Hamburg. Gewerkschaft und Betriebsrat fürchten Aus für 350 Jobs. Hansestadt verliert Zentrale komplett an Kassel. Was noch geplant ist.
Beim Gas- und ÖIkonzern Wintershall Dea droht ein massiver Stellenabbau. Nach Angaben des Betriebsrats und der Gewerkschaft IG BCE sollen am Standort Hamburg rund 350 von mehr als 500 Arbeitsplätzen gestrichen werden. Das Unternehmen selbst spricht von einem weltweiten Abbau von 500 Stellen, davon etwa 300 in Deutschland.
Wintershall Dea räumt in einer Pressemitteilung zudem ein, dass Hamburg künftig nicht mehr Verwaltungssitz sein soll. Diesen hatte man sich bisher mit Kassel geteilt. In Zukunft soll die Zentrale ausschließlich in der hessischen Stadt beheimatet sein.
Nach Angaben der Arbeitnehmervertreter habe das Unternehmen wirtschaftliche Probleme, weil es sich zu sehr auf das Russland-Geschäft verlassen habe. „Der Eindruck drängt sich auf, dass das eigentlich profitable Unternehmen Wintershall Dea in Hamburg ausgeschlachtet werden soll zugunsten des Wintershall-Stammsitzes in Kassel“, sagte Jan Kolze von der IG BCE.
Wintershall Dea: Job-Kahlschlag bei Öl- und Gaskonzern in Hamburg befürchtet
„Unsere schlimmsten Befürchtungen sind noch übertroffen worden. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen haben mit ihrer engagierten Arbeit über viele Jahre geholfen, damit hohe Dividenden an die beiden Aktionäre ausgeschüttet werden konnten. Jetzt erwarten die Beschäftigten und ihre Familien zu Recht einen angemessenen Ersatz für den Verlust ihrer Arbeitsplätze. Dafür werden wir kämpfen“, ergänzte der Betriebsratsvorsitzende des Unternehmens, Günther Prien.
Nach Meinung der Arbeitnehmervertreter könnte auch der Wirtschafts- und Forschungsstandort Hamburg durch den Jobabbau leiden. Denn bei Wintershall Dea arbeiteten viele Experten, die in Deutschland eigentlich dringend für die Energiewende benötigt würden.
Wintershall Dea hält die Sparmaßmaßnahmen derweil für notwendig, um sich schlagkräftig für die Zukunft aufzustellen. „Wir haben unsere Unternehmensstrategie auf die Herausforderungen für die Energiebranche und den beschlossenen Russland-Exit angepasst und fokussieren unsere Organisationsstruktur entsprechend“, sagte Wintershall-Dea-Chef Mario Mehren.
Auch im Vorstand solle gespart werden, so werde dieser künftig nur noch aus drei statt vier Personen bestehen. Insgesamt sollen etwa 200 Millionen Euro jährlich eingespart werden, rund die Hälfte davon durch Stellenkürzungen.
Wintershall Dea: Fallen 350 Stellen in Hamburg weg?
„Wir passen unser Betriebsmodell an und stärken vor allem die operativen Tätigkeiten in unseren internationalen Business Units. Dafür müssen wir den schwierigen Schritt gehen, unsere Teams in Deutschland zu verkleinern“, sagte Mehren.
Der Stellenabbau solle möglichst sozialverträglich gestaltet werden. Die konkreten Pläne würden nun mit den Arbeitnehmervertretungen besprochen und verhandelt werden. Insgesamt sind Rückstellungen in Höhe von 225 Millionen Euro geplant.
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Zum Standort Hamburg heißt es seitens der Konzernführung konkret: Etwa 100 Stellen sollen aus dem Hamburger Headquarter sozialverträglich nach Kassel verlagert werden. Hamburg bleibe aber als Standort für die so genannte Business Unit Deutschland bestehen. Betriebsratschef Prien sagte dazu im Gespräch mit dem Abendblatt: „Wir gehen davon aus, dass die Hamburger Kollegen nur vereinzelt Angebote in Kassel bekommen werden.“
Wintershall Dea: Hamburg verliert Verwaltungssitz
Schließlich stellt Wintershall Dea in der Mitteilung unzweideutig klar, dass man sich nun komplett aus Russland zurückziehen wolle. „Unsere Entscheidung ist klar: Wir verlassen Russland“, sagte Mehren.