Hamburg. Hamburger Jan van Aken will Linken-Bundeschef werden. Was er von Sarah Wagenknecht und Gendern hält und bei der Bürgerschaftswahl erwartet.
Ausgerechnet ein Hamburger will die zuletzt vollkommen zerstrittene Linkspartei vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit retten. Der frühere Bundestagsabgeordnete und Ex-Uno-Waffeninspekteur Jan van Aken (63) kandidiert im Herbst für einen der Bundessprecherposten – bisher als einziger männlicher Bewerber und daher mit guten Chancen. In Hamburg machte er am Wochenende deutlich, wie er die Linke neu aufstellen will, wen er als Hauptgegner sieht und was er von der Ex-Linken Sahra Wagenknecht und der nach ihr benannten Partei, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), hält.
„Das sind rassistische Parolen, die die teilweise rauslassen, dieses soziale Gerechtigkeit nur für Deutsche“, sagte er dem Abendblatt am Rande einer Linken-Veranstaltung in St. Georg auf die Frage, wie er das BSW politisch einordne. „Das finde ich eher rechts, eher rechts der Mitte einzusortieren.“
Sahra Wagenknecht „wird Millionärin, indem sie Unsinn erzählt“
Angesprochen auf die Wagenknecht-Kritik, die Linke habe sich zu einer großstädtischen Lifestyle-Partei entwickelt, die sich mehr um Gendersprache als um Arbeitnehmerrechte kümmere, wies van Aken diese deutlich zurück. „Das war eine Geschichte, die hat Wagenknecht erfunden, um ihr Buch zu verkaufen. Die wird Millionärin damit, dass sie so einen Unsinn erzählt. Ich finde, das stimmt überhaupt nicht“, sagte van Aken dem Abendblatt.
„Wir haben Politik für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemacht und fürs Gendern. Wo ist denn da der Widerspruch? Gehen Sie mal zu VW ans Band, meinen Sie denn, die sind da alle stumpf? Da arbeiten Frauen, die legen Wert darauf, dass sie als Frauen angesprochen werden. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen arbeitender Bevölkerung und woken Hipstern, das ist total albern.“
Jan van Aken: „FC St. Pauli ist als Team aufgestiegen. Das muss die Linke auch hinbekommen“
Er sehe aber das BSW gar nicht als Hauptgegner, auch nicht SPD oder Grüne. „Mein Kampf ist ein Kampf gegen rechts, mein Kampf ist ein Kampf für soziale Gerechtigkeit“, so van Aken. Die Partei habe zuletzt auch nicht vorrangig an den BSW verloren, sondern viel an Nichtwähler und auch an die AfD.
Er wolle die Linke wieder zusammenführen und die Parteispitze als Kollektiv aufstellen, sagte van Aken dem Abendblatt. „Der FC St. Pauli ist nicht aufgestiegen, weil sie die elf Superspieler hatten, sondern weil die ein Team waren. Und das müssen wir als Linke wieder hinbekommen. Wenn wir das wieder hinbekommen, dann gewinnen wir auch wieder“, so der gebürtige Reinbeker.
Linke Hamburg: Van Aken lebt derzeit in Tel Aviv, will aber nach Hamburg zurückkehren
Zudem müsse die Linke wieder in der Lage sein, in Kampagnen „alles auf einen Punkt zu setzen“. Durch seine Erfahrung bei Greenpeace wisse er, wie wichtig Kampagnenfähigkeit sei. Früher habe die Linke bewiesen, dass sie das könne, so habe sie etwa den Mindestlohn durchgesetzt. Dazu müsse die Partei zurückkommen.
Van Aken, der derzeit in Tel Aviv für die Rosa-Luxemburg-Stiftung arbeitet und dort auch lebt, kündigte seine Rückkehr nach Deutschland an, wenn er Linken-Chef werde. Dann werde er wieder Hamburger, eine Wohnung habe er hier noch. Die Hamburger Linke sieht van Aken offenbar als gut aufgestellt und extrem wichtig für die Wiederbelebung der Gesamtpartei an. Denn die Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 sei die einzige Landtagswahl im kommenden Jahr und damit auch ein Gradmesser für seine Arbeit, wenn er denn Parteichef werde.
Bürgerschaftswahl Hamburg: Linke soll mindestesten zwölf Prozent erreichen
Dabei setzt er die Hürde für seine Hamburger Genossinen und Genossen sehr hoch. „Zwölf Prozent will ich von euch in Hamburg“, sagte van Aken in seiner Rede am Sonnabend auf dem Carl-von-Ossietzky-Platz. Zum Vergleich: Bei der Bürgerschaftswahl 2020 hatte die Linke in Hamburg 9,1 Prozent geholt. In Bundesumfragen lag sie zuletzt bei nur drei Prozent, bei der Europawahl bekam sie gerade einmal 2,7 Prozent. In der letzten Hamburg-Umfrage im Februar erreichte die Linke immerhin noch sieben Prozent.
Wie die Chancen der Linken im März bei der Bürgerschaftswahl stehen, dürfte auch davon abhängen, ob das BSW in Hamburg zur Wahl antritt. Im Sommer hatte es noch geheißen, das BSW habe dieses Ziel. Allerdings scheint es in der im Aufbau befindlichen Partei in Hamburg zuletzt einige Querelen zu geben, sodass es möglich ist, dass sie zur Bürgerschaftswahl noch nicht antritt.
Wohnen Hamburg: Van Aken will den Mietendeckel zu einem zentralen Wahlkampfthema machen
Für die Bundestagswahl im Herbst 2025 taxierte van Aken die Linke in seiner Rede auf sieben bis acht Prozent. Seine Zuversicht schöpfe er aus Gesprächen, die er im vergangenen Monat im Rahmen einer Buchtour quer durch Deutschland geführt habe, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Da ist so viel Energie an der Basis der Partei, das ist schon irre. Da lebt noch ganz viel. Jetzt muss man nur noch ein paar Sachen richtig machen und dann funktioniert das.“
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Am meisten bewegten die Menschen „die sozialen Themen“, gerade diejenigen, „die am Ende des Monats kaum noch über die Runden kommen“, so Aken zur dpa. Die Forderung nach einem Mietendeckel wäre dabei ein wichtiges Thema. „Ich möchte diesen Mietendeckel durchsetzen. Wenn wir das gut machen, wie damals beim Mindestlohn, dann werden wir das gewinnen, weil die anderen Parteien nicht mehr drumrumkommen.“
Politik Hamburg: Auch van Akens mögliche Co-Vorsitzende ist in Hamburg aufgewachsen
Die bisherigen Bundesvorsitzenden der Linken, Janine Wissler und Martin Schirdewan, hatten kürzlich ihren Rückzug erklärt. Als bisher einzige Kandidatin für den weiblichen Führungsposten hatte sich die ebenfalls in Hamburg aufgewachsene Ines Schwerdtner gemeldet. Bislang sei er mit der 35-Jährigen erst einmal persönlich zusammengetroffen, sagte van Aken. Inzwischen hätten sie telefoniert und auch Inhaltliches besprochen. „Das hat sich gut angefühlt. Ich glaube, wir können gut miteinander.“