Hamburg. Linksfraktion hat bereits drittes Mitglied verloren. Partei von Sahra Wagenknecht macht klare Ansage zum Antreten bei der Bürgerschaftswahl 2025.
Die Linksfraktion gilt in Hamburg selbst unter Beobachtern, die politisch weit entfernt stehen, als professionell aufgestellt. Egal, ob es in der Bürgerschaft um Wohnungsbau und Mieten, um Verkehr, Armut, den Hafen oder Gesundheitsthemen geht: Die meisten Linken-Abgeordneten machen ihre Arbeit in der Bürgerschaft in der Regel so energisch und kompetent, dass sie dem Senat weh- und der Demokratie in dieser Stadt guttun – ganz gleich, was man nun inhaltlich von ihren Positionen hält. Aber all das hilft der Linksfraktion um die Fraktionschefinnen Sabine Boeddinghaus und Cansu Özdemir wenig gegen die bundesweiten Flügelkämpfe und Verwerfungen in der eigenen Partei. Zum 1. Juli verliert die Fraktion vor diesem Hintergrund nun bereits den dritten Abgeordneten.
Bereits im Jahr 2022 verließ der heute 46-jährige Mehmet Yildiz die Fraktion und begründete dies mit angeblichem Mobbing, im Januar 2024 trat er auch aus der Linkspartei aus. Im November des vergangenen Jahres verließ der 62-jährige Sozialarbeiter Metin Kaya die Linkspartei und deren Bürgerschaftsfraktion und trat direkt dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei. Und jetzt, zum 1. Juli, verliert die Linksfraktion ein drittes Mitglied: Denn die Sozial- und Wissenschaftspolitikerin Stephanie Rose legte ihr Mandat aus familiären Gründen nieder. Für sie rückte zum Monatswechsel Martin Dolzer nach, der bereits von 2015 bis 2020 für die Linke in der Bürgerschaft saß. Mittlerweile ist auch Dolzer aus der Linkspartei ausgetreten und wird auch deren Fraktion nicht mehr angehören.
Linksfraktion Hamburg: Schon drei Mandate in der Bürgerschaft durch Zwist verloren
Damit ist die Linksfraktion seit der Bürgerschaftswahl 2020 von 13 auf nur noch zehn Abgeordnete zusammengeschrumpft. Zugleich stellt sich nun die Frage, ob die derzeit fraktionslosen drei Ex-Linken sich zusammentun, um eine Gruppe zu bilden. Für die Gründung einer Fraktion, die bei Redezeiten, Ausschusssitzen und Finanzen besser ausgestattet werden als einzelne Abgeordnete, sind zwar mindestens sechs Abgeordnete nötig. Aber eine Gruppe nach Paragraf 6 des Fraktionsgesetzes könnten die drei bilden, wodurch sie für ihre Arbeit finanziell besser ausgestattet würden. Zudem stünde der Gruppe ein Sitz im Haushaltsausschuss zu.
„Es muss zwischen den drei Abgeordneten besprochen und geklärt werden, ob alle eine solche Gruppe wollen“, sagte Metin Kaya dem Abendblatt. „Denn ich bin beim BSW, die beiden anderen nicht. Wie soll die Konstellation, wenn sie gewollt sein sollte, aussehen? Welche Themen können gemeinsam in einer solchen Gruppe belegt werden? Außerdem kann ich nicht alleine entscheiden, sondern der Parteivorstand des BSW muss einbezogen werden. Es sind also viele ungeklärte Fragen vorhanden.“
BSW Hamburg: Partei prüft sehr genau, wen sie aufnimmt und wen nicht
Yildiz und Dolzer weisen ebenfalls darauf hin, dass man derzeit Gespräche über das Thema führe. Allerdings ist der BSW sehr restriktiv mit der Aufnahme von Mitgliedern, da die Führung unbedingt verhindern will, dass durch möglicherweise unseriöse Neumitglieder die Seriosität der neuen Partei infrage gestellt werden könnte. Ob Yildiz und Dolzer aufgenommen würden, wenn sie dies wünschten, müsste der Bundesvorstand entscheiden, wie die Hamburger Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic dem Abendblatt sagte. Nastic war früher Hamburger Linken-Chefin, ist mittlerweile beim BSW und soll den Hamburger Landesverband aufbauen.
Dabei wären die Chancen der Ex-Linken Yildiz und Dolzer auf eine Aufnahme möglicherweise nicht besonders gut. Yildiz hatte die Corona-Pandemie 2020 als eine „moderne Kriegswaffe“ von „Imperialisten“ bezeichnet. Das Virus sei im Labor hergestellt worden. Dolzer hatte als Linken-Abgeordneter in der Bürgerschaft mit radikalen Positionen für Aufsehen gesorgt, etwa als er der Hamburger Polizei einen „Hinrichtungsversuch“ unterstellte, was zu einer Anzeige des Polizeipräsidenten gegen ihn wegen übler Nachrede führte. Zudem vertrete Dolzer in der Migrationspolitik andere Positionen als der BSW, der die Zuwanderung eher beschränken wolle, hieß es.
Bürgerschaftswahl 2025: BSW will antreten und bald Landesverband gründen
Insofern scheint es derzeit eher unwahrscheinlich, dass BSW-Mann Kaya mit den beiden andere Ex-Linken eine Gruppe bildet. Denn dafür bräuchte er die Erlaubnis der Parteiführung um Sahra Wagenknecht. Mit Kaya habe das BSW ja derzeit wenigstens einen Abgeordneten im Hamburger Landesparlament, hieß es aus Berlin.
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Die Hamburger BSW-Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic zeigte sich jetzt im Gespräch mit dem Abendblatt guter Dinge, was den Aufbau eines Landesverbandes in Hamburg angeht. „Ich bin optimistisch, dass wir das so rechtzeitig schaffen, dass wir auch schon zur Bürgerschaftswahl im März in Hamburg antreten können“, so Nastic. „Zur Bundestagswahl im Herbst dann sowieso.“
Bündnis Sahra Wagenknecht muss Beteiligung bis 2. Dezember anzeigen
Dabei drängt mittlerweile die Zeit. Denn bis spätestens 2. Dezember 2024, 16 Uhr, müsste der BSW eine Beteiligungsanzeige für die Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 abgeben. Bis zum 24. Dezember um 16 Uhr müssten dann auch die Kandidatenlisten und mindestens 1000 Unterstützerunterschriften vorgelegt werden. Vom Zeitablauf her wäre es daher sinnvoll, die Kandidaten bereits im Herbst aufzustellen, denn so hätte man mehr Zeit zur Sammlung der nötigen Unterschriften.