Vor dem Landgericht Kiel hat ein 37 Jahre altes Mitglied der Hells Angels den Angriff auf zwei mutmaßliche “Bandidos“ eingeräumt.

Kiel. Messer, Schlagstöcke, Elektroschocker, Pfefferspray und ein Beil griffbereit im Seitenfach des Wagens - diese Waffen stellte die Polizei bei drei Rockern von den Hells Angels sicher, die sich seit Freitag vor dem Kieler Landgericht verantworten müssen. Zum Prozessauftakt gestand ein 37 Jahre alter Angeklagter eine Messerattacke auf zwei junge Männer vor einem Fitnessstudio in Kiel. Sein Verteidiger verlas eine Erklärung, wonach sein Mandant vor sieben Monaten Messer und Pfefferspray gegen die beiden Opfer einsetzte, die er für Angehörige der rivalisierenden Bandidos hielt.

Die Anklage wirft dem 37-Jährigen und zwei weiteren Hells Angels gefährliche Körperverletzung, Beihilfe dazu und Nötigung vor. Die beiden jungen Männer wurden beim Verlassen des Fitnessstudios angegriffen. Unter den Angeklagten ist auch ein Schweizer.

Die Festnahme der drei Männer einen Monat nach der Tat war dann filmreif: Sondereinsatzkommandos der Polizei stürmten morgens um 6 Uhr zeitgleich die Wohnungen. Einen 41 Jahre alten Rocker überraschten sie im Bett mit Freundin und französischer Bulldogge, wie es vor Gericht hieß. Einen Tätowierer riss es aus dem Schlaf, als die Polizisten die Wohnungstür aufbrachen, ihn auf den Boden zogen und dort bäuchlings fixierten. So steht es im Polizeiprotokoll.

Der 37-Jährige war bereits 2007 und 2008 zu Beginn des Rockerkrieges im Norden um Macht und Einfluss im Drogen- und Rotlichtbereich mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt worden. Seine Angreifer gehörten später zu den ersten Bandidos in Schleswig-Holstein. „Für ihn war klar, dass man versuchte, ihn zu töten“, sagte sein Verteidiger.

Eine Notwehrsituation für den hünenhaften Angeklagten mit tätowiertem Hinterkopf, Nacken, Wange und Händen, schloss der Anwalt auf Nachfragen aber ausdrücklich aus. Der Mann wurde von den Opfern eindeutig identifiziert, hieß es vor Gericht. Für das Geständnis hofft der nicht vorbestrafte 37 Jahre alte Tätowierer auf ein mildes Urteil. Gefährliche Körperverletzung kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Bis kommenden Freitag will das Gericht über den Antrag des Verteidigers entscheiden, die Untersuchungshaft gegen Auflagen aufzuheben.

Der 37-Jährige und sein 41 Jahre alter Mitangeklagter sitzen seit fast sechs Monaten in Untersuchungshaft. Vor und am Rande des Verfahrens gab es zwischen Staatsanwalt, Verteidigern und Gericht Gespräche. Einen Deal, der das auf mindestens 14 Verhandlungstage angesetzte Verfahren deutlich verkürzen würde, gibt es aber noch nicht, teilte der Vorsitzende Richter mit.

Zum Prozess waren strenge Sicherheitsvorkehrungen und Einlasskontrollen verfügt worden. Die Polizei hielt sich aber außerhalb des Gebäudes optisch völlig im Hintergrund. Auch im Gerichtsgebäude wurden die Einsatzkräfte reduziert, nachdem der Rockerszene eindeutig zuzuordnende Zuschauer ausblieben. Womöglich zeigt das Verbot der Organisation der Bandidos in Neumünster und der Hells Angels in Flensburg Ende April auch hier Wirkung. Das Landeskriminalamt hatte vor diesem Prozess bestätigt, dass Straftaten der verfeindeten Rocker deutlich spürbar zurückgegangen seien. Sie hatten im Mai offiziell einen Friedensschluss verkündet.

Der Prozess wird kommenden Freitag fortgesetzt. Dafür haben auch die anderen Verteidiger Erklärungen angekündigt.