Viele Hamburger sind laut Abendblatt-Umfrage vor dem Volksentscheid noch unentschlossen. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen zeichnet sich ab.
Hamburg. Beim Volksentscheid über die Einführung der sechsjährigen Primarschule in Hamburg zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Gut elf Wochen vor der Abstimmung am 18. Juli liegen die Reformgegner knapp vorn. In der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Psephos im Auftrag des Abendblatts sagen 30 Prozent der Befragten, dass sie gegen die Pläne des schwarz-grünen Senats stimmen werden.
Grafik: Würden Sie für oder gegen die Senatspläne stimmen?
+++ Die Mehrheit ist weg +++
Dagegen wollen 25 Prozent für die Primarschule votieren. Der Anteil derer, die nicht am Volksentscheid teilnehmen wollen, liegt mit 30 Prozent erstaunlich hoch. Noch unentschieden sind 14 Prozent, ein Prozent machte keine Angabe.
Sympathie und Ablehnung für das zentrale schwarz-grüne Reformprojekt, das inzwischen auch von den Oppositionsparteien SPD und Linke mitgetragen wird, sind sehr ungleich verteilt. In der Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen wollen 47 Prozent für die Primarschule stimmen, aber auch 31 Prozent dagegen. In der Elterngeneration, also bei den Männern und Frauen im Alter zwischen 35 bis 49 Jahren, ist die Ablehnung mit 38 Prozent am größten und die Zustimmung mit 17 Prozent am niedrigsten.
Mit zunehmendem Alter wächst der Anteil derer, die am Volksentscheid nicht teilnehmen wollen. Bei den über 65-Jährigen sind es 52 Prozent. Die Wähler der Regierungspartei GAL sind mit 53 Prozent Zustimmung am reformfreudigsten. Die GAL hatte die sechsjährige Primarschule in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU im Frühjahr 2008 durchgesetzt.
Die Probleme, die die CDU-Spitze mit der eigenen Wählerklientel hat, spiegeln sich auch in der Umfrage wider. Nur 17 Prozent der CDU-Wähler sprechen sich für die Reform aus, aber 34 Prozent sind dagegen. Mit 36 Prozent ist auch der Anteil derjenigen, die an der Abstimmung nicht teilnehmen wollen, sehr hoch. Die Wählerschaft der SPD ist gespalten: 32 Prozent wollen die Senatspläne unterstützen, 33 Prozent wollen dies nicht tun. Auch im Lager der Linken fällt das Ergebnis mit 45 zu 42 Prozent unentschieden aus.
+++ Dossier: Schulreform in Hamburg +++
Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) reagierte gelassen. "Die Umfrage bestätigt den Eindruck von vielen Veranstaltungen", sagte die Senatorin dem Abendblatt. "Aber viele Hamburger sind noch unentschieden. Da haben alle Reformbefürworter ein großes Stück Überzeugungsarbeit vor sich."
Walter Scheuerl, Sprecher der Reformgegner-Initiative "Wir wollen lernen", zeigte sich zuversichtlich, "dass wir das erforderliche Quorum erreichen können und eine deutliche Mehrheit schon jetzt für unsere Volksinitiative stimmen wird". Er sehe sich "in dem Optimismus durch den großen Vorsprung bei der Altersgruppe der Eltern schulpflichtiger Kinder bestärkt". Prof. Jobst Fiedler, Sprecher der Pro-Reform-Initiative "Die Schulverbesserer", gab sich kämpferisch: "Wir befinden uns am Beginn der Mobilisierung." Der hohe Anteil der noch Unentschlossenen spreche dafür, "dass wir mit guter argumentativer Überzeugungsarbeit eine Mehrheit für unser Anliegen gewinnen werden".