Hamburg. Der HVV bietet eine Monatskarte für 69 Euro an. Bald steigt der Preis noch einmal kräftig. Was es mit dem Fahrschein auf sich hat.

Wer einen Monat lang mit Bus und Bahn in Hamburg unterwegs sein möchte, kann sich eine Monatskarte für das Gesamtnetz beim Hamburger Verkehrsverbund (HVV) ziehen – für 69 Euro. Deutlich cleverer ist da der Kauf eines Deutschlandtickets. Das kostet schließlich 20 Euro weniger und ist noch dazu bundesweit gültig.

Fragt sich, weshalb die Monatskarte für das Gesamtnetz überhaupt noch existiert. Sollen hiermit Unwissende übers Ohr gehauen werden, wie es ein Leser in einer Mail an das Abendblatt vermutet? Das Abendblatt hat beim HVV nachgefragt.

Hamburg-Ticket 20 Euro teurer als Deutschlandticket – wieso das?

Eigentlich hätte die HVV-Monatskarte im Jahr 2023 ersatzlos wegfallen können. Damals war schließlich Großreinemachen beim Verbund angesagt, und mehrere Dutzend Zeitkarten wurden radikal aus dem Sortiment verbannt. Anlass dafür war die Einführung des Deutschlandtickets. Umso erstaunlicher daher, dass ausgerechnet die HVV-Monatskarte die große Tarifrevolution überlebt hat.

Nach Auskünften des Verbunds wird es das Ticket auch weiterhin geben, denn wer auf diese Zeitkarte angewiesen ist, hat keine Alternative. „Die Monatskarte gibt es nur, weil vereinzelt Personen kein Deutschlandticket-Ticket möchten“, so ein HVV-Sprecher. Gründe dafür können sein, dass diese Kunden nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen wollen oder kein Abonnement möchten – obwohl auch das Deutschlandticket monatlich kündbar ist.

Das Nischenprodukt ist – ebenso wie das zweite Zeitkarten-Relikt, die HVV-Gesamtnetz-Wochenkarte für 29 Euro – an Fahrkartenautomaten und in Servicestellen erhältlich. Es kann sogar mit Bargeld bezahlt werden.

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Zum hohen Preis von 69 Euro für die Monatskarte äußert der HVV-Sprecher: „Sie ist zwar – auch wegen des hohen Vertriebsaufwands – teurer als das Deutschlandticket, aber viel günstiger als die frühere Monatskarte.“ Diese hatte mehr als 100 Euro gekostet, und zwar nicht für das Gesamtnetz, sondern lediglich die Zonen A und B.

HVV-Monatskarte für 69 Euro: Ist der Preis gerechtfertigt?

Ob der erhöhte Vertriebsaufwand die Kosten von 69 Euro im Monat für das Ticket rechtfertigt, lässt sich kaum überprüfen. Sicher ist hingegen: Der Preis steigt demnächst noch einmal kräftig. Zum Jahreswechsel wird das Ticket neun Euro teurer, genau wie das Deutschlandticket. Dann kostet die HVV-Gesamtnetz-Monatskarte 78 Euro und das Deutschlandticket 58 Euro, sodass die preisliche Differenz weiterhin 20 Euro beträgt.

Nach Auskünften des HVV sind derzeit circa 12.500 der Monatskarten für das Gesamtnetz in Umlauf. Das ist ziemlich genau ein Prozent des Deutschlandticket-Bestands in Hamburg. Die Verkaufszahlen der Wochenkarte (29 Euro) liegen auf ähnlichem Niveau.

Verkehr Hamburg: Schuldnerberatung kritisiert HVV-Monatskarte

Dass die Monatskarte sich vor allem an Menschen richtet, die kein Konto oder kein Interesse an einem Abo haben, bezweifelt Henrik Schmidt. Das Vorstandmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Hamburg e.V. sagt: „Nach unserer Wahrnehmung im Beratungsalltag ist das allenfalls die halbe Wahrheit.“

Stattdessen richte sich das Ticket unter anderem an Menschen, die keine neuen Abonnements beim HVV abschließen dürfen. Denn der Verbund weigere sich, Abos mit Personen abzuschließen, die Schulden aus vorherigen Abo-Verträgen haben. „Menschen mit Abo-Schulden beim HVV können daher schlicht kein Deutschlandticket beim HVV erwerben.“ Stattdessen kommt für sie nur der Kauf der Monatskarte infrage.

„Wir sehen das vor dem Hintergrund, dass es den Sozialrabatt nur für Verträge mit dem HVV gibt, extrem kritisch“, so Schmidt weiter. Menschen mit geringem Einkommen, die offene Abo-Schulden haben, können über den HVV kein Deutschlandticket mit Sozialrabatt für 19 Euro kaufen. Tickets anderer Verkehrsverbünde sind in der Regel gar nicht rabattiert.

Um wenigstens etwas Geld zu sparen, können diese Menschen die Hamburg-Monatskarte mit Sozialrabatt erwerben, für dann 39 Euro. „Diese Menschen zahlen also mehr als das Doppelte für ihre Mobilität mit dem ÖPNV“, klagt Schmidt.