Hamburg. Projekt von Hamburg Wasser im Hafen wird mal eben um 50 Prozent teurer. Steuerzahlerbund und CDU empört: Wasserkunden dürften mitbezahlen.

  • Umweltbehörde bestätigt: Kosten für Klärschlammverwertungsanlage steigen von 200 auf fast 300 Millionen Euro.
  • Kunden von Hamburg Wasser dürften für Mehrkosten mit aufkommen müssen.
  • Für die CDU handelt es sich um einen „millionenschweren Managementfehler“.

Es ist eines der größten Projekte von Hamburg Wasser und nun wird es deutlich teurer als bisher geplant: Die Erweiterung der Klärschlammverwertungsanlage VERA im Hafen kostet voraussichtlich statt der veranschlagten 200 nun fast 300 Millionen Euro. Das hat die zuständige Umweltbehörde dem Abendblatt auf Anfrage bestätigt.

Hintergrund: VERA steht für „Verwertungsanlage für Rückstände aus der Abwasserbehandlung“. Bei der Abwasserreinigung bleibt am Ende Klärschlamm zurück. Dieser wird getrocknet und verbrannt, bisher aber teilweise auch als Dünger verwendet. Weil die Nutzung als Dünger künftig nicht mehr erlaubt ist, werden nun größere Kapazitäten für die Verbrennung benötigt.

Daher wird die bereits bestehende Verwertungsanlage im Hafen mit ihren drei sogenannten „Verbrennungslinien“ um eine vierte Linie erweitert, die VERA II. Zudem werden bestehende Anlagen saniert. Hamburg Wasser hat sich dafür mit dem Abwasserzweckverband Südholstein und den Entsorgungsbetrieben Lübeck zusammengetan.

Hafen Hamburg: Kosten für die neue Anlage steigen extrem

Der Hamburger Bund der Steuerzahler hat sich nun kürzlich bei Hamburg Wasser und der Umweltbehörde nach dem Stand des Projektes erkundigt. Antwort: Statt 200 Millionen soll das Projekt VERA II nun mindestens 297,2 Millionen Euro kosten. Diese Zahl hat die Umweltbehörde jetzt auch dem Abendblatt bestätigt. Es handle sich um die aktuelle „Hochrechnung“.

Auch den Zeitplan, nach dem VERA II bereits 2025 in Betrieb gehen sollte, könne man nicht einhalten. „Der Fertigstellungstermin der neuen vierten Linie verschiebt sich nach aktuellem Stand in das Jahr 2027“, sagte die Sprecherin von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne), Franziska Fleischhauer. „In Folge muss auch die Sanierungsplanung angepasst werden. Der Abschluss der Sanierung ist entsprechend für 2030 geplant.“

Bauen Hamburg: Ukrainekrieg und Corona als Ursachen für Anstieg der Kosten

Auf die Frage nach den Gründen für die um fast 50 Prozent gestiegenen Kosten und die deutlich längere Bauzeit heißt es aus der Umweltbehörde: „Hauptursächlich für die gestiegenen Projektgesamtkosten sind die durch die Corona- und Ukrainekrise angestiegenen Marktpreise im Anlagenbau, signifikante Anstiege der Kupfer- und Stahlpreise sowie Planungsverzögerungen beauftragter Dienstleister und Baufirmen.“

Auf die Frage, wer die hohen Mehrkosten nun bezahlen muss, antwortete die Behörde: „Die Refinanzierung der erhöhten Investitionskosten erfolgt im Rahmen der jährlichen Kalkulation der Schmutzwassergebühren, in die der erhöhte jährliche Abschreibungsbedarf einfließen wird.“ Mithin: Da alle Kunden von Hamburg Wasser auch Schmutzwassergebühren zahlen, werden auf diesem Wege also wohl auch alle für die Mehrkosten mit aufkommen müssen.

Steuerzahlerbund Hamburg: Alle Unterlagen müssen vorgelegt werden

Dem Chef des Hamburger Steuerzahlerbundes Sascha Mummenhoff reicht dabei auch die Erklärung für den Kostenanstieg nicht aus. „Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage lässt sich nur schwer prüfen“, sagt er. „Fakt ist jedoch, dass Pandemie und Ukrainekrieg schon viel zu häufig als Ausrede herhalten mussten.“ Aus diesem Grund fordere der Bund der Steuerzahler Hamburg die Offenlegung aller Unterlagen, die die Verzögerung sowie die gewaltige Preissteigerung erklären.

Auch der Eimsbütteler CDU-Bundestagskandidat und Finanzexperte der Hamburger CDU, Roland Heintze, findet die Begründung aus der Umweltbehörde nicht ausreichend. „Einmal mehr müssen Corona und gestiegene Materialkosten für Managementversagen herhalten“, sagte er dem Abendblatt. „Ansonsten ist nicht zu erklären, warum die exorbitante Preissteigerung in den letzten Jahren offensichtlich aktiv vertuscht wurde. Ohne den Bund der Steuerzahler hätte der Senat vermutlich sogar noch die Wahlen 2025 abgewartet, bevor er der Öffentlichkeit reinen Wein eingeschenkt hätte.“

Das Ganze sei ein „millionenschweren Managementfehler“, den „alle Hamburger über die Wasserrechnung bezahlen“ müssten und damit auch „ein klarer Fall für den Ausschuss für öffentliche Unternehmen, nicht nur in Hamburg“.

Hamburg Wasser: Aufsichtsratsvorsitzender betont Bedeutung des Vorhabens

Umweltstaatsrat Anselm Sprandel, der seit seiner Ernennung zum Staatsrat Anfang September 2024 dem Aufsichtsrat von Hamburg Wasser vorsteht, betonte trotz aller Probleme die große Bedeutung von VERA II. „Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Abfallwirtschaft“, sagte er dem Abendblatt.

„Dass die Baukosten gestiegen sind, liegt an Faktoren, die aktuell alle großen Bauprojekte betreffen, wie angestiegene Marktpreise im Anlagenbau, signifikante Anstiege der Kupfer- und Stahlpreise durch die Corona-Krise und den Krieg in der Ukraine. Trotzdem handelt es sich nach wie vor um ein für Hamburg bedeutendes Projekt.“

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Durch die von Hamburg Wasser gemeinsam mit dem Abwasserverband Südholstein und den Entsorgungsbetrieben Lübeck geplante Erweiterung entstehe „die größte Klärschlammverbrennungsanlage Deutschlands, in der jährlich über 97.000 Tonnen Trockenmasse sicher entsorgt werden können“, so der Staatsrat.

„Neben dem Hauptziel, Entsorgungssicherheit für die Städte Hamburg und Lübeck sowie die Gemeinden des Abwasserverbands Südholstein, ist die Anlage auch die Voraussetzung für die umweltfreundliche Rückgewinnung von Phosphor aus der Asche, was ein wichtiger Schritt in Richtung Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft bedeutet.“