Hamburg. „Schlagen Sie die Statistik“: Mediziner berichten in Hamburg über den Kampf gegen Krebs. Mut machen die Erfahrungen von Elena Semechin.
Die Diagnose Hirntumor ist absolut erschlagend – und sie kann jeden treffen. Wer selbst erkrankt ist oder betroffene Angehörige hat, fühlt sich oftmals überfordert. Was bedeutet die Diagnose? Welche Therapieform eignet sich am besten? Welche Risiken birgt eine OP? Und wird mein Leben jemals wieder wie zuvor?
So schwerwiegend diese Fragen sind, die Krebserkrankten sind nicht allein: Tausende andere Betroffene sowie hoch spezialisierte Mediziner stehen ihnen zur Seite. Besonders eindrucksvoll zeigt sich dieser Zusammenhalt innerhalb der Community am Montagabend in Tim Mälzers Bullerei, wo die digitale Selbsthilfegruppe yeswecan!cer zum Hallo Doc! Krebsforum eingeladen hat.
Hier sprechen medizinische Experten mit Patienten, Angehörigen und Interessierten über bewährte und zukünftige Diagnose- und Therapiemöglichkeiten, Out-of-the-box-Strategien und Hilfsangebote. Neben den Ärzten sind zwei prominente Patientinnen auf dem Podium, die als Mutmacherinnen von ihrem überwundenen Krebsleiden berichten.
„Schlagen Sie die Statistik“ – mit der Diagnose Hirntumor umgehen
Wer Elena Semechins Geschichte hört, der mag sie kaum glauben, so märchenhaft klingt sie. Semechin, paralympische Schwimmerin, erhielt die Diagnose „Diffuses Astrozytom” – ein bösartiger, unheilbarer Hirntumor – im Jahr 2021, direkt im Anschluss an die Olympischen Spiele in Tokio. Die starken Kopfschmerzen, wegen derer sich die sehbehinderte Sportlerin untersuchen ließ, hatte sie schon zuvor. Während der Spiele blendete die junge Frau sie aber schlichtweg aus. Der Sport hatte oberste Priorität, sagt sie.
Und so sollte es bleiben. Auch nach der Diagnose hat Semechin es nicht eingesehen, sportlich deutlich kürzerzutreten. Zwei Tage vor der Hirn-Operation heiratete sie noch fix ihren Mann, eine Woche nach dem Eingriff nahm sie bereits das Schwimmtraining wieder auf. Bestrahlung, Chemotherapie, Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft – das muss sich nicht ausschließen, findet Semechin.
Elena Semechin bekommt Krebsdiagnose und gewinnt dann Goldmedaille in Paris
Sie habe dem Krebs einfach keinen Platz in ihrem Leben gewährt: „Ich wusste, dass der Sport für mich die höchste Prio ist, und ich wollte mir das nicht wegnehmen lassen, von niemandem und erst recht nicht von so einer Diagnose“, sagt sie. Eine komplette operative Entfernung des Tumors war bei Semechin nicht möglich, und das Risiko eines Rückfalls ist ihr ständiger Begleiter.
Selbstverständlich seien die vergangenen drei Jahre ein beständiger Kampf gewesen, gibt die Sportlerin zu. Aber ein lohnender: Bei den Paralympischen Spielen im Sommer in Paris holte Semechin für Deutschland die Goldmedaille über 100 Meter Brust. „Ich bin der Beweis dafür, dass alles möglich ist, wenn man an sich glaubt“, so die Mutmacherin.
Hirntumor-Experte: „Ich habe sehr viele starke Patienten erleben dürfen“
Dass Krebserkrankte unglaubliche Kräfte entfesseln können, bestätigen auch die Mediziner, die bei der Veranstaltung auf dem Podium sitzen. „Ich habe sehr viele starke Patienten erleben dürfen“, sagt etwa Prof. Dr. Martin Glas, Leiter der Klinischen Neuroonkologie an der Universitätsklinik Essen und Hirntumor-Experte.
Dabei gebe es nicht die eine zielführende Strategie, gegen den Krebs zu kämpfen, – genauso wie es nicht die eine Therapie gebe, die bei allen Patienten wirksam anschlage. Das Credo des Mediziners lautet deshalb: „Überraschen Sie mich. Und schlagen Sie die Statistik!“ Das sei schon so vielen Erkrankten gelungen.
Realitystar und Influencerin Kim Gloss (u. a. „DSDS“ und Dschungelcamp) hat sich ebenfalls entschieden, ihr überwundenes Leiden öffentlich zu machen und ihre Erfahrungen mit der Diagnose Hirntumor zu nutzen, um Menschen über die Krankheit zu informieren und Betroffenen Mut zu machen.
Hamburger Influencerin: Kim Gloss mit Hirntumor-Diagnose
In Gloss‘ Fall handelte es sich um eine Zufallsdiagnose: Weil ihr beim Fitnesstraining eine Hantel ins Gesicht fiel, kam die Sängerin ins MRT. Was die Ärzte auf den Bildern sahen, waren keine Verletzungen durch den Unfall, sondern ein sogenanntes Meningeom.
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Für Gloss schon damals kein unbekannter Begriff, denn ihre eigene Mutter leidet unter einem solchen zwar gutartigen, aber mittlerweile inoperablen Tumor im Kopf, der lange als Migräne abgetan wurde. Reality-Star Kim Gloss pochte daher auf eine schnelle OP. Und die geht mit Happy End aus: Stand heute ist die Hamburgerin geheilt und der Tumor vollständig entfernt worden.
Weitere „Hallo Doc!“-Krebsforen, bei denen Betroffene und Interessierte auf Mutmacher treffen und mit Medizinern ins Gespräch kommen können, finden am 11. November in Berlin zum Thema Prostatakrebs sowie am 17. November in Köln zum Thema Lungenkrebs statt und sind live im Stream unter www.yescon.org abrufbar. Yeswecan!cer ist Teil der Funke Mediengruppe.