Hamburg. „Mit mir nicht!“: Tipps von Experten für Feiernde, die mit Bus und Bahn unterwegs sind. Wie die Systeme funktionieren – und was neu geplant ist.

Anna Korbutt hat Feedback gesammelt: Die Chefin des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) hat sich Meinungen von Fahrgästen eingeholt, hat sich die Situation in den U-Bahnen, S-Bahnen und Bussen sowie auf den Bahnhöfen angesehen. „Das Thema Sicherheit bewegt uns“, sagte sie am Donnerstag bei einem Medientermin im Bahnhof Altona. „Nicht nur als Frau ist es ein großes Anliegen zu wissen, wie man sich sicherer durch den ÖPNV bewegen kann und wie unsere Sicherheitssysteme überhaupt funktionieren.“

Korbutt sagte, es gehe um Transparenz, eben weil nicht jedem Fahrgast klar sei, was eigentlich passiere, wenn er den Notrufknopf am Bahnsteig drückt oder die Sprechtaste in der S-Bahn. Bahn, Hochbahn sowie Hamburger und Bundespolizei gehen seit Monaten gemeinsam auf Streife – was sie jahrelang separat taten.

Notruf richtig nutzen: HVV veranstaltet Haltestellen-Touren

Das jedoch ist nur die eine Seite der Medaille. Vor allem den meisten Fahrgästen ist nicht wirklich bewusst, ob und wie sie in brenzligen Situationen helfen können. Dazu veranstaltet der HVV nun Haltestellen-Touren, für die man sich im Internet anmelden kann. Wie bei schrecklichen Zwischenfällen vor allem am Hauptbahnhof oder am S-Bahnhof Reeperbahn zuletzt gesehen, sind dort oft Alkohol und Aggressivität im Spiel.

Christiane Wagner, beim Hamburger Landeskriminalamt für Prävention zuständig, sagte als Tipp an alle Feiernden auf dem Kiez: „Machen Sie sich Gedanken über den Heimweg, zeigen Sie eine gerade Haltung, seien Sie zielstrebig. Das kann signalisieren: Mit mir nicht!“ Sie gibt generell den Hinweis, sich in der Nähe einer Notrufsäule am Bahnsteig aufzuhalten und sich nicht zu scheuen, sie in bedrohlich wirkenden Situationen auch zu benutzen.

Tipps vom HVV Hamburg: So funktionieren die Notrufsäulen

Es gibt zwei Knöpfe an diesen roten Säulen, zu denen Leitstreifen auf dem Boden führen und über denen Info/SOS an der Decke steht. Einer ist der sofortige Notrufknopf, mit dem man ohne Umwege einen Alarm in der Sicherheitszentrale auslöst. Die Kamera der Notrufsäule geht automatisch an, die dazugehörige Kamera an der Decke nimmt das Geschehen davor ins Visier. Der Infoknopf führt zur Betriebszentrale der S-Bahn, wobei man zunächst in eine Warteschleife geraten kann.

Eine Mitarbeiterin der DB Sicherheit erklärt die Funktionen der Notrufsäulen.
Eine Mitarbeiterin der DB Sicherheit erklärt die Funktionen der Notrufsäulen. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

HVV-Chefin Korbutt sagte, man solle nicht zögern, bei Gefahr den Notruf zu drücken oder die 110 zu wählen. Polizistin Wagner erinnerte mögliche Opfer von Attacken daran, auch Anzeige zu erstatten. Die Aufzeichnungen der Videokameras seien nur drei Tage verfügbar. Und die LKA-Spezialistin sagte: „Wenn man sieht, dass es einem Menschen nicht gut geht, sollte man ihn ansprechen.“ Sie warnte davor, Verunglückten nach einem Sturz vom Bahnsteig unmittelbar zu helfen: „Gehen Sie nicht auf die Gleise!“ Per Notruf können herannahende Züge möglicherweise gestoppt werden.

Hamburg: Sicherheitsleute am Wochenende im ersten S-Bahn-Wagen

Korbutt machte darauf aufmerksam, dass in den Nächten von Freitag auf Sonnabend und von Sonnabend auf Sonntag in fast allen S-Bahnen im ersten Wagen in Fahrtrichtung Sicherheitsleute mitfahren. Daran sollten Feiernde denken.

Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) sagte, man habe alle Haltestellen im City-Tunnel mit Bedacht saniert. Der Boden sei hell, die Beleuchtung klar. Videoüberwachung gebe es überall. „Wir wollen, dass die Menschen bei Bedarf den Notruf nutzen.“ 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien für die Sicherheit im HVV rund um die Uhr verantwortlich.

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Tjarks sagte: „Die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr ist für uns ein zentrales Thema, und wir werden an noch mehr Features arbeiten, die die Sicherheit sowie das Sicherheitsgefühl der Menschen weiter erhöhen.“ Korbutt sagte, in der HVV-App soll es in Zukunft neue Funktionen geben. Die Deutsche Bahn hatte die App SafeNow eingeführt, mit der sofort Hilfe geholt werden kann.

Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks über das Ampel-Aus

Tjarks nutzte die Präsentation der Sicherheitskampagne im HVV, um auf die Folgen des Ampel-Aus für die Verkehrspolitik aufmerksam zu machen. Er betonte, dass allein die große Nachfrage nach dem Deutschlandticket zeige, wie wichtig es sei, dessen Finanzierung zu sichern.

Fahrkartenkontrolle? Der Mann links hat ein Deutschlandticket auf dem Handy. Es ist Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), der hier S-Bahn fährt.
Fahrkartenkontrolle? Der Mann links hat ein Deutschlandticket auf dem Handy. Es ist Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), der hier S-Bahn fährt. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Rund elf Millionen Menschen haben derzeit ein 49-Euro-Ticket, das demnächst 58 Euro kostet. Tjarks ging den entlassenen Finanzminister Christian Lindner scharf an. Der FDP-Mann habe „in der Regierung permanent die Opposition gespielt“. Lindner habe nicht verstanden, dass es große Investitionen brauche, „um die Bahn und die Autobahnen zu sanieren“. Er sagte, das sei eine Zukunftsaufgabe: „Jeder, der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden will, muss sich damit auseinandersetzen.“

Lindner sei schon daran gescheitert, einen grundgesetzkonformen Haushalt aufzustellen. „Er hat sich aus der Verantwortung gestohlen. Es war richtig, dass der Bundeskanzler ihn vor die Tür gesetzt hat.“ Den Parteiaustritt von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (zuvor FDP) nannte Tjarks „folgerichtig“. Die kofinanzierten Projekte des Bundes mit Hamburg seien nach derzeitigem Stand nicht gefährdet.