Hamburg. 10 bis 15 Prozent von ihnen leiden unter Traurigkeit nach der Geburt. Das lässt sich gut behandeln, aber viele Fälle werden nicht erkannt.

10 bis 15 Prozent der Mütter und ein nicht unerheblicher Teil der Väter, so schätzen Experten, haben vor oder nach der Geburt mit Depressionen zu kämpfen. Die postpartale Depression, wie Fachleute sie nennen, ist ein größeres Problem, als den meisten bewusst ist. Susanne Simen, Oberärztin der Psychiatrie im Klinikum Nürnberg, kennt sich bestens damit aus. Sie ist zu Gast im Abendblatt-Podcast „Die KinderDocs“ und hat ein Programm mitgebracht, das die Versorgung junger Familien und das Verhältnis zwischen Mutter und Kind deutlich verbessern hilft. „Diese Form der Depression ist gut behandelbar. Unbehandelt aber neigt sie zur Chronifizierung“, sagt Simen.

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Postpartale Depression: Dieses Programm hilft jungen Müttern

Die KinderDocs - Expertenwissen für Eltern

Claudia Haupt und Charlotte Schulz vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Hamburg, erleben diese Frauen immer wieder in ihren Kinderarztpraxen. „Es zeigt sich beispielsweise in der Art, wie die Mama ihr Kind hält, ein bisschen wie einen Gegenstand. Die Babys werden eher mechanisch versorgt, aber es fehlt die innige Zugewandtheit, das Lächeln“, erzählt Claudia Haupt. Oftmals wird die Depression aber auch nicht erkannt, weil die Elternteile versuchen, sie zu überspielen. „Sie fühlen sich als schlechte Eltern, werden ihren eigenen Erwartungen nicht gerecht und schämen sich, obwohl sie sich mit aller Kraft bemühen, ihr Kind gut zu versorgen, und eigentlich dringend Hilfe benötigen“, sagt Charlotte Schulz.

Postpartale Depression: Neues Programm UPlusE hilft, sie frühzeitig zu erkennen

Um postpartale Depressionen besser zu erkennen, wurde das Programm UPlusE entwickelt. Bei den Untersuchungen der Kinder bekommen die Mütter einen Fragebogen mit wenigen Fragen zur psychosozialen Belastung und emotionalen Beziehung zum Kind. Über die App des Berufsverbandes „Meine pädiatrische Praxis“ werden Eltern vor jeder Untersuchung angeschrieben; sie können die Fragebögen bequem am Handy ausfüllen.

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Wird die Depression nicht behandelt, haben es die betroffenen Eltern schwer, eine echte Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen, das Kind zu „lesen“ und auf seine Bedürfnisse einzugehen. „Das beeinflusst in ganz tiefer Weise das Selbstbild des Kindes. Es erhöht das Risiko, dass es später selbst psychisch erkrankt“, sagt Psychiaterin Simen. „Aber wenn sie einmal erkannt wird, können wir die postpartale Depression mit Medikamenten, die man auch gut beim Stillen geben kann, und Psychotherapie wirklich gut und schnell behandeln“, macht sie den Eltern Mut.

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