Hamburg. Mykoplasmen können zu Lungenentzündungen führen, die jedoch schwer zu diagnostizieren sind. Obendrein gibt es Lieferengpässe beim Medikament.
Die Erkältungssaison in Hamburg hat begonnen. Kinderärztinnen und -ärzte sehen „schon jetzt ein relativ hohes Niveau von Atemwegsinfekten“, sagt Claudia Haupt, Vorsitzende des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Hamburg. Jeden Tag würden in ihren Praxen mehr Kinder mit Erkältungskrankheiten vorstellt, etwa mit Corona, Influenza, Rhinoviren oder auch dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV).
Hinzu kommt aber ein weiteres Krankheitsphänomen, über das das Abendblatt bereits im Frühjahr berichtet hatte: Mykoplasmen, die eine atypische Lungenentzündung bei Kindern verursachen können. Und bei den Antibiotika, die dagegen helfen, gibt es in Hamburg mittlerweile Lieferengpässe.
Kinderärzte klagen über Lieferengpässe bei Antibiotika in Hamburg
Kinderärztin Haupt hatte im Februar von einer „nie dagewesenen Häufung von Mykoplasmen“ gesprochen. Die Lage jetzt sei unverändert im Vergleich zum Frühjahr, sagt Charlotte Schulz, Sprecherin des Berufsverbandes auf Abendblatt-Anfrage. „Das ganze Jahr über eine ungewöhnliche Häufung von Mykoplasmen-Infektionen.“
Dabei tritt nun aber ein neues Problem auf: „Vermutlich aufgrund der gestiegenen Nachfrage kommt es aber inzwischen sehr häufig zu Lieferengpässen der speziellen Antibiotika (Makrolide), die man bei einer Mykoplasmen-Infektion einsetzt“, sagt Kinderärztin Schulz. Eltern müssten oftmals verschiedene Apotheken abtelefonieren, bevor sie das entsprechende Medikament oder einen passenden Ersatz finden. „Bisher haben wir es aber immer hinbekommen, dass die Eltern das Antibiotikum für ihre Kinder bekommen haben“, sagt Charlotte Schulz. Zuerst hatte der NDR über die Lieferengpässe berichtet.
Mykoplasmen bei Kindern: Lungenentzündung schwer zu diagnostizieren
Mykoplasmen sind Erreger, die biologisch zwischen Bakterien und Viren rangieren. Sie können eine atypische Lungenentzündung verursachen, wenn sie die unteren Atemwege erreichen. Das Problem: Es handelt sich um eine sich über viele Tage anschleichende Lungenentzündung, die schwer und erst spät zu diagnostizieren ist. Zunächst sind die Bronchien betroffen, was oft mit Bronchialverengungen einhergeht, dann legen sich die Erreger allmählich auf die Lunge. Beim Abhorchen stellen die Kinderärztinnen und -ärzte zunächst nur fest, dass das Atmen etwas unsauber oder abgeschwächt ist. Erst ab ungefähr dem sechsten Tag hören sie, dass in den Lungenbläschen Flüssigkeit ist.
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Die Symptome dieser Infektion gleichen zunächst denen einer normalen Erkältungskrankheit. Eine Mykoplasmen-Erkrankung ist oft von Fieber begleitet. In diesem Jahr stellten die Kinderärztinnen Fälle mit ungewöhnlich hohem Fieber fest. Der Erreger ist ansteckend. Daher kann sich die Krankheit besonders gut in Gruppen auf engem Raum verbreiten wie in Schule, Kita oder in der Familie. Vermutlich ist die Häufung von Mykoplasmen bei Kindern noch immer ein Nachholeffekt aus der Corona-Zeit, als Kinder durch den Schutz vor Coronaviren auch andere Erreger seltener bekamen.