Uelzen. Das Unternehmen hat auch eine Filiale in Hamburg. Sie wurde erst vor wenigen Wochen in einem bekannten Einkaufszentrum eröffnet.
Es gab eine Zeit, da war Deerberg ein Vorzeigeunternehmen. Wenn die niedersächsische Landesregierung Journalisten demonstrieren wollte, wie fortschrittlich und zukunftszugewandt das Bundesland ist, wurden die Berichterstatter unter anderem nach Hanstedt-Velgen im Landkreis Uelzen gebracht, an den Sitz der Ökomode-Firma. Die Botschaft: Im ländlichen Raum südlich von Lüneburg gedeihen nicht allein Zuckerrüben und Kartoffeln, sondern auch innovative Geschäftskonzepte.
Das ist mehr als 20 Jahre her, und beim 1986 vom Ehepaar Deerberg gegründeten Unternehmen waren schon damals Begriffe wie ökologisch, Bio, Fairness und Nachhaltigkeit die wichtigsten Wörter im Zusammenhang mit seinen Schuhen, der farbenfrohen Damen-Mode, Heimtextilien und Wäsche. Binnen kurzer Zeit entwickelte sich Deerberg zu einem der großen Versandhändler in Deutschland.
Deerberg: Öko-Versandhaus ist insolvent – jetzt startet der Ausverkauf
Doch all das ist jetzt vorbei: Deerberg ist insolvent – und wird abgewickelt. „Die Deerberg GmbH wird ihren Betrieb im September 2023 beenden“, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Das beim Amtsgericht Uelzen bereits beantragte Insolvenzverfahren werde am 1. September eröffnet.
Die Gründe dafür seien: „Die inflationsbedingte generelle Konsumzurückhaltung, die weiteren Folgen des Ukraine-Krieges und die andauernde schwere Marktlage für Fashion Brands im Multi-Channel-Vertrieb mit Schwerpunkt Distanzhandel“, heißt es in einer Erklärung der Firma. Deerberg sei von diesen Entwicklungen massiv betroffen.
Insolvente Modefirma suchte vergeblich nach Investor
Zuvor waren Rettungsversuche gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Friedrich von Kaltenborn-Stachau von der Hamburger Kanzlei BRL gescheitert. „In den vergangenen Wochen haben wir 200 potenzielle Interessenten kontaktiert, aber leider ist derzeit so gut wie keine Investitionsbereitschaft in die Textilbranche erkennbar. Wir haben trotz intensiver Bemühungen keinen Investor für die nachhaltige Mode von Deerberg gefunden“, sagte Geschäftsführer Lars Buschbohm.
Ein Großteil der Beschäftigten in der Deerberg-Verwaltung wird bereits zum 1. September freigestellt. Diejenigen unter den insgesamt 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die den Verkauf abwickeln, bleiben einige Wochen länger. Denn im September soll im Deerberg-Onlineshop und in den Filialen ein Abverkauf der noch vorhandenen Modeartikel stattfinden. Der vorläufige Insolvenzverwalter bilde gerade ein Abwicklungsteam, heißt es.
Öko-Modefirma Deerberg – die Filiale Hamburg öffnete erst vor wenige Wochen
Eine seiner acht Filialen betreibt Deerberg neuerdings in Hamburg. Sie wurde erst vor wenigen Wochen im Alstertal-Einkaufszentrum in Poppenbüttel eröffnet – und wird nun nach kurzer Zeit wieder geschlossen.
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Dass für das Unternehmen ein verantwortungsvoller Umgang mit den Beschäftigten offenbar mehr als eine wohlklingende Floskel ist, wird auch in der Ankündigung der Betriebseinstellung deutlich. Deerberg ist nach eigenen Angaben jetzt auf der Suche nach neuen Arbeitgebern für die Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Auszubildenden.