Unbekannte haben das Kanzleramt in Berlin mit Farbkugeln beworfen. Steht die Aktion im Zusammenhang mit den Anschlägen in Hamburg?

Hamburg/Berlin. Nach mehreren Anschlägen in Hamburg und Berlin in der Nacht zum Freitag hat der Staatsschutz Ermittlungen aufgenommen. In Berlin schleuderten Unbekannte mit Farbe gefüllte Weihnachtskugeln gegen das Kanzleramt. Fast zur gleichen Zeit wurde die Außenstelle des Bundeskriminalamtes in Treptow mit Farbbeuteln und Molotowcocktails angegriffen. Zudem wurden Anschläge auf Berliner Büros der CDU und der SPD verübt. In Hamburg war eine Polizeiwache im Schanzenviertel von Vermummten angegriffen und zwei Streifenwagen in Brand gesetzt worden. Am frühen Freitagmorgen wurden dann im Stadtteil Hammerbrook zwei Dienstfahrzeuge des Zolls angezündet. Hamburgs Polizeipräsident Werner Jantosch ist fassungslos über die neue Dimension der Gewalt: "Die Täter haben das Leben der Beamten aufs Spiel gesetzt." Die Fahndung nach den Tätern läuft auf Hochtouren - bisher ergebnislos. Offenbar stehen die Anschläge im Zusammenhang mit der Afghanistan-Abstimmung im Bundestag.

Kurz nach 23 Uhr waren Beamte des Polizeikommissariats 16 an der Lerchenstraße (St. Pauli) durch Geräusche aufgeschreckt worden. Vor der Wache stand ein Streifenwagen in Flammen. Ein zweiter Wagen brannte kurze Zeit später. Ob die Flammen auf das andere Auto übergesprungen waren oder es einen zweiten Brandsatz gab, war zunächst unklar. „Vor der Tür warteten etwa zehn vermummte Personen, die die Kollegen massiv mit Steinen beworfen haben“, erklärte ein Polizeisprecher. Außerdem warfen die Täter Scheiben im Erdgeschoss und im ersten Stock der Polizeiwache ein. Verletzt wurde niemand. Die Angreifer flüchteten zu Fuß ins Schanzenviertel.

Die Täter hatten an der Lerchenstraße und Thadenstraße sogenannte Krähenfüße auf der Fahrbahn verteilt, die mit ihren eisernen Stiften Reifen zerstechen sollen. Auch Mülltonnen wurden angezündet und als Barrikaden verwendet. Diese waren offenbar im Vorfeld des Anschlags bereitgestellt worden, um Fahndung und Löscharbeiten zu erschweren, erklärte die Polizei. Trotz einer sofort eingeleiteten Fahndung mit mehreren Dutzend Beamten im Schanzenviertel und auf St. Pauli wurden keine Verdächtigen festgenommen.

Am Freitagmorgen standen dann im Stadtteil Hammerbrook zwei Dienstfahrzeuge des Zolls in Flammen. Eine Polizeistreife bemerkte die brennenden Autos, die vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge geparkt waren. Es habe sich um zivile Autos gehandelt, die an ihren Nummernschildern als Behördenwagen, nicht aber als Fahrzeuge des Zolls zu erkennen gewesen seien, sagte ein Beamter. Beide Autos wurden nach den bisherigen Ermittlungen in kurzem Abstand von Brandstiftern angezündet und brannten vollständig aus. Auch hier blieb die Fahndung nach Tatverdächtigen ergebnislos.

Ob es einen Zusammenhang zwischen den Taten im Schanzenviertel und in Hammerbrook gibt und ob von einem politischen Hintergrund der Täter auszugehen ist, wollte die Polizei mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht kommentieren. Der Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft schrieb in einer Pressemitteilung derweil von einer „neuen Dimension linksautonomer Gewalt“. In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz, da es sich um Angriffe auf staatliche Einrichtungen handelt.

Auch in Berlin gab es in der Nacht zwei Anschläge. Unbekannte warfen mehrere Molotowcocktails, Farbbeutel und Steine gegen die Außenstelle des Bundeskriminalamtes im Stadtteil Treptow. Verletzt wurde niemand. Auch hier streuten die Täter bei ihrer Flucht Krähenfüße. Am Freitagmorgen wurden zudem Farbschmierereien an einem SPD-Bürgerbüro in Charlottenburg entdeckt. Beschmiert wurde das Büro mit Aufschriften wie „Kriegstreiber“ oder „Bundeswehr raus aus Afghanistan“. Auch in den beiden Berliner Fällen hat der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen.

Am Donnerstag hatte der Bundestag eine Fortführung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan beschlossen. Zudem war bei der Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern über die Duldung ausländischer Einwanderer und über Maßnahmen gegen die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte diskutiert worden.