Hamburg. Linke und AfD könnten Stimmen an das BSW verlieren. Mittlerweile aber wird es immer unsicherer, ob das Bündnis antritt. Neue Vorwürfe.
Im Sommer war Żaklin Nastić noch ganz positiv gestimmt. Sie sei „optimistisch, dass wir das so rechtzeitig schaffen, dass wir auch schon zur Bürgerschaftswahl im März in Hamburg antreten können“, sagte die Hamburger BSW-Bundestagsabgeordnete und Landeskoordinatorin des jungen Bündnisses Sahra Wagenknecht im Juli dem Abendblatt. „Zur Bundestagswahl im Herbst dann sowieso.“ Mittlerweile hat sich der Optimismus etwas verflüchtigt.
Noch immer gibt es keinen Landesverband in Hamburg. Die Mitgliederzahl dümpelt bei 27, wie Nastić bestätigt – was wohl auch daran liegt, dass das BSW nur sehr restriktiv und nach genauer Prüfung Menschen aufnimmt und dass über jede Aufnahme der Bundesvorstand entscheiden muss. Hinzu kommt, dass es mit dem früheren SPD- und dann Linken-Mann Torsten Teichert auch schon einen Austritt aus dem Hamburger BSW gab, der nicht gerade geräuschlos verlief, weil Teichert nicht zur Geräuschlosigkeit neigt.
BSW Hamburg: Kneift das Wagenknecht-Bündnis vor der Wahl im März 2025?
Zuletzt hatte die Hamburger BSW-Koordinatorin Nastić aber auch durch andere Themen, etwa rund um eine Trennung, Aufmerksamkeit ausgelöst. Und dann berichtete kürzlich das Recherchekollektiv „Correctiv“ über einen Nastic-Mitarbeiter, der als prorussicher Nationalist aktiv sei. Dessen Arbeitsverhältnis sei aber schon vorher bis zum 30. Oktober befristet gewesen, sagte Nastić dazu dem Abendblatt. Im Übrigen habe er keine wichtigen politischen Aufgaben gehabt, sondern lediglich in Sachen Social Media zugearbeitet.
Erschwerend hinzu kommt wohl, dass die Bundeslinke ihre ganze Kraft nach Hamburg werfen will, um hier den Grundstein für ihr politisches Überleben auch bei der Bundestagswahl zu legen. Und nun haben auch noch drei prominente Hamburger Ex-Linke, die das BSW womöglich auch nicht aufgenommen hätte, auf eigene Faust eine linke Wählervereinigung gegründet – unter dem Namen „Die Wahl für Frieden und soziale Gerechtigkeit“, kurz „Die Wahl – WFG“. Federführend in der Vereinigung ist Keyvan Taheri, einst gemeinsam mit der heutigen BSW-Frau Nastić Hamburger Landessprecher der Linken.
BSW Hamburg: Koordinatorin gibt sich heute deutlich zurückhaltender
Bei alldem wird die Partei derzeit auch durch den schmerzhaften Realitätsscheck bei den Sondierungen in ostdeutschen Ländern arg gefordert und ficht dabei auch offen ihre Konflikte aus. Das ist insgesamt vielleicht nicht die beste Ausgangslage für die Gründung eines Landesverbandes in Hamburg. Nastić selber äußert sich mittlerweile auch deutlich vorsichtiger als noch im Sommer.
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„Wir sind in der Planung für die Gründung des Landesverbandes und in der Diskussion um einen möglichen Wahlantritt zur Bürgerschaft“, sagte sie jetzt auf Abendblatt-Anfrage. „Was die Konkurrenz plant, haben wir zur Kenntnis genommen.“
BSW Hamburg: Wahlantritt stellt „schon eine Herausforderung dar“
Ein Wahlantritt stelle „gerade für eine junge Partei schon eine Herausforderung dar“, so Nastić . „Wir entscheiden das in den nächsten Wochen. In Abwägung der politischen Umstände sowie der personellen Aufstellung in Absprache mit dem Bund.“
Das hört sich fast so an, als könnten Linke und AfD in Hamburg womöglich bald aufatmen. Aber sicher ist das natürlich nicht. Das BSW hat schließlich zuletzt immer wieder überrascht.