Es ist ein überraschender Rückzug: Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Bildungsexperte Marcus Weinberg will nicht länger Vorsitzender des Landesfachausschusses (LFA) Bildung der CDU sein. In einer E-Mail, die dem Abendblatt vorliegt, teilte Weinberg seinen Entschluss den LFA-Mitgliedern mit.
Der CDU-Politiker weist auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf hin, der für ihn "eine deutlich höhere zeitliche und inhaltliche Belastung" bedeute. "Aus diesem Grunde werde ich mit Beginn der Ferien und dem Beginn des Wahlkampfes mein Amt als Vorsitzender des Landesfachausschusses niederlegen", schreibt Weinberg.
Unmittelbar vor dem heutigen Sonderparteitag der CDU zum Thema Bildung ist der Rücktritt Weinbergs ein Schritt mit Signalwirkung. Parteichef Michael Freytag hatte den Lehrer vor einem guten halben Jahr gebeten, den Vorsitz des quirligen Gremiums zu übernehmen. Auch wenn es so klar nicht ausgesprochen wurde: Weinberg, der zugleich auch stellvertretender CDU-Landeschef ist, sollte als Moderator im LFA tätig werden. Das heißt: Er sollte die härtesten parteiinternen Kritiker der Schulreform einbinden und zugleich möglichst viel an CDU-Positionen im Rahmen des Koalitionsvertrages herausholen.
Doch zuletzt gab es Kritik an seiner Rolle: Weinberg hatte vier Referenten für den heutigen Bildungs-Parteitag eingeladen, die alle der Schulreform positiv gegenüberstehen. Erst auf Druck aus dem LFA war Weinberg bereit, auch eine kritischere Stimme einzuladen.
Wenig erbaut war der CDU-Politiker dann über den Parteitagsantrag seines Parteifreundes Robert Heinemann und der stellvertretenden Altonaer Kreischefin Karin Prien. Die beiden fordern, wie gestern im Abendblatt berichtet, einen Rechtsanspruch für Eltern auf einen Wechsel ihrer Kinder auf eine andere Primarschule nach Klasse drei. Der Antrag ist eine direkte Reaktion auf den Schulentwicklungsplan, den Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) in der vergangenen Woche vorgestellt hatte.
Weinberg muss das Vorgehen von Heinemann und Prien empört haben, denn der Vorstoß ist im Grunde nicht durch den Koalitionsvertrag gedeckt, der die Klassen eins bis sechs als Einhalt sieht. Die CDU hatte bislang lediglich beschlossen, solche Wechsel nach Klasse drei in Ausnahmefällen zu ermöglichen.
Im Kern ist der Antrag eine Kampfansage an den Koalitionspartner GAL, der für Weinberg völlig zur Unzeit kommt. In seiner Rücktritts-Mail hatte der Bundestagsabgeordnete betont, dass die CDU aus seiner Sicht "deutliche Akzente" im Schulentwicklungsplan habe setzen können. Unter anderem "haben wir für 22 weiterführende Schulen (17 Gymnasien, fünf Stadtteilschulen) eine räumliche Kooperation als Voraussetzung für eine vertiefte inhaltliche Kooperation hinbekommen".
Der CDU-Politiker hat offensichtlich seinen Frieden mit der in der Partei ungeliebten Primarschule gemacht. "Ich kann für mich feststellen, dass ich im Vergleich zu der Zeit vor sechs Monaten deutlich positiver diese Reform sehe", schreibt Weinberg. Das dürfte ihn von etlichen LFA-Mitgliedern unterscheiden.