Schwierigkeiten befindet, Kompromisse bei der Miete. Jeder Mietvertrag wird bei uns einzeln verhandelt. Aber es gibt auf der anderen Seite eben auch gute Abschlüsse mit erfolgreich expandierenden Handelskonzepten.
Die Non-Food-Discounterkette Pepco wird bundesweit in 17 ECE-Centern Läden eröffnen – auch in Hamburg. Wie viele Billiganbieter vertragen die Center, ohne einen Imageverlust zu erleiden?
Man muss sich bei dieser Frage immer das einzelne Center und dessen Ausrichtung anschauen. Allerdings orientieren wir uns beim Angebot auch an der Nachfrage der Kunden. Und aktuell sind Discountkonzepte sehr gefragt. So sind Anbieter wie Kik, Woolworth, Pepco, Tedi oder Action bei den Kunden sehr angesagt. Das liegt sicherlich auch daran, dass es dort ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gibt.
Das heißt, wir werden in Zukunft mehr preiswerte Anbieter in den ECE-Centern finden.
Davon gehe ich aus. Wir sehen ja auch Kundinnen mit einer Prada-Handtasche bei Aldi einkaufen – das ist eben der Zeitgeist.
Sind die Deutschen zu geizig?
Man kann zumindest sagen, dass die deutschen Konsumenten besonders preisbewusst sind. Der Preis spielt eine viel größere Rolle als in anderen Ländern.
Wie passt das zu der Nachhaltigkeitsdebatte in Deutschland?
Sicherlich sind die Konsumenten hier gespalten. Einerseits wollen sie ein gutes, preiswertes Produkt – andererseits soll es nachhaltig sein. Das passt nicht immer zusammen.
Pepco, Kik und Co. kommen in Einkaufs-Center
Aber ECE könnte doch nicht nachhaltige Anbieter aus den Centern verbannen …
Wir haben sehr hohe Nachhaltigkeitsziele bei der ECE. So sparen wir zum Beispiel sehr viel Energie durch neue Technologien bei der Klimatisierung und der Beleuchtung. Zudem werden wir auf die Dächer von bundesweit 50 Centern Photovoltaikanlagen installieren, auch in Hamburg. Auch bei Neuentwicklungen von Wohnungen oder Logistikimmobilien erfüllen wir höchste Standards. Aber wir werden unseren Centerbesuchern nicht vorschreiben, was und wo sie einkaufen wollen.
Wie sieht es insgesamt mit der Ertragslage in den Shopping-Centern aus?
Die Ertragslage bei den Shopping-Centern ist sehr stabil. Wie stellen als Immobilienentwickler eher fest, dass der Büromarkt schwächelt. Früher war neben den Shopping-Centern das Bürosegment ein wichtiger Bereich für uns. Nun sind wir gerade dabei ein letztes Projekt hierzulande in Köln fertigzustellen. Ansonsten sind wir bei Büroimmobilien sehr zurückhaltend. Der Großteil unserer neuen Projekte, die wir entwickeln, kommt aus dem Bereich Wohnen und Logistik.
Das heißt: Es wird von Ihnen bundesweit nicht nur keine neuen Shopping-Center, sondern auch keine neuen Büroimmobilienprojekte geben?
So sieht es derzeit aus. Insgesamt geht unser Blick immer stärker ins Ausland. Wir sind aktuell äußerst aktiv bei Wohnimmobilien und Logistikprojekten in Polen und Italien. Denn dort können wir deutlich günstiger bauen und die Mieten sind sogar zum Teil höher als in Deutschland. Ungefähr 50 Prozent unserer neuen Projekte werden bereits im Ausland realisiert, künftig wird das noch mehr.
Was machen Sie konkret im Bereich Wohnen im Ausland?
Wir bauen unter anderem Wohnanlagen mit eher kleineren Einheiten zur Miete, die wir aber mit Fitnesscentern, Lounges oder Co-Working-Places kombinieren. Zudem investieren wir auch in Eigentumswohnungen im Ausland, zum Beispiel in Italien.
Das hört sich alles weniger gut für den deutschen Markt an.
Wir würden wahnsinnig gerne mehr Wohnungen hierzulande bauen und arbeiten auch an einigen Projekten, in Hamburg haben wir gerade das Tide in der HafenCity mit 600 Wohnungen gestartet. Aber Bauen in Deutschland ist einfach zu teuer und muss dringend billiger werden. Zudem gibt es viel zu viele Auflagen in Deutschland. Oft scheitern Projekte hierzulande nicht nur am Geld, sondern auch an den notwendigen Genehmigungen, an der Bürokratie. Es sind zu viele Ebenen in Genehmigungsprozesse involviert und es gibt Unmengen an Vorschriften, die andere Länder in dieser Form nicht haben, zum Beispiel beim Schallschutz. Das geplante Entbürokratisierungsgesetz der Bundesregierung ist daher eine gute Initiative.
Was muss sich konkret ändern, damit Sie hierzulande wieder mehr investieren?
Zum einen muss die hohe Staatsquote bei den Kosten für eine Immobilie sinken. Es war aus meiner Sicht zum Beispiel nicht hilfreich, dass die Grunderwerbssteuer in Hamburg um einen Prozentpunkt angehoben wurde. Das macht den Erwerb von Eigentum unnötig teuer. Auch die Klimaschutzvorgaben beim Bauen in Deutschland sind viel strenger als in anderen Ländern – das treibt die Preise ebenfalls nach oben. Ebenso wie die vorgegebenen Quoten für den sozialen Wohnungsbau, die ich vom Ziel her richtig finde, die aber am Ende die Mieten für Normalverdiener erhöhen. Bauen muss einfacher und billiger werden. In Italien und den USA bauen wir für die Hälfte.
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Alexander Otto gibt Hauskäufern einen Tipp
Sie haben die Klimaschutzvorgaben am Bau angesprochen. Nicht nur gewerbliche Bauherren, auch private Immobilienbesitzer sind davon betroffen. Überfordern staatliche Vorgaben – wie das Heizungsgesetz der Ampel-Regierung – die privaten Haushalte?
Ja, auf jeden Fall. Hier muss man weniger mit Verboten und Vorgaben, sondern viel stärker mit finanziellen Anreizen arbeiten.
Zum Schluss eine Frage an den Immobilienprofi: Würden Sie Privatpersonen mit Blick auf Zinsen und Preise aktuell empfehlen, eine Immobilie zu kaufen?
Das kommt selbstverständlich sehr stark auf die persönliche Situation, die Lage, das Objekt und die vorhandenen Finanzmittel an. Ich könnte mir aber vorstellen, dass in den kommenden sechs bis zwölf Monaten ein guter Einstiegszeitpunkt sein wird, um eine Wohnung oder ein Haus für die Eigennutzung zu erwerben.