Hamburg. Mit der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner durch Bundeskanzler Olaf Scholz ist die Ampel am Ende. Was Hamburger Politiker nun fordern.

Nun hat Olaf Scholz dem neuen US-Präsidenten Donald Trump an diesem bewegten Mittwoch in Deutschland die großen Schlagzeilen geklaut. Er hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Damit ist die Ampelregierung am Ende. Nun soll es Neuwahlen geben. Was aber bedeutet das für Hamburg in dieser schwierigen Lage? Und wie schätzen Hamburger Politiker die aktuelle Situation ein?

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf sagte dem Abendblatt, die Entlassung Lindners sei „die logische Konsequenz aus dem Verhalten der FDP“. Auch aus Hamburger Sicht habe es so wie zuletzt nicht mehr weitergehen können. „Neuwahlen wären jetzt die sauberste Lösung“, sagte Kienscherf.

Christian Lindner entlassen: „Scholz muss jetzt die Vertrauensfrage stellen“

„Der Totalausfall der Ampel steht fest, die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist Geschichte“, sagte der Hamburger CDU-Fraktions- und Parteivorsitzende Dennis Thering. „Bundeskanzler Scholz muss jetzt die Vertrauensfrage stellen und den Weg für schnelle Neuwahlen frei machen. Unser Land braucht jetzt eine führungssstarke Bundesregierung und kein weiteres Gewurschtel einer Minderheitsregierung aus SPD und Grünen. Nur schnelle Neuwahlen lassen den notwendigen Neuanfang auf Bundesebene zu!“

Thering machte auch darauf aufmerksam, dass „Bundestagswahl und Hamburgwahl jetzt wahrscheinlich zeitlich näher zueinander rücken“. Tatsächlich könnte neben der Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 auch die Bundestagswahl in den März fallen. Das dürfte enormen Einfluss auch auf den Hamburger Wahlkampf haben.

Ampel am Ende: „Lieber gar nicht als schlecht regieren“

„Damit kämpfen wir gemeinsam im Bund für einen notwendigen Neuanfang und in Hamburg für eine Alternative zum rot-grünen weiter so“, so Thering. „Als CDU sind wir für beide Wahlen gut aufgestellt, unsere Kandidaten stehen fest, die Kampagne steht. Ab jetzt ist Wahlkampf. Hamburg und Deutschland brauchen einen Neuanfang.“

Der Hamburger Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen sagte: „‘Lieber gar nicht als schlecht regieren‘ – Scholz nimmt Lindner beim Wort. Die FDP hat leider bewiesen, dass sie keine Verantwortung für Deutschland übernehmen kann. In Hamburg zeigt Rot-Grün, wie verantwortungsvoll und partnerschaftlich regiert wird.“

Lindner-Entlassung: „Das Land in kürzester Zeit in die Abstiegszone manövriert“

Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries sieht das Ganze natürlich etwas anders. „Die Ampel war schon seit geraumer Zeit politisch tot und handlungsunfähig. Jetzt ist sie an ihr offizielles Ende gekommen“, sagte de Vries dem Abendblatt. „Diese Bundesregierung habe das Land „in kürzester Zeit in die wirtschaftliche Abstiegszone und in die gesellschaftliche Depression manövriert“, so de Vries.

„Jetzt darf es nicht mehr um die Karrierepläne von Olaf Scholz gehen. Es muss jetzt umgehend Neuwahlen und einen politischen Neustart für Deutschland geben. Wenn der Bundeskanzler seiner staatspolitischen Verantwortung gerecht werden will, muss er den Weg dafür frei machen.“

Christian Lindner: „Es geht immer erst um ihn, dann um die FDP und erst dann um das Land“

Der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi sagte: „Ich kenne Christian Lindner. Ich musste mit ihm im Haushaltsausschuss drei Jahre zusammenarbeiten. Es ging immer erst um ihn, dann um die FDP und erst am Schluss um unsere Land. Ein Spieler, der die Verantwortung für unser Land nicht ernst nimmt.“ Aus Angst vor der politischen Bedeutungslosigkeit habe Christian Lindner „in einer unverantwortlichen Weise seit Wochen versucht, aus existenziellen Krisen unseres Landes, eigenes politisches Kapital zu schlagen. Unverantwortlich.“

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„Die Entscheidung des Bundeskanzlers, Christian Lindner zu entlassen, beendet eine lange Hängepartie“, sagte Hamburgs Grünenchefin Maryam Blumenthal dem Abendblatt. „Angesichts der Herausforderungen, die wir im Land und darüber hinaus zu bewältigen haben, eröffnet dieser Schritt die Möglichkeit, wieder konstruktiv und handlungsfähig zu agieren. Die Menschen brauchen jetzt Sicherheit und Klarheit, was unter der Beteiligung der FDP offensichtlich nicht mehr möglich war. Wir sehen uns in der Verantwortung, konstruktiv und verantwortungsvoll Lösungen zu finden, darauf wird es nun die nächsten Wochen und Monate ankommen.“

Christoph Ploß: „Das Problem ist nicht die FDP, es ist der Bundeskanzler“

„Die Ampel ist krachend gescheitert“, formulierte der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß. „Das Problem ist in erster Linie nicht die FDP, es ist der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz. Nach drei Scholz-Jahren ist unser Land vor allem wirtschaftlich in einem so desolaten Zustand, dass wir dringend eine neue Regierung und einen Kanzler mit wirtschaftspolitischem Sachverstand brauchen.“

Hamburgs FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen sagte: „Es wurde in den letzten Tagen deutlich, dass unsere Koalitionspartner nicht mehr den Mut und die Kraft haben, die dringend notwendigen Reformen für die deutsche Wirtschaft auf den Weg zu bringen. Daran haben auch die heutigen Gespräche im Kanzleramt nichts geändert.“ Neuwahlen seien daher „der richtige und anständige Weg für Deutschland“. Dabei werde es „auch um eine Richtungsentscheidung für mehr Wohlstand und Wachstum auf der einen Seite und ein ‚Weiter so‘ auf der anderen gehen“. 

FDP-Bundestagsabgeordneter Michael Kruse: „Kanzler Olaf Scholz hat fertig“

Der Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Kruse wurde drastisch. „Kanzler Olaf Scholz hat fertig. Er hat das Land in eine Sackgasse geführt“, sagte er am Mittwochabend. „In einem feinsäuberlich geplanten Statement hat er heute versucht zu begründen, warum ein Verfassungsbruch jetzt der richtige Weg für das Land wäre. Deutschland braucht statt Verfassungsbrüchen jetzt den Mut zur Veränderung und eine echte Wirtschaftswende.“ Scholz habe „die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Aufbruchs verkannt“.

Anstatt sich „eisern an Posten festzuklammern und Neuwahlen zu verzögern“, solle der „Noch-Kanzler jetzt den Weg für schnellstmögliche Neuwahlen freimachen“, so Kruse. „Ich habe das Vertrauen in den Kanzler Olaf Scholz heute endgültig verloren, der Großteil des Landes hat dieses Vertrauen schon lange nicht mehr.“