Berlin. Deutschland soll seine Verteidigung ausbauen. Mit Blick auf Russland sieht die FDP-Politikerin dazu Potenzial in den Bundeswehr-Reservisten. Doch diese müssten erst einmal registriert werden.
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert angesichts der Bedrohung durch Russland die Aktivierung von 900.000 Reservisten in Deutschland. „Putin trimmt sein Volk auf Krieg und bringt es in Stellung gegen den Westen. Daher müssen wir so schnell wie möglich verteidigungsfähig werden“, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Russland produziert nur noch Waffen. Es werden Schulbücher gedruckt, die Deutschland als Aggressor darstellen. Grundschulkinder werden an der Waffe ausgebildet. Das alles ist beängstigend“, sagte Strack-Zimmermann.
Sie rief dazu auf, „die ungefähr 900.000 Reservisten zu aktivieren, die wir in Deutschland haben“. Diese müssten zunächst registriert werden. Die Bundeswehr habe Soldaten und Soldatinnen, die aus dem aktiven Dienst ausgeschieden seien, über Jahrzehnte nicht mehr erfasst. „Wenn wir nur die Hälfte davon mit ihrer entsprechenden Expertise als Reservisten gewinnen könnten, wäre das ein unglaubliches Pfund“, sagte sie.
Sensburg: „Uns läuft die Zeit davon“
Der Vorsitzende des Reservisten-Verbands, Patrick Sensburg, hatte bereits vor einigen Wochen vorgeschlagen, alle ehemaligen Bundeswehrangehörigen systematisch mit Blick auf Gesundheitsstatus und Verfügbarkeit zu erfassen, um sie im Heimatschutz und der Landes- und Bündnisverteidigung einzuplanen und schrittweise auch wieder üben zu lassen.
Sensburg begrüßte den Vorstoß von Strack-Zimmermann. „Das ist klug, denn uns läuft die Zeit davon, wenn wir Krieg verhindern wollen“, sagte der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete der „Rheinischen Post“. Sein Verband arbeite an Vorschlägen, wie man die Bundeswehr bei der Reaktivierung und bei der Überprüfung des Gesundheitszustands durch approbierte Ärzte, die auch Reservisten seien, unterstützen könne.
Kritik von SPD und Grünen
Kritik kam dagegen von der SPD. Deren verteidigungspolitischer Sprecher Wolfgang Hellmich sagte dem „Tagesspiegel“, dass die Zahl von 900.000 Reservisten jeder Grundlage entbehre und in die Irre führe. „Wir sollten unsere Kraft darauf fokussieren, die aktive Reserve weiter auszubauen und neue Kräfte zu gewinnen und auszubilden - so wie es auch Boris Pistorius zur Stärkung der Landes- und Bündnisverteidigung vorschlägt.“ Die Grünen-Spitzenkandidatin bei der Europawahl, Terry Reintke, sagte ebenfalls der Zeitung: „Die Reserve ist ein wichtiges Element unserer Sicherheit für ernste Zeiten. Unter ernste Zeiten fällt nicht der Wahlkampf von Frau Strack-Zimmermann.“
Reservisten sind alle ehemaligen Wehrdienstleistenden und länger verpflichteten Soldaten der Bundeswehr. Dazu zählen aber nicht ehemalige Soldaten der DDR-Volksarmee, die nach deren Ende nie in der Bundeswehr gedient haben.