Hamburg. Christiane Bernreuther und Volker Bitzer über ihre bewusste Entscheidung gegen Nachwuchs. Und warum sie trotzdem etwas „hinterlassen“.
- Paar aus Eppendorf hat sich bewusst für ein Leben ohne Kinder entschieden.
- Hansestadt nimmt beim Thema Kinderlosigkeit einen Spitzenplatz ein.
- Anteil von kinderlosen Fauen (zwischen 45 und 54 Jahren) bei 29 Prozent.
Ein großzügiger Altbau in Eppendorf, hochwertige Möbel, viele Bücher in den Regalen und ein Kunstatelier. Krümel auf dem Boden? Fingerabdrücke an den Fensterscheiben? Achtlos in die Ecke geschmissene Schuhe? All das gibt es bei Christiane Bernreuther und Volker Bitzer nicht. Gab es auch nie. Denn das Paar hat sich bewusst für ein Leben ohne Kinder entschieden. Eine Entscheidung, die sie nie bereut haben.
Der gelernte Journalist und die Krankenschwester sind mit dieser Entscheidung in Hamburg in guter Gesellschaft. Die Hansestadt nimmt beim Thema Kinderlosigkeit einen Spitzenplatz ein. Laut Informationen des Statistischen Bundesamtes liegt der Anteil von kinderlosen Frauen (zwischen 45 und 54 Jahren) hier bei 29 Prozent, wobei auch solche dazuzählen, die ungewollt kinderlos geblieben sind.
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Als sich beide in den 1990er-Jahren kennenlernten, war schnell klar, dass es etwas Ernstes werden würde. Volker Bitzer, damals 24 Jahre alt, war sofort begeistert von der acht Jahre älteren Christiane Bernreuther. Nur eines wollte er schnell abgeklärt wissen: die Kinderfrage. „Ich war mir damals schon sicher, dass ich nie Kinder haben möchte, und fand es wichtig, ihr das schnell mitzuteilen.“
Und dann passierte das, womit er nicht unbedingt gerechnet hatte: Bernreuther verspürte auch keinen Kinderwunsch. Statt Kindern träumen die beiden von Freiheit, von Zeit für sich und für ihre Hobbys. Bernreuther ist leidenschaftliche Malerin und Bitzer schreibt Krimis – und zwar am liebsten in der Nacht und in ganz in Ruhe. Mit Kindern wäre das so nicht umsetzbar gewesen.
Christiane Bernreuther, die als Krankenschwester in einem Hamburger Krankenhaus arbeitet, sagt: „Hätte ich Kinder bekommen, hätte ich meine eigenen Leidenschaften und Interessen zurückstellen müssen. Dazu wäre ich nicht bereit gewesen.“
Kinderlos glücklich: Entscheidung gegen Schlaflosigkeit und Stress
Auch als in ihrem Freundeskreis immer mehr Paare Kinder bekommen, lassen sie sich nicht beirren. Im Gegenteil: „Wir erlebten zum Teil sehr eindrucksvoll, was es bedeutet, kleine Kinder zu haben. Und das, was wir gesehen haben, wollten wir auf keinen Fall haben: die Schlaflosigkeit, der Stress und die Aufgabe der Freiheit.“
Oft hätten sie insgeheim sogar gedacht: „Wir hatten den Eindruck, dass viele einfach Kinder bekommen, weil andere auch Kinder bekommen und weil man es halt so macht“, sagt Bitzer. „Wir hatten jedenfalls nicht bei allen jungen Müttern und Vätern damals den Eindruck, dass sie wirklich glücklich waren.“
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Ob es sie trotzdem manchmal gegeben habe, die Momente, in denen sie an ihrer Entscheidung gezweifelt hätten? Die Antwort kommt schnell: „Nein, nie.“ Über ihre Familien hätten sie viel Kontakt zu Kindern. „Wir sehen unsere Neffen und Nichten regelmäßig und genießen das sehr.“
Paar ohne Kinder aus Eppendorf: „Wir haben nie Druck erfahren“
Das Umfeld habe immer entspannt auf ihre Haltung reagiert. „Wir hatten nie das Gefühl, von irgendeiner Seite Druck zu bekommen“, so Bitzer. In den Zeiten, als viele Freunde kleine Kinder hatten, hätten sie sich einfach angepasst. „Wir konnten ja zum Glück immer flexibel sein und haben unsere Freunde dann halt zu Hause besucht, statt ins Restaurant zu gehen.“ Für sie sei das immer okay gewesen. „Wir haben kein Problem damit, uns anzupassen, und wir freuen uns über jedermanns Familienglück mit Kindern. Es ist eben nur nicht unser Modell“, sagt Bernreuther.
Ob sie es für denkbar halten, dass sie ihre Entscheidung im Alter vielleicht anders bewerten? Weil dann keine Kinder und Enkelkinder da sind, die vielleicht mit unter die Arme greifen können? Oder weil der Gedanke, nach dem Tod etwas zu hinterlassen, ein tröstlicher sein könnte? Volker Bitzer schüttelt den Kopf: „Auch Eltern können sich nicht darauf verlassen, dass sich ihre Kinder später um sie kümmern.“ Und dann lächelt er und sagt: „Es ist doch auch gar nicht so, dass wir nichts hinterlassen. Christiane und ich hinterlassen Bilder und Bücher. Und ich finde, das ist ganz schön viel.“