Hamburg. Rund um die Uhr im Einsatz: Sicherheitsleute sorgen für Schutz in Hamburger U-Bahnen. Auf Streife mit einem Team der Hochbahn-Wache.
Handschellen, Schlagstock, Funkgerät, Tierabwehrspray. „Das Wichtigste sind aber die Handschuhe“, sagt Fotios Tsangas, Einsatzgruppenleiter der Hamburger Hochbahn-Wache. Nicht selten kommt das Sicherheitspersonal hautnah mit Fahrgästen in Kontakt. Jeden Tag sind mehrere Teams in verschiedenen Bereichen des Hamburger U-Bahn-Netzes, der Hochbahn-Busse und der Hadag-Fähren unterwegs – und das mit vier Schichten rund um die Uhr. Für besonders schwere Fälle gibt es außerdem eine Hundestaffel.
Den Mitarbeitern werden in ihrem Dienst ganz unterschiedliche Aufgaben zuteil: Sie begleiten Fußballfans in Sonderzügen auf dem Weg zum Stadion, sorgen für den Schutz der Fahrgäste und führen anlassbezogene Fahrkartenkontrollen durch. Die Begleitung einer Sicherheitsschicht im Hamburger ÖPNV zeigt, dass die Hochbahn-Wache vor allem eine zentrale Aufgabe hat.
Hamburger Hochbahn-Wache: Aus diesem Grund wird das Team am häufigsten angesprochen
Das Team an diesem Dienstagnachmittag (10. Dezember), bestehend aus Fotios Tsangas und Daniel Fischer, ist für alle Fahrgäste ansprechbar. Schon auf dem Weg zur ersten U-Bahn-Station fragen Schulkinder aufgeregt nach der U1. Ein Touristen-Paar sucht auf den Aushängen nach der richtigen S-Bahn-Linie, eine ältere Dame möchte mit der Bahn nach Barmbek fahren.
Tsangas und Fischer gehen aktiv auf Menschen zu, die offenbar auf der Suche nach dem richtigen Weg sind. Viel öfter hingegen werden sie von Fahrgästen angesprochen. Neben der Hochbahn-Wache gibt es auf den Bahnsteigen auch Notrufsäulen, an denen Fahrgäste Notfälle melden sowie mithilfe eines Service-Knopfs um Auskunft bitten können.
Hochbahn-Wache zeigt Präsenz – auch um Gewalt zu verhindern
„Wir fangen unseren Dienst an und wissen nie, was passiert“, sagt Tsangas, der seit 1987 bei der Hamburger Hochbahn beschäftigt ist. Bei mehr als einer Million Fahrgäste pro Tag könne nichts vorausgesagt werden. Es gehe vor allem darum, Präsenz zu zeigen, so Fischer. „Viele sind dann doch gehemmt“, sagt Tsangas. Eine Zunahme an Gewalttaten im Hamburger ÖPNV können die beiden nicht wahrnehmen.
„Ich versuche, meinen Job mit Leichtigkeit zu machen. Es ist wichtig, dass auch wir wieder sicher nach Hause kommen“, sagt Fischer, der seit 2017 Einsatzgruppenleiter ist. Die Hochbahn-Wache ist dafür da, Regeln wie das Alkohol- und Rauchverbot durchzusetzen. Auch das Betteln in den Zügen ist schon seit Längerem verboten, seit Mai wird die Regel mithilfe von Durchsagen noch konsequenter umgesetzt. „Die Beschwerdelage war hoch, deshalb handeln wir auch“, so Fischer.
Hamburger Hochbahn-Wache reagiert in bestimmten Fällen nach Augenmaß
Für den 33-Jährigen steht aber auch fest: „Menschen in prekären Lebenssituationen sind schon ganz unten. Wir müssen menschlich bleiben.“ Nicht selten werde deshalb auch mal ein Auge zugedrückt. So wie bei einem Mann, der in einem Wagen der Linie U3 schlafend von Fischer und Tsangas entdeckt wird.
Routiniert zieht sich Fischer seine Handschuhe an, steigt an den Landungsbrücken in den Wagen ein, während Tsangas die Türe aufhält. Der Mann wird mit einem leichten Rütteln an der Schulter geweckt. „Ist alles gut bei Ihnen?“, fragt er. Der Schlafende verlässt selbstständig die U-Bahn. Auch Tsangas handelt nach dem Motto: „Bring den Respekt den anderen gegenüber, den auch du selbst verdient hast.“
„Menschen in prekären Lebenssituationen sind schon ganz unten. Wir müssen menschlich bleiben.“
Seit Mitte Dezember gilt zudem ein Waffenverbot im Hamburger ÖPNV. Schon zuvor sei es verboten gewesen, Waffen erkennbar mit sich zu führen, sagt Julia Lindemann, Pressesprecherin der Hamburger Hochbahn. Neu hinzukommt jedoch, dass die Hochbahn-Wache nun anlassbezogen auch Taschenkontrollen durchführen könne, sofern der Fahrgast dem zustimmt. Weigert sich dieser hingegen, werde die Polizei hinzugezogen, so Lindemann. Gleiches gelte auch, wenn eine Waffe gefunden werde.
Hamburger Hauptbahnhof: Sicherheitsleute bleiben auch bei Beleidigungen respektvoll
Die Einsatzgruppenleiter wollen Fahrgäste ebenfalls ermutigen zu handeln: „Nicht die Augen verschließen, sondern lieber einmal zu viel den Notrufknopf drücken als zu wenig.“ Abseits vom Inneren der U-Bahnen zählen auch die U-Bahnhöfe zum Einsatzgebiet der Hochbahn-Wache. Gerade am Hamburger Hauptbahnhof tummeln sich die meisten Fahrgäste. Eine Quattro-Streife, bestehend aus Hochbahn-Wache und DB Sicherheit, sowie Hamburger und Bundespolizei, ist deshalb 90 Stunden pro Woche im Einsatz.
An diesem Dienstagnachmittag werden Tsangas und Fischer am Hauptbahnhof auf einen Mann aufmerksam, der auf dem Boden, auf dem Blindenleitsystem sitzt. Die Sicherheitsleute gehen in die Hocke, sprechen ihn auf Augenhöhe an, fragen, ob er Hilfe benötige. Der Mann hält die beiden mit seinem selbsterklärten „Naziabwehrstab“ auf Distanz, fängt an, sie zu beleidigen.
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Das Wichtigste, auch in dieser Situation: Deeskalation. Das lernen die Hochbahn-Wachen-Anwärter schon in ihrer sechsmonatigen theoretischen Grundausbildung, festigen dies im praktischen Teil im Einsatztraining und in Fortbildungen immer weiter. Zu Beginn hatte die Hochbahn-Wache 30 Mitarbeiter, heute sind es 400. Tendenz steigend.
Hochbahn-Wache: Tsangas und Fischer sind auch in Silvesternacht im Einsatz
Die Schicht verläuft größtenteils ruhig. Am Ende des Jahres jedoch könnten wieder härtere Tage auf das Sicherheitspersonal zukommen. Etwa wenn feierwütige Fans zum alljährlichen Torfrock-Konzert in die Sporthalle pilgern. Oder eben zum großen Jahresabschluss. In der Silvesternacht ist die Hochbahn-Wache besonders gefragt, stellt ein Schutzgitter an dem Geländer an den Landungsbrücken auf. Um die Sicherheit aller zu gewährleisten, fahren U-Bahnen ab circa 23.30 Uhr diese Station nicht mehr an.
Tsangas und Fischer sind in dieser Nacht beide im Dienst. Auch beim Jahreswechsel ist ihr größtes Anliegen: „Jeder Fahrgast hat das Recht auf Sicherheit“, sagt Fischer.