Hamburg. Anmelder erwartet am Sonnabendmittag bis zu 5000 Teilnehmer. Mehrere Hundertschaften in der Innenstadt im Einsatz. Verbot gefordert.

Unter dem Tenor „Stop the Genocide“ wollen am Sonnabend, also am 5. Oktober, pro-palästinensische Demonstranten und Hamas-Unterstützer durch Hamburg ziehen. Angemeldet wurde der Aufzug von einer Privatperson, die nach Abendblatt-Informationen aus dem Umfeld des Palästina-Camps an der Moorweide stammt. Das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft hat eine Gegendemonstration angemeldet, die zeitgleich stattfinden soll.

Laut Anmelder der Pro-Palästina-Demo soll bereits am Morgen im Bereich Steindamm in St. Georg mit den Vorbereitungen begonnen werden. Um 12 Uhr soll hier dann eine Kundgebung stattfinden. Anschließend soll der Aufzug über die Mönckebergstraße zum Gänsemarkt, weiter über die Lombardsbrücke, Lange Reihe und schließlich wieder zum Steindamm ziehen.

Demo in Hamburg: Mehrere Hundertschaften der Polizei im Einsatz

Über die sozialen Medien werden derzeit Teilnehmer für die Demo mobilisiert. Während der Anmelder nach eigener Einschätzung mit rund 5000 Teilnehmenden rechnet, geht die Polizei nur von bis zu 1500 Demonstranten aus. Allerdings kam diese Einschätzung, bevor sich der Konflikt im Nahen Osten weiter verschärfte.

Die Gegendemonstration soll in Sichtweite, allerdings als stationäre Kundgebung am Gerhart-Hauptmann-Platz von 12 Uhr bis 14 Uhr stattfinden. Hier rechnet der Anmelder mit 50 Teilnehmenden.

Verbote Parolen und Symbole bei Demo? Islamwissenschaftler berät Polizei

Trotz der weiter angespannten Lage im Nahen Osten wird die Anti-Israel-Demonstration am Sonnabend wie geplant durch die Innenstadt laufen können, erfuhr das Abendblatt am Freitagnachmittag. Rechtlich sieht die bei der Polizei angegliederte Versammlungsbehörde keine Chance auf ein Verbot oder eine Änderung der Route. Klar ist: Die Organisatoren müssen strikte Auflagen befolgen, die Polizei will niedrigschwellig einschreiten.

Während der Demonstration werden Experten der Staatsschutzabteilung bei der Polizei sowie auch Islamwissenschaftler die Einsatzleitung mit Blick auf mögliche verbotene Parolen oder Symbole beraten. Bei Verstößen, so hieß es aus der Polizei, werde man „konsequent“ einschreiten. Der Aufzug wird von mehreren Hundertschaften der Bereitschaftspolizei begleitet werden. Die Einsatzführung bleibt beim Polizeirevier St. Georg.

Protest-Route führt an Israel-Mahnwache an der Mö in Hamburg vorbei

Auch an der regelmäßig vor Saturn stattfindenden Israel-Mahnwache auf der Mönckebergstraße soll der pro-palästinensische Aufzug vorbeiführen. Für Sonnabendmittag 13 Uhr und Sonntagmorgen 6 Uhr werden hier 20 Teilnehmende erwartet.

Sicher ist bereits, dass es für die Hamburger Polizei ein „Abteilungseinsatz“ wird. Also ein Einsatz, bei dem die gesamte Bereitschaftspolizei involviert sein wird.

Kampagne Siebteroktober.de zeigt sich schockiert über Demo-Pläne in Hamburg

Sonja Lahnstein-Kandel, Vorsitzende des deutschen Fördererkreises der Universität Haifa e.V. und Initiatorin der Kampagne Siebteroktober.de zeigte sich schockiert von den Aufmärschen. „Seit dem Holocaust hat es nicht einen solchen brutalen Mord an Juden gegeben wie am 7. Oktober. Nicht nur für Israel, sondern auch für uns jüdische Bürger in der Diaspora, auch in Deutschland, auch in Hamburg, war das ein traumatischer Einschnitt.“

Mehr zum Thema

Kritik übt sie an den Parteien: „Wir sind Teil von Hamburg! Die Politik wird nicht müde, das zu behaupten, aber ist das so?“ Statt breiter Empathie erführen die jüdischen Bürger einen explodierenden Antisemitismus. „Statt Solidarität auf breiter Front sehen wir zum Teil hasserfüllte Demonstrationen, die praktisch eine Auslöschung Israels und der Juden fordern, jüdische Studierende bedrängen, jüdische Restaurants beschmieren.“  

Gedenken an Hamas-Geiseln: Jüdische Bürger vermissen Geste der Stadt Hamburg

Anders als in München, wo eine Großdemonstration mit Ministerpräsident Markus Söder am 7. Oktober geplant ist, bleiben die Gedenkveranstaltungen in Hamburg überschaubar. „Es sind wieder wir jüdischen Bürger, die selber gedenken – mit einer Veranstaltung in der Gemeinde. Wo bleibt eine Initiative der Stadt? Wo der Senat?“, fragt die Ehefrau des früheren Bundesfinanzministers Manfred Lahnstein (SPD).

„In Hamburg zuckt man offenbar mit den Schultern, wenn eine Demo mit etlichen antisemitisch anmutenden Veranstaltungen angemeldet wird. Im Internet angekündigt als „celebration of the massacre on Jews“.“ In Hamburg verweise man hingegen auf die Nachhaltigkeitskonferenz im Rathaus, wegen der für eine Solidaritätsdemo weder Platz noch Zeit sei. „Niemand hält inne, keine Gedenkminuten. Ich bin sehr traurig und auch empört“, so Lahnstein-Kandel.

Deutsch-Israelische Gesellschaft fordert Verbot der Pro-Palästina-Demo

Scharfe Kritik daran, dass der rot-grüne Senat und die Bürgerschaft keine eigene Gedenkveranstaltung abhalten, kam am Freitag auch von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hamburg. Die Stadt Hamburg sehe „offenbar keine Notwendigkeit, eine öffentliche Gedenkveranstaltung zu den Massakern, die unsere Welt verändert haben, zu veranstalten – als einziges Bundesland“, kritisieren Daniel Killy und Moritz Golombek, die Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hamburg.

Stattdessen seien gleich zwei von antisemitischen Akteuren beworbene Aufläufe genehmigt worden – am Sonnabend und auch am 7. Oktober selbst. „Wir fordern den Innensenator auf, beide Demonstrationen, auf denen voraussichtlich das Ende des Zionismus und damit das Ende der Existenz Israels postuliert werden, zu verbieten. Judenhass und islamistische Hetze haben auf unseren Straßen nichts verloren.“

Immerhin: Ein Bündnis aus Parteien, Wirtschaft und Sport ruft am Sonntag zum Solidaritätsmarsch für die 101 Geiseln auf, die sich noch immer in der Gewalt de radikalislamischen Hamas befinden. Hier ist der Treffpunkt um 12 Uhr am Theodor-Heuss-Platz an der Moorweide.

Auch bei HSC in Hamburg sind Proteste rund um Nahostkonflikt nicht auszuschließen

Am Montag und Dienstag tagt die Hamburg Sustainability Conference (HSC) in der Hansestadt. Hier treffen Protagonisten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und verschiedenen Organisationen aufeinander.

Große Staatsmänner werden zwar nicht erwartet, trotzdem wird auch dann die gesamte Bereitschaftspolizei im Einsatz sein. Auch hier, so heißt es in Polizeikreisen, könnten die Entwicklungen im Nahen Osten eine Rolle spielen. Sollte es zu weiteren Protesten kommen, könnten Alarmhundertschaften, bestehend aus Beamten der Wachen, mobilisiert werden.