Hamburg. 40 Jahre nach der Gründung wird der Kronleuchter-Laden Medusa abgewickelt. Eine für Kunden wichtige Frage ist aber noch offen.
Schluss. Aus. Vorbei. Für das in wirtschaftliche Turbulenzen geratene Kronleuchter-Geschäft Medusa wird es kein Happy End geben. „Das Insolvenzverfahren wird eröffnet“, sagt der Hamburger Rechtsanwalt und Sanierungsexperte Tjark Thies von der Kanzlei Reimer. Er hat das unter eklatanter Geldnot leidende Unternehmen in den vergangenen Monaten als vorläufiger Insolvenzverwalter betreut und begleitet.
Seine wichtigste Aufgabe: einen Investor und neuen Eigentümer finden, der bereit ist, das Geschäft mit gut 800 Quadratmeter Verkaufsfläche an der Gärtnerstraße in Eimsbüttel weiterzuführen. Doch das ist nicht gelungen. Ein weißer Ritter, der Medusa rettet, war nicht zu finden.
Medusa: Ende eines Kultladens – Ausverkauf rückt näher
„Wir haben in den vergangenen Monaten intensiv gesucht, waren in Kontakt mit anderen Unternehmen im Lampenhandel und mit Herstellern. Doch niemand war bereit, das Geschäft zu übernehmen. Auch in dieser Branche verschiebt sich der Verkauf immer weiter Richtung Onlinehandel“, sagt Thies.
Jetzt steht fest: Das vor 40 Jahren gegründete Kultgeschäft, dessen Kronleuchter unter den stuckverzierten Decken vieler Altbauwohnungen in Stadtteilen wie Eppendorf und Eimsbüttel, Harvestehude und Hoheluft hängen, wird abgewickelt und verschwinden. Für Thies ist die wichtigste Aufgabe jetzt, die Ware, die noch da ist, möglichst gewinnbringend zu verkaufen, um die Gläubiger zu bedienen. Doch ob es an der Gärtnerstraße nun zum großen Ausverkauf kommt und wie lange Kunden gegebenenfalls Gelegenheit bekommen, im schwer überschaubaren Sortiment zu stöbern – das wird voraussichtlich erst in einigen Tagen feststehen.
Eimsbüttel: Es gab Interessenten – sie wollten nur die Ladenfläche
Geschäftsführer Steffen Drewes war sogar in sozialen Netzwerken und mit einem Inserat bei Ebay Kleinanzeigen auf die Suche nach einem Medusa-Retter gegangen. „Tatsächlich haben sich einige Interessenten gemeldet. Aber den meisten ging es nur darum, die Geschäftsfläche zu übernehmen“, sagt er. Als sich zwei, drei Interessenten meldeten, die tatsächlich Interesse an der Weiterführung des Geschäfts zu haben schienen, keimte kurz noch einmal etwas Hoffnung auf. „Einer davon hat sich sogar den Laden angeschaut, aber auch daraus ist dann nichts geworden“, sagt Drewes.
Er selbst hatte erst vor einigen Jahren die Geschäftsführung an der Gärtnerstraße nach einem Eigentümerwechsel übernommen. Schon damals war an sich geplant, dort nicht länger Lampen, Kronleuchter, antiquarisches Mobiliar und allerlei Wohnaccessoires zu verkaufen. Schon damals war die Verkaufsfläche in einem guten Dutzend ineinander verschachtelter Räume, die sich über das Erdgeschosse zweier Eimsbütteler Gründerzeithäuser hinziehen, zunächst das eigentliche Ziel. Doch dann entschlossen sich die neuen Eigentümer, das Medusa-Konzept fortzuführen.
Medusa: Viele Kunden in Corona-Zeit – das ist jetzt ein Fluch
Das funktionierte in den ersten Jahren nach der Übernahme ordentlich, während der Hochzeit der Corona-Pandemie 2020 und 2021 sogar überraschend gut. Denn – ausgenommen in den Monaten des Geschäfts-Lockdowns – die Umsätze waren hoch. Die Kunden investierten in Mobiliar, um es sich zu Hause schön zu machen.
Das wird für viele stationäre Fachhändler und für die gesamte Einrichtungsbranche nun jedoch zum Fluch. Diejenigen, die es sich leisten können, haben in jüngster Zeit bereits in Inneneinrichtung investiert. Andere schieben nicht notwendige Ausgaben auf die lange Bank, weil sie jetzt viel mehr Geld für Lebensmittel und Energie aufwenden müssen.
Das traf noch vor Medusa einen Mitbewerber: Regenbogen Leuchten an der Ludwig-Erhard-Straße ist schon verschwunden. Bereits Ende 2021 hatte das 1889 gegründete Hamburger Traditionsgeschäft Ewige Lampe den Geschäftsbetrieb nach Räumungsverkauf eingestellt. Begründung: die hohe Miete an der Topadresse am Alten Wall.
Medusa: Viel Mitleid, aber wenig Umsatz im Sommer
Die Folge der Kaufzurückhaltung für den Kultladen in Eimsbüttel: Im vergangenen Winter blieben die Einnahmen gering und reichten nicht, um die laufenden Kosten zu decken. Im Mai wurde die Geldnot zu groß, der Gang zum Insolvenzgericht unausweichlich. Gebessert hat sich die finanzielle Lage seitdem nicht. Kein Wunder: Der Sommer ist in der Einrichtungsbranche die umsatzschwächste Zeit des Jahres.
Und nachdem das Abendblatt erstmals über die bedrohliche Situation des Kultgeschäfts berichtete, wuchs vor allem das Mitgefühl. „Viele Kunden sagen: Das ist ja wirklich schade!“, berichtet Drewes.
Obwohl die Schließung des Ladens nun unabwendbar scheint, ist noch nicht abschließend geklärt, ob er womöglich doch noch für einige Zeit geöffnet bleibt. Ein Ausverkauf müsste dann nicht in aller Eile und binnen weniger Wochen durchgezogen werden. Insolvenzverwalter Thies ist gerade dabei, auch diese Frage abschließend zu klären.
Eimsbüttel: Optimal wäre ein Ausverkauf bei Medusa im Herbst
Geschäftsführer Drewes weiß aus Erfahrung: „Im Oktober, wenn es wieder früh am Tag dunkel wird, springt das Geschäft im Lampenhandel spürbar an.“ Unter anderem mehrere Dutzend Kronleuchter, darunter auch große, historische Stücke, an die Frau oder den Mann zu bringen – das kann ein bisschen dauern.
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Der 36-Jährige hat sich damit abgefunden, dass das Kapitel Medusa in naher Zukunft für ihn abgeschlossen sein wird. Für die beiden letzten verbliebenen Beschäftigten, die Verkäuferin und den Reparaturexperten in der Werkstatt, sei es schwerer, weiß er. Beide sind seit gut 30 Jahren in der Firma. „Sie hatten die größere Hoffnung, dass es doch noch eine Rettung gibt. Nun ist für sie die Enttäuschung umso größer“, sagt Drewes. Um den Laden sei es schon schade. „Aber am meisten tut es mir leid für die Mitarbeiter, die so engagiert gearbeitet haben, als wäre es ihr eigenes Geschäft.“