Hamburg. Einigung auf den 23. Februar 2025 – eine Woche vor der Bürgerschaftswahl. Was Hamburgs Politiker daran freut und was sie sauer macht.

Schneller als gedacht, später als gefordert: Der Termin für die Neuwahl des Bundestages steht fest. Am Dienstagmorgen einigten sich die Fraktionen von SPD, Grüne und CDU auf den 23. Februar 2025. Damit bleibt der Termin hinter der Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz zurück, die Wahl bereits am 19. Januar stattfinden zu lassen – liegt jedoch deutlich vor dem ursprünglichen Plan von Kanzler Scholz. Gut eine Woche nach der Bundestagswahl wird in Hamburg die Bürgerschaft gewählt. „Ich begrüße, dass es jetzt Klarheit über den Termin der Bundestagswahl gibt. Die zeitliche Nähe zur Bürgerschaftswahl erfordert, dass wir die eigenständige Bedeutung der Hamburg-Wahl gegenüber der bundespolitischen Diskussion noch stärker hervorheben“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) dem Abendblatt.

Trotz Bundestagswahl eine Woche zuvor: Rot-grüne Senat will an Termin für Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 festhalten

Dass der Senat am Wahltermin für die Bürgerschaftswahl am 2. März trotz der zeitlichen Nähe zur Bundestagswahl festhalten will, betonte auch Senatssprecher Marcel Schweitzer. „Hamburg ist sortiert. Es kommt, wie es kommt. Über eine Verschiebung des Termins für die Bürgerschaftswahl ist im Senat nicht diskutiert worden“, sagte Schweitzer in der Landespressekonferenz. Zwar sei eine solche Verschiebung rechtlich möglich, „aber Hamburg ist eine Stadt, die seit Jahren gut, solide und sicher regiert wird“. Was wohl bedeuten soll: Eine Verlegung des Wahltermins zählt nicht zum guten Regieren.

In Berlin gebe es eine „komplett andere Situation seit einigen Tagen“, die sehr viel Unruhe bedeute, sagte Schweitzer mit Blick auf die Diskussion über den Zeitpunkt der Bundestagswahl. „Wir haben in Hamburg kein Interesse daran, für noch mehr Unruhe zu sorgen. Hamburg ist Hamburg. Berlin ist Berlin“, sagte der Senatssprecher. Die Parteien in der Stadt hätten sich auf den Wahltermin 2. März eingerichtet. „Das gilt auch für die kleinen Parteien, die heftigen Fristen ausgesetzt sind“, sagte Schweitzer. Landeswahlleiter Oliver Rudolf hatte vor einigen Tagen darauf hingewiesen, dass kleine Parteien ein auch zeitlich aufwendigeres Zulassungsverfahren durchlaufen müssen.

Bundestagswahl 2025 vor Bürgerschaftswahl: SPD Hamburg möchte lokale Themen in den Fokus rücken

„Für Hamburg ist wichtig, dass die Hamburgerinnen und Hamburger für die Zukunft unserer Stadt eigenständig entscheiden können“, sagt Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) auf Anfrage des Abendblatts. Er fügt hinzu: „Das gewährleistet der 23. Februar.“ Selbst bei einer Woche Abstand zwischen den Wahlen seien die Bürger „klug genug, zwischen der Politik in Hamburg und Berlin zu unterscheiden.“

Der Pressesprecher der SPD, Manuel Preuten, hebt zudem hervor, dass die Wahlen „nicht vollständig“ voneinander zu trennen seien. Dennoch sei die SPD „in voller Fahrt“ mit ihrer Wahlkampagne in Hamburg – „für uns wird sich erstmal nichts ändern“.

„Hamburg hat es verdient, wenn in den nächsten Wochen die Hamburger Themen genug Raum finden“

Dirk Kienscherf
Fraktionsvorsitzender der SPD in der Hamburger Bürgerschaft,

Der Fraktionsvorsitzende der SPD in der Hamburger Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, findet: „Hamburg hat es verdient, wenn in den nächsten Wochen die Hamburger Themen genug Raum finden.“ In den kommenden Wochen könne die Hansestadt ein sehr guter Kontrapunkt zum Bund sein.

Falko Droßmann, Abgeordneter im Bundestag (SPD), blickt positiv auf den anstehenden Wahlkampf: „Ich freue mich darauf, den Menschen in Hamburg unsere Vorstellung eines modernen und sozialen Deutschland zu zeigen – dafür brenne ich auch in einem Winterwahlkampf.“

Bürgerschaftswahl in Hamburg 2020
Die Bürgerschaftswahl 2025 am 2. März in Hamburg findet gut eine Woche nach der Bundestagswahl statt. (Archivbild) © picture alliance / xim.gs | picture alliance

Grüne Hamburg zu Bundestagswahl 2025: „Endlich besteht Klarheit über den Wahltermin“

Auch die Grünen in Hamburg wollen sich nicht von dem Termin kurz vor der Bürgerschaftswahl beirren lassen. Dominik Lorenzen, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sagt: „Wir nehmen es, wie es kommt!“ Allerdings warnt Lorenzen vor „parteitaktischen Spielchen“, die in dieser Situation gemieden werden sollten. „Es ist gut, dass jetzt endlich Klarheit über den Wahltermin besteht. Deutschland braucht schnellstmöglich eine handlungsfähige Bundesregierung.“ In Hamburg gebe es aktuell eine solche Regierung.

Maryam Blumenthal (Grüne) und Dirk Kienscherf (SPD, r.; hier im Januar bei einer Demo gegen rechts am Jungfernstieg) sehen den Termin zur Bundestags-Neuwahl positiv.
Maryam Blumenthal (Grüne) und Dirk Kienscherf (SPD, r.; hier im Januar bei einer Demo gegen rechts am Jungfernstieg) sehen den Termin zur Bundestags-Neuwahl positiv. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Parteikollegin und Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Hamburg, Maryam Blumenthal, ist ebenfalls erleichtert über die Klarheit, die es nun endlich gibt. „Wir Grüne sind bereit“, sagte sie dem Abendblatt. „Im Bund und in Hamburg.“ Die Partei habe sich gut aufgestellt und starte optimistisch in den Wahlkampf. „Wir wollen Hamburg weiter gestalten!“

Katharina Beck, die für die Grünen als Abgeordnete im Bundestag sitzt, verweist auf „wichtige Entscheidungen“, die noch vor der Wahl getroffen werden müssten. Beispielsweise müsse das Bundesverfassungsgericht gestärkt werden, hinzu kämen Impulse für die Wirtschaft sowie Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger. „Dass wir nun auch für den Bund in einen Winterwahlkampf kommen, heißt, dass wir uns alle buchstäblich warm anziehen müssen“, so Beck.

Die Grüne bleibt sich jedoch trotz allen Widrigkeiten treu, das heißt optimistisch: „Uns Hamburger kriegt aber natürlich kein Wetter unter“, sagt sie. Die Grünen seien trotz kurzfristigem Wahlkampf gut aufgestellt und motiviert.

Erst Bundestagswahl, dann Bürgerschaftswahl 2025: CDU sieht im Termin „Chance für einen Neuanfang“

Christoph Ploß, CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, findet deutliche Worte zum Wahltermin: „Endlich ist die Hängepartie beendet. Wir Hamburger haben somit innerhalb von einer Woche die Chance, einen Neuanfang in Hamburg und in ganz Deutschland zu wählen.“ Für die CDU seien unter anderem der Ausbau von Infrastruktur, die Bekämpfung illegaler Migration und die Reform des Bürgergeldes drängenden Themen, bei denen es „mehr Tempo“ brauche.

Dennis Thering (CDU)
Opposition in Hamburg: Dennis Thering bezeichnet die Suche nach einem neuen Wahltermin als „unwürdiges Geschacher von Bundeskanzler Scholz“. © DPA Images | Markus Scholz

Ähnlich sieht es der Oppositionsführer der CDU in der Hamburger Bürgerschaft, Dennis Thering: „Das unwürdige Geschacher von Bundeskanzler Scholz und der SPD um die Vertrauensfrage hat jetzt endlich ein Ende gefunden.“ Die Partei sei in Hamburg auf einen „Doppelwahlkampf gut vorbereitet“. Dabei hält die CDU es für wichtig, „jetzt zügig zu Stabilität und Verlässlichkeit zurückzukommen“.

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Der CDU-Bundestagsabgeordnete für Hamburg-Mitte, Christoph de Vries, sagte: „Klar ist, dass nun auch die Planungen zur Bürgerschaftswahl überdacht und ggf. angepasst werden müssen, weil beide Wahlen in einem engen zeitlichen Zusammenhang stattfinden. Wir werden im Wahlkampf als CDU deutlich machen, dass Rot-Grün in Hamburg mit Peter Tschentscher die verheerende Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Asylpolitik der Bundesregierung im Bundesrat uneingeschränkt unterstützt haben in den vergangenen drei Jahren und daher mitverantwortlich sind für den denkwürdigen Zustand unseres Landes.“

Linke Hamburg: Bundestagswahl-Termin ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Hamburgern

„All dieses elende Gezerre der vergangenen Tage – und dann kommt dabei ein Wahltermin eine Woche vor der Hamburg-Wahl raus?“, fragt Sabine Ritter, Co-Landessprecherin der Hamburger Linken. Damit habe Merz „mal wieder bewiesen, dass es ihm um nichts weiter geht als das eigene Super-Ego“.

„All dieses elende Gezerre der vergangenen Tage – und dann kommt dabei ein Wahltermin eine Woche vor der Hamburg-Wahl raus?“

Sabine Ritter
Co-Landessprecherin der Hamburger Linken.

Vielmehr sieht Ritter den Wahltermin als „eine Respektlosigkeit gegenüber den Hamburger Wähler*innen, den Landeswahlleitungen, den Parteien und erstmaligen Wahlbewerber*innen“. Die Bürger müssten sich nun erstmal „in einem Gewirr aus Wahlterminen“ zurechtfinden. Abschließend fordert die Co-Landessprecherin: „Wir brauchen jetzt dringend einen Politikwechsel hin zu einer verantwortungsvollen und sozialen Politik.

FDP Hamburg: Blume sieht Doppelwahlkampf als große Herausforderung

Die FDP-Spitzenkandidatin Katarina Blume sagte, es sei „gut, dass die Bürger jetzt Klarheit haben, auch wenn es bedauerlich ist, dass der Bundeskanzler dazu gezwungen werden musste“. Ein doppelter Wahlkampf sei eine „echte Herausforderung, der wir werden uns mit viel Energie stellen“. In Hamburg wie im Bund trete die FDP an für „mutige Wirtschaftsreformen, die wieder Wachstum und Wohlstand schaffen“.

Der rot-grüne Senat werde darauf setzen, „die hausgemachten Hamburger Probleme im Windschatten der Bundestagswahl zu verstecken“, vermutet Blume. „Das werden wir nicht durchgehen lassen. Kilometerlange Staus auf den Straßen und massiv steigende Mieten machen den Hamburgern zurecht Sorgen. Als FDP werden wir den Finger in die Wunde legen und deutlich machen, dass es besser geht.“

Auch Hamburgs AfD reagiert auf den Neuwahl-Termin

Der stellvertretende Landesvorsitzende der AfD, Dr. Alexander Wolf, nannte die vorgezogene Bundestagswahl „ein gutes Signal für Deutschland und Hamburg“. Und weiter: „Das unendliche Taktieren von Scholz hat endlich ein Ende. Der Ampel-Totalausfall zeigt sehr deutlich, wie wichtig eine konservative Wende für unser Land ist.“ Mit der Friedrich Merz und der CDU drohe „allerdings die nächste Linkskoalition“, so Wolf. „Nur mit der AfD wird es eine echte Wende zum Besseren geben.“

Nach Auffassung des Senats muss der Bundestag eine Verlängerung des Deutschlandtickets beschließen

Der rot-grüne Senat hat eine Reihe von Gesetzgebungsverfahren, die aus seiner Sicht vor der Auflösung des Bundestages noch beschlossen werden sollten, an die Bundesregierung übermittelt. Dazu zählt die Verlängerung des Deutschlandtickets. “Darüber muss Klarheit geschaffen werden. Es kann nicht sein, dass irgendwann das 2025 das Geld ausgeht. Das würde richtig Schaden anrichten, und das kann keiner der Beteiligten den Pendlerinnen und Pendlern erklären”, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) in der Landespressekonferenz.

Außerdem sollten aus Sicht des Senats unter anderem diese Vorhaben noch vom “alten” Bundestag beschlossen werden: die Stärkung des Verfassungsgerichts zum Schutz vor Verfassungsfeinden, die Erhöhung des Kindergeldes, die Novellierung des Baugesetzbuchs und die Verlängerung der Mietpreisbremse sowie die Krankenhausreform.